Kugel mit vier Strichen
Nun ist also auch Neuburg auf den Zug jener Städte aufgesprungen, die ihre Fußgängerampeln nicht hip, zeitgemäß oder einfach nur langweilig finden. In Erfurt war man zu DDR-Zeiten ganz früh dran, sich für den Herren mit Hut Alternativen zu überlegen. Schließlich musste er sich sein Leben lang dem Vorwurf aussetzen, dass er gerade durch sein spezifisches Geschlecht – männlich! – sich von der Geschlechtsneutralität der Strichmännchen abhebt – und eine Ampelfrau hat die Nachkriegsordnung der Welt nicht vorgesehen. Dann sollten die Erfurter Männchen wenigsten lustig sein, dachte sich offensichtlich ein städtischer Angestellter und veränderte das Erscheinungsbild von 14 OstAmpelmännchen zum Wanderer, Schulkind und – endlich wenigstens eine Spur von Gleichberechtigung! – auch zur Frau mit Männerhut.
Es folgten Wien (homo- und heterosexuelle Ampelpärchen) und Mainz (Mainzelmännchen), München (Pärchen, Beispiel Wien) und Augsburg (Kasperl). Einst hat das Ampelmännchen in aller Nüchternheit die Fußgänger vor den Autos in Zeiten der Verkehrsregellosigkeit geschützt. Heute bedienen sie kulturelle und genderpolitische Statements. Folglich muss die Frage lauten: Lädt man den Ampelmännchen zu viel gesellschaftliche Verantwortung auf die eh schon schmalen Schultern?
Wahrscheinlich kommt es auch in Neuburg darauf an, wie es gemacht ist. Der Ideengeber Michael von Gumppenberg hat sich angeboten, weitere Variationen vom grünen und vom roten Ottheinrich zu entwerfen, wenn die Stadt mitspielt. Das muss er sicher auch. Denn ob die dünnen Linien, die Bart und Gewand des Kurfürsten stilisieren, an einer Ampel erhalten werden können, ist zweifelhaft. Nicht, dass der beleibte Ottheinrich am Ende ein Leben als Leuchtreklame fristen muss, das ihm so gar nicht schmecken würde: als rote und grüne Kugel mit vier Strichen. Und was ist eigentlich mit Pfalzgräfin Susanna?