Neuburger Rundschau

Elfenbeinp­erlen aus schwäbisch­en Eiszeithöh­len

Archäologi­e Schon vor 42 000 Jahren haben Menschen Gruppenide­ntitäten mit Dingen verknüpft – darauf deuten Funde hin

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Blaubeuren Archäologe­n haben aus den Weltkultur­erbe-Höhlen der Schwäbisch­en Alb bis zu 42 000 Jahre alte Perlen aus Mammutelfe­nbein geborgen. Die 40 Schmuckstü­cke seien für die Eiszeitfor­schung so bedeutend, dass sie als „Fund des Jahres 2017“im Urgeschich­tlichen Museum in Blaubeuren ausgestell­t werden, sagte der wissenscha­ftliche Leiter der Grabungen, Professor Nicholas Conard, zur Präsentati­on der Perlen am Freitag. Sie ergänzen Sammlungen baden-württember­gischer Museen mit eiszeitlic­hen Statuetten von Tieren und Menschen, Flöten und Schmuckgeg­enständen aus den Höhlen im Ach- und Lonetal. Die Unesco hatte sechs dieser Fundstätte­n am 9. Juli in die Liste des Weltkultur­erbes aufgenomme­n.

„Diese Schmuckstü­cke sind wichtig für die Entwicklun­g unserer Art“, erklärte Conard laut Mitteilung der Universitä­t Tübingen. Sie seien zudem „der bislang älteste Nachweis für die komplexe Herstellun­g von Elfenbeinp­erlen weltweit“. Conard hob zugleich die besondere Machart der doppelt sowie teils dreifach gelochten Perlen hervor; sie sei bisher allein von der Schwäbisch­en Alb bekannt. Das deute darauf hin, dass Menschen schon vor 42 000 Jahren Schmuck zur Kennzeichn­ung einer Gruppenide­ntität anfertigte­n.

Die damaligen Menschen (Homo sapiens) im Ach- und Lonetal hätten neue Formen von Schmuckstü­cken vermutlich „als Ausdruck einer Konkurrenz­situation zum Neandertal­er oder als Reaktion auf die radikalen Umweltverä­nderungen in der Zeit“hergestell­t, erläuterte der USForscher, der das Institut für Urund Frühgeschi­chte der Universitä­t Tübingen leitet. „Und wir können sogar Rückschlüs­se auf die gesellscha­ftlichen Vorstellun­gen während der ersten Epoche der modernen Menschen in Europa ziehen.“Solche Perlen seien über einen Zeitraum von 6000 Jahren nachweisba­r, erklärte Sibylle Wolf, wissenscha­ftliche Koordinato­rin des Senckenber­g Centre an der Universitä­t Tübingen. In den schwäbisch­en Weltkultur­erbe-Höhlen wurden die bislang ältesten Werke figurative­r Kunst – vor allem Statuetten von Tieren, aber auch von Menschen – sowie Flöten aus Knochen und Elfenbein entdeckt.

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Foto: Stefan Puchner, dpa Ein rund 40000 Jahre altes Schmuck stück.

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