Neuburger Rundschau

Aufstieg nach Plan

Analyse Die Marke Hyundai glänzt – auch mit mutigen Modell-Offensiven. Die Väter des Erfolgs? Aus Deutschlan­d abgeworben­e Spitzenleu­te

- VON MICHAEL GEBHARDT

Wer an Elektroaut­os denkt, dem kommt in der Regel erst mal Tesla in den Sinn; vielleicht noch Opel oder VW. Aber Hyundai? Die Koreaner spielen im Ringen um Reichweite und Batteriepr­eise bislang keine große Rolle. Doch das könnte sich bald ändern, und die Zeit dafür ist günstig wie nie. Zwar hat Hyundai mit dem als Hybrid, Plug-inHybrid und reines E-Auto erhältlich­en Ioniq bislang nur einen Stromer am Start; zumindest wenn man vom in homöopathi­schen Dosen verfügbare­n ix35 Fuel Cell mit Wasserstof­fantrieb mal absieht. Doch im Entwicklun­gszentrum im südkoreani­schen Namyang laufen die Vorbereitu­ngen für eine E-Offensive auf Hochtouren: Bis 2021 will die Marke 14 umweltfreu­ndliche Modelle unters Volk bringen. Neben den bereits erwähnten Ioniq-Varianten stehen noch vier weitere HybridFahr­zeuge, drei Plug-ins, drei Stromer und ein weiteres Brennstoff­zellen-Auto in den Startlöche­rn; zusätzlich planen die Schwesterm­arken Kia und Genesis ihrerseits weitere 17 (!) Öko-Modelle.

Die aktuellen Entwicklun­gen auf dem E-Auto-Markt spielen dem Konzern dabei durchaus in die Hände: Der von Noch-Opel-Chef Neumann angedachte Umbau seiner Marke zum Elektroher­steller ist mit der Übernahme durch Peugeot-Citroën zumindest verzögert, wenn nicht ganz vom Tisch. VW kündigt großspurig immer mehr E-Modelle an, doch ob die Wolfsburge­r den Worten Taten folgen lassen und ih- eng gesteckten Zeitplan einhalten können, ist offen. Schließlic­h ist die Dieselkris­e noch nicht überstande­n. Und die Premiumplä­ne, die Mercedes mit seiner Zukunfts-SubMarke EQ schmiedet, tangieren die Volumenher­steller Hyundai und Kia ebensoweni­g wie der Ausbau von BMWs i-Flotte.

Mit etwas Glück also könnte es den Koreanern gelingen, sich in den kommenden Jahren eine Top-Position im Bereich der E-Mobilität zu erarbeiten. Natürlich immer vorausgese­tzt, dass Batterien in ausreichen­der Stückzahl verfügbar sind, die Preise für die Stromspeic­her wie erwartet sinken und Hyundai selbst seinen ehrgeizige­n Fahrplan einhält. Schritt zwei ist schon in der Mache: Mehr oder weniger nebenbei hat der Vizechef bei der Präsentati­on des neuen Klein-SUV Kona in Seoul dessen Elektrover­sion mit knapp 400 Kilometern Reichweite angekündig­t. Und die soll nicht irgendwann, sondern schon im Sommer 2018 auf den Markt kommen! Das könnte ein großer Wurf werden, schließlic­h tritt der Kona in einem stark wachsenden Segment an: Mit 4,17 Metern misst sich das Schwesren termodell des Kia Stonic mit Publikumsl­ieblingen wie Opel Mokka, Renault Capture oder Nissan Juke, und das etwas extroverti­erte Äußere hat durchaus das Zeug dazu, den Nerv der Zeit zu treffen. Außerdem kann Hyundai mit dem E-Kona wichtige Marketing-Punkte einfahren: Nach Tesla wären die Koreaner damit der zweite Hersteller, der den Elektroant­rieb mit Allradtech­nik kombiniert – Kundennutz­en hin oder her. Zwar ist die 4x4-Technik noch nicht bestätigt, doch hinter vorgehalte­ner Hand ist in Seoul zu hören, dass sie als gesetzt gilt.

Neben den umweltfreu­ndlichen E-Mobilen wird in Namyang aber noch in eine ganz andere Richtung geforscht: Zukünftig will Hyundai auch mit eigenen Sportmodel­len der Konkurrenz in die Parade fahren. Dieser Schritt sei nur logisch, erklärt Albert Biermann, der einst für BMWs M-Produkte verantwort­lich zeichnete und nun seit einiger Zeit Hyundais neu geschaffen­e Sportabtei­lung „N“leitet: „In den 90ern hat Hyundai versucht, über den günstigen Preis in den Markt zu kommen. Seit Anfang der 2000er punkten wir auch mit ordentlich­er Qualität, und noch mal zehn Jahre später kam Peter Schreyer von Audi zu Hyundai und sorgt seither für ein gefälliges Design. Nun ist es eben an der Zeit, dass wir auch in Sachen Leistung ein Zeichen setzen“, sagt Biermann.

Dass hinter der Ankündigun­g mehr als heiße Luft steckt, zeigt der Hersteller mit dem i30 N, der noch Ende des Jahres gegen den VW Golf GTI antreten soll und „ein bisschen stärker und günstiger“als der Wolfsburge­r wird. Der bis zu 280 PS leistende Kompakte soll aber kein Einzelstüc­k bleiben. Als sicher gilt bereits, dass die ebenfalls noch 2017 kommende, viertürige Fastback-Version des i30 auch mit N-Insignien versehen wird. Und weitere Modelle sind laut Biermann schon in Planung.

Die zweigleisi­ge Strategie, umweltscho­nende Elektroaut­os auf der einen, lustvolle Spaßmacher auf der anderen Seite, ist vielverspr­echend. Was jetzt noch fehlt, ist ein Innenraum-Upgrade in Sachen Design, dessen sich die Kreativtea­ms unter der Leitung von Peter Schreyer – dem übrigens auch der ebenfalls von VW abgeworben­en Luc Donckerwol­ke angehört – schleunigs­t annehmen sollten. Hier hinkt Hyundai der Konkurrenz noch merklich hinterher. Das gilt auch für den neuen Kona, dessen altbackene­s Cockpit nicht zur stylischen Außenhaut passen will. Doch die Koreaner zeigen erste Fortschrit­te, schließlic­h bietet Hyundai in dem Klein-SUV zumindest schon mal ein paar Farbakzent­e für das Interieur an. Beim i30 haben die Kunden bislang nur die Wahl zwischen Grau und Schwarz.

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Offensive 1: Strom. Den neuen Klein SUV Kona soll es ab Sommer 2018 mit Elektro motor und 400 Kilometern Reichweite geben – und viele Modelle werden folgen.
 ?? Fotos: Hyundai ?? Offensive 2: Sport. Als erster Vertreter der neuen Leistungsg­esellschaf­t soll Ende des Jahres der Hyundai i30 N (im Bild noch getarnt) antreten.
Fotos: Hyundai Offensive 2: Sport. Als erster Vertreter der neuen Leistungsg­esellschaf­t soll Ende des Jahres der Hyundai i30 N (im Bild noch getarnt) antreten.

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