Neuburger Rundschau

Weißer Hai trifft schwarzen Schwan

Sommerakad­emie I Die Dozenten der Klassik-Abteilung spielen Musik aus aller Welt. Am Ende müssen sie improvisie­ren

- VON RAPHAEL BECK

„Von fremden Ländern und Menschen“– so heißt ein bekanntes Klavierstü­ck von Robert Schumann. Dessen Titel hat das internatio­nale Dozentente­am um Alexander Suleiman dieses Jahr sehr passend zum Motto ihres Eröffnungs­konzerts gewählt. Auf dem Programm standen am Sonntagabe­nd Komponiste­n aus Kuba, Russland, Argentinie­n, Ungarn und anderen „fremden Ländern“.

Als Dozenten neu dabei sind Lars Hoefs am Cello und Misha Namirovsky am Klavier. Letzterer machte mit fünf Tänzen der kubanische­n Komponiste­n Ernesto Lecuona und Ignacio Cervantes den Anfang: mal leichtfüßi­g, mal dramatisch, aber immer fein rhythmisie­rt und differenzi­ert im Anschlag. Mit je zwei Preludes und Etüden von Rachmanino­w bewies er technische Raffinesse und noch mehr musikalisc­hes Gespür.

Danach blieb es zunächst lateinamer­ikanisch: Lars Hoefs, der bei der Sommerakad­emie ein Celloensem­ble anleiten wird, machte mit „Pampas“von Lalo Schifrin die sengende argentinis­che Sonne fürs oh- nehin schon erhitzte Publikum spürbar. Später benutzte er das Cello als Percussion-Instrument und klopfte den Rhythmus des Klaviers mit. Heiko Stralendor­ff begleitete immer transparen­t und ließ bei Heitor Villa-Lobos’ „Divagação“(zu deutsch: „Streifzug“) den Weißen Hai durchs Klavier schwimmen. Dazu gesellte sich gleich danach ein zweiter Wasserbewo­hner: „O canto do Cisne Negro“, der Gesang des Schwans entströmte Hoefs’ Cello. Stralendor­ff begleitete perlend und ließ die Wellen sich kräuseln.

Dann zeigte Marco Thomas solistisch an der Klarinette große Wendigkeit. Nach kurzem Kampf mit dem Notenständ­er spielte er unbegleite­t, mit schönem Ton und Temperamen­t eine Hommage auf den ungarische­n Komponiste­n Z. Kodaly – aus der Feder eines weiteren Ungarn, Bela Kovács. Die wechselhaf­ten „Stimmungen eines Fauns“von Ilse Fromm-Michaels erweckte er witzig zum Leben und erntete dafür Lacher und viel Beifall. Beeindruck­end war hier auch die Tonqualitä­t an den leisesten Stellen.

Mit Alexander Suleiman am Cello und Heiko Stralendor­ff am Klavier ging es nach Spanien: Manuel de Fallas sechssätzi­ge „Suite espagnole“klang in schneller Folge zauberschw­arzen haft, witzig und wieder hochdramat­isch.

Die Geigendoze­ntin Bin Huang vermittelt­e mit der Chaconne des Italieners Tomaso Antonio Vitali pure Emotion: Nach Tomoko Nishikawas einleitend­en Glockensch­lägen am Klavier begann sie mit dem anklagende­n Thema der Chaconne, das bei späteren Wiederholu­ngen noch an Intensität gewann. Unbegleite­t spielte Huang eine mehrstimmi­ge Etüde des Österreich­ers Heinrich Wilhelm Ernst, in der das irische Lied „The last rose of summer“verarbeite­t wird. Während sie mit der linken Hand die Melodie zupfte, spielte die Bogenhand Tonleitern auf und ab, die zusätzlich zur Melodie ja noch irgendwie mit links gegriffen werden müssen. Nicht wenigen im Publikum stand da vor Staunen der Mund offen.

Das Konzert beschlosse­n wie schon letztes Jahr Alexander Suleiman, Klavier-Improvisat­ions-Dozent Herbert Wiedemann und Percussion­ist Markus Heider mit einer gemeinsame­n Improvisat­ion. Wie der ganze Abend: rhythmisch akzentuier­t, mit beherztem Zugriff und gut aufeinande­r abgestimmt. Bravo!

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Fotos: Raphael Beck Markus Heider, Herbert Wiedemann und Alexander Suleiman (von links) improvisie­ren.
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Bin Huang (links) und Tomoko Nishikawa zeigten auf der Büh ne des Kongregati­onssaals ihr Können.
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Lars Hoefs (links) und Heiko Stralendor­ff ließen die argentini sche Sonne aufs Publikum scheinen.

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