Der Borkenkäfer als Profiteur des Klimawandels
Fortswirtschaft 40 Waldbesitzer aus Rennertshofen informieren sich bei einem Ortstermin im Langen Tal zum Thema
Rennertshofen Rohrbach „Ips typographus“und „Pityogenes chalcographus“– Buchdrucker und Kupferstecher haben zwar wohlklingende Namen, ihr heimliches Treiben jedoch bringt den heimischen Fichtenwald an die Grenze seiner Widerstandskraft und erfordert ein rasches Eingreifen der Waldbesitzer. Deswegen haben die Bayerische Forstverwaltung (Forstrevier Rennertshofen) sowie die Waldbesitzervereinigung Neuburg-Schrobenhausen zu einer gemeinsamen Informationsveranstaltung zum Thema Borkenkäfer in den Gemeindewald von Rennertshofen eingeladen. Das Interesse war groß: Förster Martin Spies vom Forstrevier Rennertshofen sowie Försterin Miriam Nüsslein von der Waldbesitzervereinigung Neuburg-Schrobenhausen konnten 40 interessierte Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer am Holzlagerplatz im „Langen Tal“bei Rohrbach begrüßen.
Förster Martin Spies erläuterte zuerst die Bedingungen, die die Dichte von Borkenkäfern immer mehr ansteigen ließen: Die Fichte leide enorm unter trockener Witterung, besonders im heurigen Frühjahr gab es zu wenig Niederschläge. Statt dem überlebenswichtigen Nass regne es in vielen Wäldern Fichtennadeln. „Ein eindeutiges Zeichen“, so meinte der Fachmann, „dass etwas mit der Fichte nicht stimmt.“Trotz des gefallenen Regens der vergangenen Tage spitze sich die Waldschutzsituation im Gemeindegebiet Rennertshofen und Burgheim weiter zu. Ein typischer Waldboden im Gemeindegebiet könne circa 63 Milliliter Wasser pro Quadratdezimeter Boden speichern. „Das für die Fichte verfügbare Wasser im Boden reicht also für gerade einmal 21 Tage“, so Spies. Heuer sei durch den ausbleibenden Regen die Fichte bereits im Frühjahr in einen lebensbedrohlichen Trockenstress geraten. Das habe Tür und Tor für den Borkenkäfer geöffnet, denn die Fichte besitze keine Kraftreserven mehr, um sich gegen das Einbohren des Käfers zu wehren. Der Regen der letzten Tage war zwar zwingend notwendig, dennoch erhole sich die geschwächte Fichte nicht so schnell. Diese Klimaszenarien würden in den nächsten Jahren noch zunehmen, prophezeite Spies.
Försterin Miriam Nüsslein informierte die anwesenden Waldbesitzer über die richtige Lagerung des eingeschlagenen Holzes. Das befallene Holz müsse unbedingt mindestens 500 Meter vom nächsten Fichtenwald entfernt gelagert werden. Auch sollte man das Käferholz nicht beim Nachbarn an den Wald legen, sagte Nüsslein. Ein nachbarschaftliches Miteinander sei jetzt das Maß aller Dinge im gemeinsamen Kampf gegen den Borkenkäfer. Die Holzabfuhr in die Sägewerke könnte in den nächsten Wochen ins Stocken geraten, befürchtete die Försterin, da bereits eine enorme Menge an Käferholz in den Sägewerken liege und die Säger ihre Einfuhr reduzieren müssten. Der Preis für das Käferholz sei jedenfalls bis September sicher, danach seien Preissenkungen zu erwarten. Für die Lagerung der befallenen Fichtenkronen sollen landwirtschaftliche Flächen genutzt wer- den. Praktikabel sei es auch, die Kronen direkt im Wald zu hacken, so die beiden Förster. Sie baten um eine zügige Meldung der eingeschlagenen Holzmengen, um eine schnellstmögliche Holzabfuhr zu ermöglichen. Eine Polterbegiftung gegen den Käfer sahen sie als letzte Lösung an. Zuerst sollten alle anderen mechanischen Maßnahmen ausgeschöpft sein.
Anschließend machte sich der Tross auf den Weg in den angrenzenden Gemeindewald von Rennertshofen, um sich dort einen frischen Befall von Buchdruckern an der Fichte anzuschauen. Die beiden Fachleute erläuterten anhand der Befallsspuren, wie weit entwickelt der Käfer sei und wie lange der Waldbesitzer Zeit habe, das Käferholz aus dem Wald zu schaffen. Eine Fichte, die keine Rinde mehr und nur noch braune Nadeln habe, stelle jedoch keine Gefahr mehr dar und könne im Wald bleiben. Der Käfer sei schon ausgeflogen. Untrügliches Kennzeichen eines frischen Befalls sei der Auswurf von braunem Bohrmehl, das sich in Rindenschuppen, am Stammfuß, in Spinnweben und auf der Bodenvegetation sammle. Bei einem Starkregen könne aber das Bohrmehl weggeschwemmt werden. Weitere Themen waren die Neuanpflanzung von zukunftsfähigen Bäumen und die Notwendigkeit der Pflege der jungen Fichtenwälder.
Viele interessierte und betroffene Waldbesitzer verließen das Lange Tal mit neuen Informationen, aber auch mit der Gewissheit, dass die Borkenkäferzeit noch bis Oktober dauere und es nicht absehbar sei, in welchem Maß sich der Käferbefall in den nächsten Jahren entwickle. Eine kontinuierliche, wöchentliche Kontrolle der Fichtenbestände ist jetzt für jeden Waldbesitzer unverzichtbar.