Vorsprung durch Buße
Seit 1971 wirbt Audi für Autos des Unternehmens mit den einprägsamen Spruch „Vorsprung durch Technik“. Der Slogan schaffte es sogar in die britische Hörfunkwerbung und wurde von Sprechern knarzig-germanisch als „Vorsprunk durg Tecknick“vorgetragen. Mit dem spurstabilen Lenkrollradius des Audi 80 fing alles an. Später sollten Innovationen wie vollverzinkte Karosserien, die breite Einführung von Benzinmotoren mit Abgasturboaufladung, die Entwicklung sparsamer direkt einspritzender Dieselaggregate oder Aluminiumkarosserien das Unternehmen in eine Klasse mit BMW und Daimler katapultieren.
Und wie steht es heute in Sachen „Vorsprung“? Technisch nach wie vor bestens, doch schlecht, wenn es um Glaubwürdigkeit und Moral geht. Die Verhaftung eines früheren leitenden Audi-Motoren-Entwicklers macht überdeutlich: Es ist höchste Zeit für Vorsprung durch Buße, auch auf Spitzenebene – und gerade für Unternehmenschef Rupert Stadler. Es muss endlich Schluss damit sein, im Volkswagen-Konzern, zu dem Audi gehört, den Diesel-Skandal als „DieselThematik“schön und damit klein zu reden. Es sind eben weit mehr als „Unannehmlichkeiten“, die Kunden zu erdulden haben, weil etwa eine neue Motorensoftware aufgespielt werden muss. Schließlich büßen die betroffenen Autos deutlich an Wert ein. Und das nicht etwa wegen „Auffälligkeiten“, wie es im Audi-Verniedlichungsjargon heißt, sondern als Folge von Manipulationen. Wegen „Auffälligkeiten“wird in Deutschland kein Motoren-Entwickler verhaftet.
VW und Audi brauchen eine große moralische Inspektion. Am Anfang steht die Buße, am Ende ein klarer Neuanfang – auch personell.