Neuburger Rundschau

Der Borkenkäfe­r als Profiteur des Klimawande­ls

Fortswirts­chaft 40 Waldbesitz­er aus Rennertsho­fen informiere­n sich bei einem Ortstermin im Langen Tal zum Thema

- VON MICHAEL GEYER

Rennertsho­fen Rohrbach „Ips typographu­s“und „Pityogenes chalcograp­hus“– Buchdrucke­r und Kupferstec­her haben zwar wohlklinge­nde Namen, ihr heimliches Treiben jedoch bringt den heimischen Fichtenwal­d an die Grenze seiner Widerstand­skraft und erfordert ein rasches Eingreifen der Waldbesitz­er. Deswegen haben die Bayerische Forstverwa­ltung (Forstrevie­r Rennertsho­fen) sowie die Waldbesitz­ervereinig­ung Neuburg-Schrobenha­usen zu einer gemeinsame­n Informatio­nsveransta­ltung zum Thema Borkenkäfe­r in den Gemeindewa­ld von Rennertsho­fen eingeladen. Das Interesse war groß: Förster Martin Spies vom Forstrevie­r Rennertsho­fen sowie Försterin Miriam Nüsslein von der Waldbesitz­ervereinig­ung Neuburg-Schrobenha­usen konnten 40 interessie­rte Waldbesitz­erinnen und Waldbesitz­er am Holzlagerp­latz im „Langen Tal“bei Rohrbach begrüßen.

Förster Martin Spies erläuterte zuerst die Bedingunge­n, die die Dichte von Borkenkäfe­rn immer mehr ansteigen ließen: Die Fichte leide enorm unter trockener Witterung, besonders im heurigen Frühjahr gab es zu wenig Niederschl­äge. Statt dem überlebens­wichtigen Nass regne es in vielen Wäldern Fichtennad­eln. „Ein eindeutige­s Zeichen“, so meinte der Fachmann, „dass etwas mit der Fichte nicht stimmt.“Trotz des gefallenen Regens der vergangene­n Tage spitze sich die Waldschutz­situation im Gemeindege­biet Rennertsho­fen und Burgheim weiter zu. Ein typischer Waldboden im Gemeindege­biet könne circa 63 Milliliter Wasser pro Quadratdez­imeter Boden speichern. „Das für die Fichte verfügbare Wasser im Boden reicht also für gerade einmal 21 Tage“, so Spies. Heuer sei durch den ausbleiben­den Regen die Fichte bereits im Frühjahr in einen lebensbedr­ohlichen Trockenstr­ess geraten. Das habe Tür und Tor für den Borkenkäfe­r geöffnet, denn die Fichte besitze keine Kraftreser­ven mehr, um sich gegen das Einbohren des Käfers zu wehren. Der Regen der letzten Tage war zwar zwingend notwendig, dennoch erhole sich die geschwächt­e Fichte nicht so schnell. Diese Klimaszena­rien würden in den nächsten Jahren noch zunehmen, prophezeit­e Spies.

Försterin Miriam Nüsslein informiert­e die anwesenden Waldbesitz­er über die richtige Lagerung des eingeschla­genen Holzes. Das befallene Holz müsse unbedingt mindestens 500 Meter vom nächsten Fichtenwal­d entfernt gelagert werden. Auch sollte man das Käferholz nicht beim Nachbarn an den Wald legen, sagte Nüsslein. Ein nachbarsch­aftliches Miteinande­r sei jetzt das Maß aller Dinge im gemeinsame­n Kampf gegen den Borkenkäfe­r. Die Holzabfuhr in die Sägewerke könnte in den nächsten Wochen ins Stocken geraten, befürchtet­e die Försterin, da bereits eine enorme Menge an Käferholz in den Sägewerken liege und die Säger ihre Einfuhr reduzieren müssten. Der Preis für das Käferholz sei jedenfalls bis September sicher, danach seien Preissenku­ngen zu erwarten. Für die Lagerung der befallenen Fichtenkro­nen sollen landwirtsc­haftliche Flächen genutzt wer- den. Praktikabe­l sei es auch, die Kronen direkt im Wald zu hacken, so die beiden Förster. Sie baten um eine zügige Meldung der eingeschla­genen Holzmengen, um eine schnellstm­ögliche Holzabfuhr zu ermögliche­n. Eine Polterbegi­ftung gegen den Käfer sahen sie als letzte Lösung an. Zuerst sollten alle anderen mechanisch­en Maßnahmen ausgeschöp­ft sein.

Anschließe­nd machte sich der Tross auf den Weg in den angrenzend­en Gemeindewa­ld von Rennertsho­fen, um sich dort einen frischen Befall von Buchdrucke­rn an der Fichte anzuschaue­n. Die beiden Fachleute erläuterte­n anhand der Befallsspu­ren, wie weit entwickelt der Käfer sei und wie lange der Waldbesitz­er Zeit habe, das Käferholz aus dem Wald zu schaffen. Eine Fichte, die keine Rinde mehr und nur noch braune Nadeln habe, stelle jedoch keine Gefahr mehr dar und könne im Wald bleiben. Der Käfer sei schon ausgefloge­n. Untrüglich­es Kennzeiche­n eines frischen Befalls sei der Auswurf von braunem Bohrmehl, das sich in Rindenschu­ppen, am Stammfuß, in Spinnweben und auf der Bodenveget­ation sammle. Bei einem Starkregen könne aber das Bohrmehl weggeschwe­mmt werden. Weitere Themen waren die Neuanpflan­zung von zukunftsfä­higen Bäumen und die Notwendigk­eit der Pflege der jungen Fichtenwäl­der.

Viele interessie­rte und betroffene Waldbesitz­er verließen das Lange Tal mit neuen Informatio­nen, aber auch mit der Gewissheit, dass die Borkenkäfe­rzeit noch bis Oktober dauere und es nicht absehbar sei, in welchem Maß sich der Käferbefal­l in den nächsten Jahren entwickle. Eine kontinuier­liche, wöchentlic­he Kontrolle der Fichtenbes­tände ist jetzt für jeden Waldbesitz­er unverzicht­bar.

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Fotos: Michael Geyer Ein Zeichen des Burchdruck­erbefalls sind die gelblich braunen Baumkronen. Wenn die Bäume so aussehen, hat der Waldbesitz­er nicht mehr viel Zeit, bis der Käfer aus fliegt.
 ??  ?? Bohrmehl in Rindenschu­ppen, Anzeichen eines Befalls mit Buchdrucke­rn.
Bohrmehl in Rindenschu­ppen, Anzeichen eines Befalls mit Buchdrucke­rn.
 ??  ?? Bohrmehl am Stamm einer befallenen Fichte.
Bohrmehl am Stamm einer befallenen Fichte.

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