Das Wunder in der Hofkirche
Heiligen Serie Markus von Aviano gilt als der Popstar unter den Predigern. Sein Auftritt in Neuburg ist „legendär“
Zu einer Zeit, als in Zentraleuropa der Dreißigjährige Krieg tobte, kämpften weiter südlich Venezianer und Türken um die Vorherrschaft im Mittelmeerraum. In diese erschütternde Zeit wurde 1631 in Aviano, einer kleinen Stadt in Friaul, Carlo Dominico Christofori geboren. Seine begüterte Familie konnte ihn zur Ausbildung ins renommierte Jesuitenkolleg nach Görz schicken. Nach vier Jahren brannte er dort durch, er wollte als „Kreuzfahrer“gegen die Türken ziehen. Mit wenig Geld kam er jedoch nicht weit.
In Koper im heutigen Istrien klopfte er bei den Kapuzinern an und bat um Brot. Die Mönche kümmerten sich um ihn und schickten ihn wieder nach Hause. Sie ermunterten ihn aber auch, selbst Kapuziner zu werden, denn als solcher könne er als Militärgeistlicher und in der Krankenpflege im Kampf gegen die Türken seinen Mann stehen. Das überzeugte den jungen Carlo: Er trat 1648 in den Orden ein. Als Ordensnamen wählte er Markus.
Über viele Jahre wirkte er eher im Stillen, auch als Oberer verschiedener Konvente. Als Markus jedoch mit 33 Jahren vom Papst die Zulassung als Prediger erhielt, konnte er seine wahre Begabung ausleben. Die Menschen liefen ihm in Massen zu. Heute würde er mit seinem Zustrom an Fans jedem Popstar Konkurrenz machen. Als er dann auch noch eine mehrfach bezeugte Spontanheilung bei einer Bettlägerigen erreichte, wurde sein Wort ab 1677 im ganzen westlichen Europa verbreitet.
Im deutschen Sprachraum trat er,
Namenspatrone
dem Ruf der Habsburgern folgend, erstmals 1680 auf, zuerst in Innsbruck, dann vor Kaiser Leopold I. und seiner Neuburger Frau Eleonora in Linz auf. Die Kaiserin empfahl Markus auch nach Neuburg, wo er sich vier Tage aufhielt.
Am 9. Oktober 1680 predigte er in der Peterskirche vor Pfalzgraf Philipp Wilhelm und dem ganzen Hofstaat so eindringlich, dass alle Zuhörer bemerkten, wie die Marienfigur auf dem Altar ihre Augen abwechselnd zum Himmel, zum Prediger und auf das Auditorium richtete. Dieses Wunder der Augenwende wiederholte sich noch mehrmals und wurde vom Augsburger Bischof approbiert, also als Wunder anerkannt. Auch unerklärliche Heilungen ereigneten sich in Neuburg im Zusammenhang mit dem Auftreten des Markus.
Der Kapuzinermönch wurde der wichtigste und vor allem unbestechliche Ratgeber Kaiser Leopolds und dessen Frau Eleonora. Der Papst ernannte ihn zum Gesandten beim Entsatzheer vor Wien bei der Belagerung durch die Türken im Jahr 1683. Seine aufrüttelnden Predigten erzeugten einen heldenhaften Kampfesmut bei den christlichen Truppen, die anschließend tapfer die Stadt Wien befreiten, die Armee Mustafas verfolgten und in fünf Feldzügen die Türken vom Balkan zurückdrängten. Markus von Aviano lebte bis zum 13. August 1699. Er wurde zum Retter des christlichen Abendlandes ernannt und ist heute Patron Österreichs.
Zum 250. Jahrestag des Entsatzes von Wien setzte man ihm ein überlebensgroßes Denkmal vor der Kapuzinerkirche in Wien. Bereits im 19. Jahrhundert wurde sein Seligsprechungsprozess eingeleitet, die Seligsprechung erfolgte jedoch erst 2003 durch Papst Johannes Paul II.