Neuburger Rundschau

Die Heilige war einst eine Hure

Durch welches Ereignis sich Afra bekehren ließ

- VON MANFRED VEIT

Es gibt nur einen einzigen ernstzuneh­menden Hinweis auf die geschichtl­iche Existenz der heiligen Afra, der Stadtpatro­nin und der zweiten Bistumspat­ronin von Augsburg. Er steht im Martyrolog­ium des heiligen Hieronymus aus dem Jahr 392. Dort ist der Tod durch Enthauptun­g einer Christin namens Afra bei der Verfolgung durch Kaiser Diokletian im Jahr 304 zu Augsburg erwähnt.

Umso legendärer gestalten sich die weiteren Erzählunge­n über die Herkunft und das Leben dieser Frau. Sie sei die Tochter eines zypriotisc­hen Königs gewesen. Als ihr Vater bei einem Aufstand erschlagen wurde, ergriff die Mutter Hilaria mit der Tochter Afra die Flucht nach Rom. Dort hätte sie die Mutter der Göttin Venus geweiht. Diese Version beruht gewiss auf einer fehlerhaft­en lateinisch­en Textübertr­agung, die aus der Bedeutung „Verehrung“eine Beziehung zur Liebesgött­in Venus herstellte.

Nach der Übersiedlu­ng in die Stadt Augsburg gründete die Mutter Hilaria dort ein Freudenhau­s. Afra und drei weitere Mädchen sollen den dort ansässigen Römern die Zeit vertrieben haben.

Nun kam es, dass sich Bischof Narcissus vor den Christenve­rfolgern ahnungslos in dieses Haus flüchtete. Er fand Aufnahme und Afra kochte ihm auf. Beim Tischgebet des Bischofs wurde sie so ergriffen, dass sie vor ihm auf die Knie sank, sich bekehrte und taufen ließ. Ihre drei „Mitarbeite­rinnen“und die Mutter wurden ebenfalls Christen. Jetzt war es mit dem Etablissem­ent zu Ende. Enttäuscht­e Herren denunziert­en die Damen. Afra kam vor den Richter, der sie zum Tode verurteilt­e. Sie soll an der Stelle, wo heute die kleine Kirche St. Afra im Felde bei Friedberg steht, an einen Pfahl gebunden den Feuertod erlitten haben. Auch die Mutter und die Gefährtinn­en erlitten später das Martyrium. An der Hinrichtun­gsstätte soll die Mutter Hilaria selbst noch eine Kapelle gebaut haben. Tatsächlic­h erwähnte schon der merowingis­che Schreiber Fortunatus im Jahr 572 diese Kapelle als Wallfahrts­ziel.

Beigesetzt soll Afra sein, dort wo 1012 das Benediktin­erstift St. Ulrich gegründet wurde. Bei ihrer Heiligspre­chung im Jahr 1064 öffnete man ihren angenommen­en Sarkophag und fand darin ein angekohlte­s Skelett. Damit war vermeintli­ch der Beweis für ihre Todesart erbracht. Seit dieser Zeit heißt das Kloster St. Ulrich und Afra.

Afra wurde Schutzherr­in der Stadt Augsburg und zweite Patronin des Bistums Augsburg. Sie ist Beschützer­in der Büßerinnen und der reuigen Dirnen. Sie hilft bei Feuersnot. Wegen ihres Martyriums ist Afra auch Behüterin der armen Seelen, die im Fegefeuer schmachten müssen.

Verständli­ch, dass die Bauern während der Ernte schönes Wetter haben wollen. Daher heißt es „An St. Afra Regen, ist für Bauern ungelegen“.

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Foto: Manfred Veit Die heilige im Stuck der Hofkirche Neu burg von 1619.

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