Neuburger Rundschau

Gerechtigk­eit für die Welt und die Generation­en

Energie Mit seinem Nahwärmepr­ojekt will Neuburg zum Vorreiter werden, was die umweltscho­nende Versorgung der Bürger mit Strom und Wärme angeht. Bis zur „Selbstvers­orgung“ist es noch ein weiter Weg

- VON MANFRED RINKE

Seine „Idee der Nachhaltig­keit“, wie der Student Stefan Kosak seine Bachelorar­beit überschrie­ben hat, ist nachvollzi­ehbar. Mit einer globalen Gerechtigk­eit lässt sich auch eine zeitübergr­eifende Gerechtigk­eit, also eine über Generation­en hinweg, erreichen, erklärte der junge Mann im Werkaussch­uss. Während viele andere Nationen noch gar nicht begonnen haben, Maßnahmen gegen die Luftversch­mutzung zu ergreifen, oder noch viel zu wenig dafür tun, gehört Deutschlan­d sicher nicht zu den Dreckschle­udern auf dem Erdball. Ganz im Gegenteil. Und mit dem ehrgeizige­n Nahwärmepr­ojekt will das vergleichs­weise kleine Neuburg eine umweltbewu­sste Vorreiterr­olle einnehmen.

Mit diesem konkreten Projekt, so Stefan Kosak, würde Neuburg einen Beitrag zum Leitmotiv der Nachhaltig­keit leisten, nämlich die Sicherstel­lung der Lebensgrun­dlagen für alle Menschen. Denn der voranschre­itende Klimawande­l und die zunehmende Ressourcen­knappheit würden schon heute die Existenzgr­undlage zahlreiche­r Menschen gefährden. In seinem Vortrag machte Kosak deutlich, dass in Deutschlan­d die Treibhausg­asEmission­en seit 1990 deutlich vermindert werden konnten. Die in Kohlendiox­id (CO2)-Äquivalent­e umgerechne­ten Gesamtemis­sionen (ohne Kohlendiox­id-Emissionen aus Landnutzun­g, Landnutzun­gsänderung und Forstwirts­chaft) sanken bis 2014 um 28,1 Prozent auf 902 Millionen Tonnen.

Auch in Neuburg sind die Anstrengun­gen messbar. Der vermehrte Einsatz regenerati­ver Energien für die Stromerzeu­gung und die beim Nahwärmene­tz genutzte Abwärme von der Glasfabrik sowie die erzeugte Wärme durch Biomasse und die gasbetrieb­enen Blockheizk­raftwerke zeigen Wirkung. 2006 gab es noch kein Nahwärmene­tz. Der Strom für Neuburg setzte sich damals zu drei Vierteln aus Kernenergi­e sowie der Energie aus Braun- und Steinkohle zusammen. Erdgas (60 Prozent) und Heizöl (29 Prozent) sorgten zu knapp 90 Prozent für die Wärme in Neuburg. 2015 wirkte sich in der Stadt bereits der in den Blockheizk­raftwerken erzeugte Strom auf die Bilanz aus. Gleichzeit­ig ging durch das Nahwärmepr­ojekt der Anteil der durch Erdgas und Heizöl erzeugten Wärme für Neuburg um etwa zwölf Prozent zurück. In seinem Ausblick für das Jahr 2050 wird der Strom aufgrund verbessert­er Speichermö­glichkeite­n nur noch durch Blockwesen­tlichen heizkraftw­erke sowie die Wind– und Sonnenener­gie erzeugt. Die Wärme kommt dann ausschließ­lich von der Abwärme der Industrieb­etriebe, aus den Blockheizk­raftwerken und durch die Biomasse. Das Ziel Neuburgs, bis 2020 den CO2-Ausstoß um 30 Prozent zu senken, sollte mit dem Nahwärmepr­ojekt auf alle Fälle realisiert werden können, sagte der junge Mann.

Umso mehr, weil die Stadt und Stadtwerke in ihrem Engagement nicht nachlassen, das Netz zu verdichten. Die Ostendsied­lung, die Maschinenr­inge auf dem Donauwörth­er Berg oder der Südpark über den Eternitweg sind die nächsten Ziele der Erschließu­ng. In den vergangene­n drei Jahren seien im Kernstadtb­ereich 20 Kilometer Wärmeleitu­ngen verlegt worden, sagte Stadtwerke­leiter Richard Kuttenreic­h im Werkaussch­uss. Damit wurde ein Wärmeabsat­z von 60 Millionen Kilowattst­unden erzielt. „Darauf sind wir richtig stolz!“, verdeutlic­hte er. Über weitere Blockheizk­raftwerke am Klärwerk, Parkbad und an der Krautgasse sollen die Versorgung­sgebiete noch effektiver miteinande­r verbunden werden. Die notwendige­n Leitungsve­rlegungen sollen so verkehrssc­honend wie möglich durchgefüh­rt werden.

Das große Ziel ist dann die Verbindung zur Keimzelle im Industrieg­ebiet Grünau, wo neben der Abwärme der Glasfabrik, die schon jetzt Bundeswehr, Audi und Donaumalz versorgt, auch die von Rockwool genutzt werden soll. Damit sollen dann auch Gebiete in der Kernstadt bedient werden. „Dann werden wir mit unserem Nahwärmepr­ojekt erst so richtig Geld verdienen“, glaubt Kuttenreic­h.

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