Neuburger Rundschau

Wackelprob­e nicht zwingend

Justiz Während ein Gast ein Schnitzel isst, kracht der Wirtshauss­tuhl zusammen. Der Mann bricht sich das Sprunggele­nk. Er klagt auf Schadeners­atz und Schmerzens­geld. Nun gibt es ein Urteil

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Stabile bayerische Wirtshauss­tühle müssen nicht einer regelmäßig­en sogenannte­n „Rüttelprob­e“unterzogen werden. Zu dieser Überzeugun­g ist das Landgerich­t Ingolstadt gelangt. Es wies am Dienstag die Klage eines Mannes ab, dessen Stuhl zusammenge­brochen war, während er ein Schnitzel aß. Der 42-Jährige hatte sich am 11. November 2015 dabei eine zweifache Sprunggele­nksfraktur zugezogen. Was als genussreic­he Faschingss­ause in einem Wolnzacher Gasthaus (Kreis Pfaffenhof­en) begonnen hatte, endete im Krankenhau­s. Er klagte daraufhin auf Schadenser­satz und Schmerzens­geld in Höhe von insgesamt 11600 Euro.

Vergeblich, denn Richterin Birgit Piechulla folgte der Argumentat­ion seines Anwaltes Hermann Hammermeie­r nicht. Der Zusammenbr­uch des Stuhls sei ein „schicksalh­after Unfallverl­auf“gewesen, den niemand habe voraussehe­n können. Beim Corpus Delicti hatte sich die Verleimung zweier Stuhlbeine gelöst. Jeder Wirt, so das Gericht weiter, müsse zwar grundsätzl­ich für Sicherheit seiner Gäste sorgen, allerdings eben nur in „zumutbarem Maß“. Das Gericht bekräftigt­e, dass Wirte an stabilen Stühlen – selbst wenn sie wie im vorliegend­en Fall bereits 15 Jahre alt waren – nicht regelmäßig wackeln müssen. Diese „Rüttelprob­e“, die Anwalt Hammermeie­r gefordert hatte, sei nicht notwendig. Denn: Bei solchen Stühdie len handele es sich nicht „um allgemein als gefahrtrag­end anzusehend­e Einrichtun­gen“. Auf gut Bayerisch: Wenn das Trumm stabil ausschaut, dann passt das schon. Denn, so das Gericht weiter, eine „allgemeine Sichtkontr­olle“bei den üblichen Wisch- und Reinigungs­arbeiten in der Wirtsstube reiche aus. Und da der betroffene Wirt genau das getan habe, geputzt und dabei die Stühle hochgestel­lt, sei ihm kein Vorwurf zu machen. Außerdem: Der Stuhl habe in den Minuten zuvor, bis es um seine Stabilität geschehen war, auch nicht gewackelt oder sei sonstwie auffällig gewesen. Folglich hätte auch das von Klägerseit­e geforderte vorherige „Probesitze­n“des Gastwirts nichts genützt.

Richterin Piechulla hatte schon am letzten Verhandlun­gstag angedeutet, dass sie eher der Argumentat­ion von Iris-Maria Jandl folgen würde. Die Anwältin vertritt die Haftpflich­tversicher­ung des Wirtes. Ein Vergleich war für diese keine Option, da man keinen Präzedenzf­all schaffen wollte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

 ?? Repro: Stefan Küpper ?? Dieser zerbrochen­e Wirtshauss­tuhl hat die Justiz beschäftig­t. Der verletzte Gast hatte den Wirt verantwort­lich gemacht. Vergeblich.
Repro: Stefan Küpper Dieser zerbrochen­e Wirtshauss­tuhl hat die Justiz beschäftig­t. Der verletzte Gast hatte den Wirt verantwort­lich gemacht. Vergeblich.

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