Mehr Geld für Alleinerziehende
Soziales Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss wird ausgeweitet. Das Jugendamt rechnet mindestens mit einer Verdoppelung der Fallzahlen im Landkreis. Was das bedeutet
Eine junge Frau bekommt ein Kind. Ihr Exfreund weigert sich allerdings, die Vaterschaft anzuerkennen, solange sie nicht durch einen Test bewiesen ist. Folglich zahlt er auch keinen Cent Unterhalt. Die alleinerziehende Mutter ist verzweifelt. Sie verdient schlecht oder ist sogar arbeitslos. Sie ist also auf die Unterhaltszahlung des Vaters angewiesen. Außerdem ist dieser gesetzlich dazu verpflichtet. Was tun? Die junge Frau geht ins Jugendamt und beantragt einen Unterhaltsvorschuss. Dies sei der klassische Fall, wie sie ihn täglich erlebten, schildert Beate Herrmann, die sich bereits seit 2004 am Jugendamt Neuburg-Schrobenhausen mit dem Unterhaltsvorschussgesetz auseinandersetzt. Ab Juli gibt es in diesem Bereich zwei erhebliche Änderungen.
Einen Unterhaltsvorschuss erhalten alle Alleinerziehenden, die keinen oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil erhalten, erklärt Johann Kreutzer, Verwaltungsleiter im Jugendamt. Bisher hätten diesen Vorschuss aber nur Kinder bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs bekommen, fährt Sachbearbeiterin Bianca Kleber fort. Außerdem sei die Zahlung auf 72 Monate begrenzt gewesen. Nun hat der Bundestag ein Gesetz beschlossen, dass – sobald es vom Bundespräsidenten unterschrieben ist – rückwirkend zum 1. Juli auch Alleinerziehenden mit Kindern im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren einen Unterhaltsvorschuss gewährt. Die bisherige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten wird für alle Kinder aufgehoben.
Laut Kreutzer erhalten im Landkreis 250 Kinder (Stand Juni) einen Unterhaltsvorschuss. „Durch das neue Gesetz rechnen wir mit einer Verdoppelung, wenn nicht sogar mit einer Verdreifachung der Fälle“, sagt Kreutzer. Allein in den ersten vier Tagen im Juli seien bereits 36 Anträge abgegeben und zusätzlich 124 Anträge gestellt worden. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 waren es insgesamt nur 89 neue Fälle, also pro Woche zwei bis drei. Aber auch schon im ersten Halbjahr 2017 – noch vor der aktuellen Gesetzesänderung – sind die Vorschusszahlungen gestiegen: 2016 wurden im Landkreis rund 400000 Euro ausbezahlt, in den ersten sechs Monaten 2017 waren es bereits 250 000 Euro.
Um der Antragsflut Herr zu werden, hat das Landratsamt eine neue Vollzeitkraft eingestellt: Kathrin Kreitmeier. Kreutzer: „Ob die Antragssteller trotzdem mit längeren Bearbeitungszeiten rechnen müssen, ist noch nicht absehbar. Das hängt davon ab, wie viele Anträge tatsächlich eingehen.“Kleber weist darauf hin: Nur wer seinen Antrag noch im Juli stelle, bekomme auch wirklich ab Juli rückwirkend (nicht sofort) seinen Vorschuss. Ansonsten gilt das Datum, an dem der Antrag eingegangen ist. Der Antrag kann persönlich im Amt oder per Post gestellt werden. Das Formular gibt es auch zum Download im Internet.
Ist der Unterhaltsvorschuss gewährt, geht der Anspruch des Kin- auf den Freistaat Bayern über. Damit dieser sein Geld irgendwann wieder bekommt, haben die Jugendämter verschiedene Möglichkeiten: Sie können die Unterhaltspflichtigen dazu anhalten, sich eine Arbeit oder einen Nebenjob zu suchen. Sie können die Alleinerziehenden zur Polizei schicken, um Anzeige zu erstatten – Unterhaltspflichtverletzung ist nämlich eine Straftat. Und sie können Pfändungen durchführen. 58 waren es laut Jugendamt im vergangenen Jahr. Dadurch flossen von den 400 000 Euro immerhin 125 000 zurück. Der Rest wird über Steuergelder finanziert. „Die Rückholquote war schon mal besser“, gibt Kreutzer zu. Woran das liegt? Hier spielen mehrere Aspekte eine Rolle, zum Beispiel die steigende Zuwanderung. Außerdem wird die wirtschaftliche Situation vieler Menschen schlechter – es gibt viele Geringverdiener –, während die Unterhaltsbeiträge regelmäßig steigen. „Wir haben durchaus einige, die Unterhalt zahlen wollen, es aber einfach nicht können“, erzählt Sachbearbeiterin Herrmann. Andererseits würde man schon auch merken, dass die Zahlungsmoral in der Gesellschaft schlechter werde, fügt Kreutzer hinzu.
Hinzu kommen diejenigen, die diese Sozialleistung einfach ausnutzen wollen, wie Kleber berichtet: Frauen, die nur behaupten, den Vater nicht zu kennen und auf diese Weise doppelt Unterhalt kassieren wollen, oder vermeintlich Alleinerziehende, die überhaupt nicht in Trennung leben. So hat eine Mitarbeiterin zufällig einmal ein angebdes
lich getrenntes Pärchen Händchen haltend in der Stadt gesehen. Manchmal bekommt das Jugendamt auch anonyme Hinweise. Solchen Fällen geht die Behörde dann nach und stellt die Vorschusszahlungen gegebenenfalls ein.
Das Wichtigste sei dabei jedoch immer – da sind sich alle Mitarbeiter der Abteilung einig –, dass der Unterhalt sichergestellt ist und die Kinder versorgt sind. O
Kontakt Das Jugendamt ist Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Für persönliche Vorsprachen wird eine te lefonische Terminvereinbarung drin gend empfohlen. Adresse: Rückgebäude, Platz der Deutschen Einheit 1, 86633 Neuburg. Telefon: 08431/57 327 (Herr mann), 370 (Kleber) und 179 (Kreit meier). Fax: 08431/57 99278.