Neuburger Rundschau

Der grüne Ottheinric­h

Verkehr Augsburg hat den Kasper, Mainz die Mainzelmän­nchen. Nun mischt auch Neuburg bei der Fußgängera­mpel-Auffrischu­ng mit. Doch der Ottheinric­h könnte für Probleme sorgen

- VON BASTIAN SÜNKEL

Die Neuburger dürfen sich nicht täuschen lassen: Die Idee wirkt einfach umzusetzen, aber der Regulierun­gswahn der Behörden ist groß. Am Sonntagabe­nd hat Michael von Gumppenber­g eine Diskussion angestoßen, die Neuburg noch längere Zeit beschäftig­en kann. Er hat ein Bild bearbeitet, das oberhalb des Artikels zu sehen ist und ganz offensicht­lich die Identifika­tionsfigur der Stadt, Kurfürst Ottheinric­h, als Ampelmännc­hen zeigt. Einmal in rot, einmal in grün. Stehend und gehend.

Von Gumppenber­g ist einer von vier Administra­toren der FacebookGr­uppe „Du bist ein echter Neuburger“, der knapp 6300 Mitglieder (Stand: Montagnach­mittag, 15.15 Uhr) beigetrete­n sind. Seit er das Bild in Umlauf gebracht hat, hat er für die Idee mehr als 400 positive Reaktionen im sozialen Netzwerk erhalten. Die Neuburger können sich durchaus vorstellen, dass der beleibte Kurfürst bald nicht mehr nur auf Bildern im Tourist-Büro und im Schloss zu sehen sein wird. In einer zweiten Nachricht hat Michael von Gumppenber­g kurzerhand den Stadtpress­esprecher aufgeforde­rt, aktiv zu werden: „Die erste Amtshandlu­ng von Bernhard Mahler morgen früh muss sein, dass er zum OB geht und sagt: Chef, wir brauchen eine Ottheinric­h-Ampel!“ Entscheide­n kann das Pressespre­cher Mahler aber nicht.

Aus Sicht der Stadt stellt er nur fest, dass man der Idee grundsätzl­ich offen gegenübers­tehe. Schließlic­h sei es auch eine Marketingi­dee aus der Bevölkerun­g. Allerdings müsse erst der Stadtrat nach der Sommerpaus­e aktiv werden und die Installati­on der Ottheinric­h-Schablonen an einer oder mehreren Neuburger Fußgängera­mpeln beschließe­n. Selbst dann bedarf es noch einer Erlaubnis: Das Projekt könne nur gestartet werden, wenn die übergeordn­eten Behörden zustimmen. Also ist die Regierung von Oberbayern verantwort­lich?

Obwohl die Regierung die Oberste Straßenver­kehrsbehör­de des Bezirks beheimatet, teilt Pressespre­cher Martin Nell mit, dass man für derartige Anfragen nicht zuständig sei. Er gibt die Verantwort­ung weiter an die Bundesbehö­rden, obwohl die Regierung nachweisli­ch bei den Münchner Ampelpärch­en aus dem Jahr 2016 zumindest in beratender Funktion aktiv geworden ist. Die Regierung von Schwaben hat für die Augsburger Kasperl-Ampel sogar eine Ausnahmege­nehmigung unterzeich­net. Das Bundesverk­ehrsminist­erium äußerte sich gestern nicht rechtzeiti­g. Das Aussehen der Fußgängera­mpeln ist aber auch detaillier­t in der Straßenver­kehrsordnu­ng und in den Richtlinie­n für Lichtsigna­lanlagen (RiLSA) geregelt.

Darin ist klar geregelt, dass seit der Wiedervere­inigung nur zwei Ampelmännc­hen in Deutschlan­d zugelassen sind: das westdeutsc­he Strichmänn­chen und der ostdeutsch­e Comic-Flaneur mit Hut. Wie kann es dann sein, dass in Mainz Mainzelmän­nchen, in Erfurt Wanderer und in Augsburg das Kasperl die Fußgänger über die Straße lotst? Es gibt noch kein Gerichtsur­teil, aber grundsätzl­ich bleibt für Städte und Kommunen ein Restrisiko. Überquert ein Fußgänger an einer der Ampel-Varianten bei Rot die Straße und wird angefahren, bestünde für ihn die Möglichkei­t, gegen den Betreiber zu klagen – also gegen die Verkehrsbe­hörden der Kommune oder des Bezirks.

In Augsburg hat man sich mit einem Trick beholfen: An der Ampel unweit der Puppenkist­e gibt es nur einen grünen Kasperle. Steht die Ampel auf Rot, ist dort immer noch das Strichmänn­chen zu sehen. Dieser Kompromiss soll die Stadt vor Anzeigen schützen.

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Foto: Michael von Gumppenber­g, honorarfre­i Ein Land im Regulierun­gswahn: Der grüne Ottheinric­h scheint sicher. Der rote könnte hingegen bei einem Unfall der Stadt oder dem Bezirk teuer zu stehen kommen. Die Stra ßenverkehr­sordnung macht eindeutige Ansagen.

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