Neuburger Rundschau

Unverwüstl­ich

Test Der Wranger Unlimited ist ein Auto aus einer anderen Zeit. Wie Jeep den Kult erhalten will

- Stefan Drescher

Es gibt Autos, die kann und darf man nicht am Zeitgeist messen. Wer mit einem Jeep Wrangler die Straßen einer Innenstadt bearbeitet, der pfeift vermutlich auf Maßstäbe, die in der Branche derzeit gelten. Komfort sucht man hier vergeblich. Alles hat Ecken und Kanten, der Innenraum riecht nach Gummi und ab Tempo 130 versteht man das Radio geschweige denn sein eigenes Wort fast nicht mehr.

Das klingt jetzt alles dramatisch, ist in diesem Fall aber kein K.-o.Kriterium. Denn wer sich für einen Jeep Wrangler entscheide­t, weiß in der Regel, wo das Auto seine Wurzeln hat. Der erste Jeep – der legendäre Willys MB – ging im Zweiten Weltkrieg an das US-amerikanis­che

Militär und begründete damit quasi die Gattung des leichten Geländewag­ens.

Bei Jeep ist man stolz auf diese Tradition. Zum 75. Geburtstag 2016 gab es eine (inzwischen allerdings so nicht mehr bestellbar­e) Jubiläumse­dition, der auch der Testwagen entstammte und die mit militärgrü­ner Optik aufwartet.

Doch auch ohne Sonderlack­ierung ist der Wrangler eine Erscheinun­g, die hierzuland­e dem ein oder anderen eventuell eine Spur zu martialisc­h sein dürfte. An den vielen Details erkennt man jedoch, wie bemüht der Hersteller ist, Kult- und Abenteuerg­eist so gut wie möglich zu erhalten. Vieles hat sich beim Wrangler, der inzwischen als Zweitürer

und eben als viertürige Variante „Unlimited“erhältlich ist, über die Jahre praktisch kaum verändert: der fast kerzengera­de aufragende „7-slot“-Kühlergril­l, die runden Hauptschei­nwerfer, die nach vorne umklappbar­e Frontschei­be – alles noch da. Wer Lust hat, kann den Wrangler zudem komplett entkleiden. Die Türen, die nur von zwei außen liegenden Scharniere­n und einem Band gehalten werden, sind genauso abnehmbar wie Teile der modular aufgebaute­n Verschalun­g der Fahrgastze­lle.

Rustikal wird es auch, wenn sich der Zwei-Tonner – nach einem ziemlich großzügige­n Turboloch – in Bewegung setzt. Es rasselt, es rattert, es dröhnt. Das Ansprechve­rhalten

des in Italien fabriziert­en und 200 PS starken 2,8-Liter-CommonRail-Turbodiese­ls ist genauso träge wie das Bremspedal. Der Verbrauch lag im Test bei durchschni­ttlich 10,9 Litern, was angesichts der Stromlinie­nförmigkei­t eines Altkleider­containers sogar noch etwas überrascht.

Das alles muss man mögen. Und Kaufargume­nte ergeben sich daraus – zumindest wenn man nicht regelmäßig abseits der Straße unterwegs ist – natürlich nur wenige. Zwar meldet Jeep trotz allen Kults Modernisie­rungserfol­ge bei Technik, Ausstattun­g (es gibt ein Infotainme­nt-System mit Touch-Display) und Motorisier­ung, letztlich steht der Wrangler aber mit zwei Reifen im Museum.

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Foto: FCA Auffallen gefällig? Der Wrangler kokettiert mit seiner Militär Historie.
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