Zeugnis eines Konfessionskampfes
Fürstenmacht und wahrer Glaube Der Katalog zur Ausstellung liefert neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Was vor allem Neuburger Autoren darin berichten
Selbst das Titelbild des im Pustet-Verlag erschienenen Ausstellungskataloges zu „Fürstenmacht und wahrer Glaube“ist markant: Im Hintergrund Martin Luther, vor ihm der Neuburger Pfalzgraf Ottheinrich, der 1543 den protestantischen Glauben für sein Fürstentum einführte, daneben Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm, der 1617 zur katholischen Kirche zurückkehrte und das Buch über die Beschlüsse der „Confessio Augustana“– ein grundlegendes Bekenntnis der lutherischen Reichsstände zu ihrem Glauben – mit Füßen tritt.
Dem bayerischen Fürstentum Pfalz-Neuburg wurde kurioserweise gleich dreimal Reformation und Gegenreformation aufgezwungen. Beide Glaubenswechsel wurden durch Krieg und Besatzung noch einmal rückgängig gemacht, bevor sie sich durchsetzten. Die Neuburger Wittelsbacher bewegten sich im Spannungsfeld zwischen Kurpfalz und Bayern, zwischen protestantischer Union und katholischer Liga. Wichtigstes Ziel war die Erbschaft der strategisch bedeutenden Herzogtümer Jülich-Berg am Niederrhein, wodurch die Pfalzgrafen in europäische Machtkämpfe gerieten. Von diesem Ringen um Macht und wahren Glauben zeugen bedeutende Schriften und Kunstgegenstände, sowie herausragende Bauwerke, die im Katalog bestens beschrieben werden: die Neuburger Schlosskapelle als erster protestantisch gestalteter Kirchenraum überhaupt. Oder die benachbarte Hofkirche, die als evangelischer Gegenentwurf zur Münchner St. Michaelskirche erstellt, jedoch katholisch vollendet und den Jesuiten übergeben wurde.
Der Katalog „Fürstenmacht und wahrer Glaube – Reformation und Gegenreformation“ist ein auf 450 Seiten verfasstes, auch wissenschaftlich solide belegtes Kompendium und wurde herausgegeben von Michael Henker, Markus Nadler, Michael Teichmann, Roland Thiele und dem redaktionellen Leiter Winfried Dier. Dier verdeutlichte im Gespräch mit der Neuburger Rundschau, wie sehr das Fürstentum Neuburg mit Pfalzgraf Ottheinrich hier eine besondere Rolle einnehmen konnte.
Namhafte Autorinnen und Autoren drehen mit ihren Beiträgen im Katalog am Rad der Geschichte: darunter der ehemalige Landesbischof Johannes Friedrich, der frühere Stadtkaplan von St. Peter und heutige Domdekan Prälat Dr. Bertram Meier, Dr. Paul Oberholzer von der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und der frühere Leiter des Hauses der Bayerischen Geschichte und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates, Dr. Michael Henker. Dabei wird nicht nur Neuburg beleuchtet, sondern beispielsweise auch Lauingen als Nebenresidenz, die Gebiete am Niederrhein sowie die Residenzstädte Heidelberg und Düsseldorf.
Dr. Gabriele Kaps ist bei der Ausstellung als Führerin aktiv und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates: Das von ihr im Katalog bearbeitete Thema Reformation und Katholische Reform mit Auswirkungen auf die Bildungspolitik bekommt hier auch im Hinblick auf das Schuljubiläum „400 Jahre Gymnasium Neuburg“besondere Aktualität. Dr. Margit Vonhof-Habermayr gehört als Kunsthistorikerin ebenfalls zum Autorenteam des Kataloges. Ihr Thema rückt vor allem die Fürstinnen des Hauses Pfalz Neuburg in den Mittelpunkt, angefangen von Susanna von Bayern, die katholisch blieb bis hin zu der in unserer Region weithin unbeachteten Katharina Charlotte von Pfalz Zweibrücken. „Die Eliten am Neuburger Hof in der Gegenreformation: Zwischen Konversion und Migration“– so lautet der Titel des Beitrages von Dr. Markus Nadler, der auch für die Konzeption und Organisation dieses Kataloges verantwortlich ist. In seinen Ausführungen beschreibt der in Neuburg lebende Autor, wie beispielsweise der Erbprinz Wolfgang Wilhelm als Katholik und neuer Landesherr in Neuburg einzog, dem evangelischen Hofprediger Heilbrunner den Zutritt zur Hofkirche verwehrte und stattdessen die katholische Sonntagsmesse feiern ließ. Gut beschrieben ist in seinen Ausführungen das vom Herzog einberufene Streitgespräch im Saal des Schlosses zwischen Heilbrunner und Jesuiten Keller. „Wichtige Regierungsbeamte, so Nadler, drängten Wolfgang Wilhelm zum Glaubenswechsel.“Etwa Kanzler Dr. Johann Zeschlin oder Hofmeister Johann Georg Altman von Winzer. Später übernahmen Katholiken vom Niederrhein Spitzenpositionen am Neuburger Hof. Aber auch Katholiken aus Italien, darunter der langjährige Hofkapellmeister Biagio Marini aus Brescia, bekamen großen Einfluss im Fürstentum.
Der lesenswerte und reich bebilderte Ausstellungskatalog ist ein Kompendium, das Geschichte lebendig werden lässt. In bemerkenswerter Weise beleuchtet er Leben und Glauben in der damaligen Zeit aus wissenschaftlicher Sicht und liefert neue Erkenntnisse. Erhältlich ist der Katalog an der Schlosskasse oder auch bei der Tourist-Info in Neuburg zum Preis von 25 Euro. O
Die Ausstellung „Fürs tenmacht und wahrer Glaube“ist noch bis 5. November im Schloss, dem Fürsten gang und der Hofkirche zu sehen. Kulturredaktion Dorothee Pfaffel: 08431/6776 63 E Mail: redaktion@neuburger rundschau.de