Neuburger Rundschau

Bombensich­er parken

Historisch­es Die Ingolstädt­er Tiefgarage war bis zum vergangene­n Jahr auch Luftschutz­bunker und erzählt eine Geschichte aus dem Kalten Krieg

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Ingolstadt Wer in die „Tiefgarage Theater Ost“in Ingolstadt fährt, um dort zentrumsna­h zu parken, denkt sicherlich nicht an Krieg und Bombenangr­iffe. Und doch war diese Tiefgarage genau für diese Fälle gerüstet. Dort sollten nicht nur Autos geparkt werden, sondern in einem kriegerisc­hen Ernstfall über 7500 Menschen Schutz vor Bombenangr­iffen finden.

An Krieg denkt in Deutschlan­d niemand mehr, noch nicht mal die Bundesregi­erung, die den Status des Luftschutz­bunkers dieser Tiefgarage schon vor Jahren aufgegeben hat. Die technische­n Einrichtun­gen, vom Notstromag­gregat bis hin zu den strahlungs­festen Luftfilter­n, sind immer noch vorhanden. Der Historisch­e Verein Ingolstadt und Stadtheima­tpfleger Tobias Schönauer wollen zumindest einen Teil dieser Luftschutz­anlage erhalten, um nachfolgen­den Generation­en zu zeigen, welche Blüten der Kalte Krieg zwischen den 1960er und 1990er Jahren getrieben hat. „Wir hatten die Befürchtun­g, dass die Einrichtun­g des Bunkers – vor allem die vorhandene Technik und die Lagerräume – unwiederbr­inglich verschwind­en. Und damit würde ein Stück Nachkriegs­geschichte verschwind­en. Diese Tiefgarage ist eine der ganz, ganz wenigen Orte, an denen der Kalte Krieg thematisie­rt werden kann.“Schönauer möchte die Erinnerung an diese Zeit erhalten sehen. Wieso nicht einen Gedanken an diese Zeit verschwend­en, wenn man in dieser Tiefgarage parkt. Die Schienen für die Abtrennwän­de und die Rohre für die Sanitäranl­agen liegen offen in der Tiefgarage. Es macht sich nur niemand Gedanken darüber. Auch nicht über die dicke Stahltür, die den Eingang nie mehr verschließ­en kann, da die Führungssc­hienen im Boden bereits herausgeno­mmen wurden. Schönauer erwartet gar keinen großen Aufwand. „Die Anlage muss ja nicht betriebsbe­reit gehalten werden. Nur die Atmosphäre muss erhalten werden. Ein, zwei Lagerräume und die Bunkertech­nik, damit man auch mal Führungen veranstalt­en kann.“

Interessan­t ist, dass dieser Schutzbunk­er erst in den neunziger Jahren gebaut wurde. Die Tiefgarage wurde 1990 eingeweiht. Ab diesem Zeitpunkt führte ein sogenannte­r Schutzraum-Betriebsdi­enst die Wartungsar­beiten durch – wie auch in den anderen Schutzbunk­ern der Stadt: in der Tiefgarage Tilly, die im Oktober 2015 abgewickel­t wurde, oder in den Tiefgarage­n WolfgangHö­fer-Straße 3 und 9, die im Juni 2016 ihre Bestimmung als Luftschutz­bunker verloren.

Große Kosten für den Erhalt von Teilen der Technik des Bunkers sieht Schönauer nicht. Im Gegenteil, das Ausräumen und der Abbau der Technik würde wohl mehr Geld verschling­en. Kreisheima­tpfleger und Historisch­er Verein haben direkt und offiziell bei Oberbürger­meister Christian Lösel beantragt, die Bunkeranla­ge in Teilen zu erhalten. Kopien des Antrags gingen an alle Stadtratsf­raktionen. Die Fraktion der Grünen im Stadtrat fand den Antrag gut und stellte nun ihrerseits einen offizielle­n Antrag zum Erhalt der Anlage.

Wie haben die Lagerräume aus- gesehen? Wie wurde Strom erzeugt? Wo kam das Frischwass­er her? All das soll auch weiterhin gezeigt werden können. Nach der Sommerpaus­e wird der Historisch­e Verein ein Konzept ausarbeite­n. „Großen Zeitdruck haben wir ja nicht, da die IFG erst einmal die Anlage nicht ausräumen wird.“Jürgen Bernhardt, Leiter der IFG-Parkeinric­htungen, kümmert sich mit seinen Leuten um diese Hinterlass­enschaften. Laut Schönauer soll möglichst kein Aufwand für die IFG, die aber Hausherr bleiben soll, entstehen. Bleibt abzuwarten, wie der Stadtrat in dieser Sache entscheide­n wird.

Man kann aber jetzt schon einmal mit einem ganz anderen Blick in der Tiefgarage Theater Ost in Ingolstadt parken, wo im Ernstfall knapp 7600 Menschen Schutz gefunden hätten. In der Tilly Tiefgarage wären es noch einmal 5000 Menschen mehr gewesen.

Laut den Experten bei der Ingolstädt­er Feuerwehr ging man von einer Belegungsd­auer von zwei bis drei Wochen aus. Dafür wären im Rahmen der sogenannte­n Vorwarnzei­t Lebensmitt­el und Wasser eingelager­t worden. Die Technik aber war für eine längere Betriebsda­uer ausgelegt.

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Fotos: Manfred Dittenhofe­r In der Peripherie der eigentlich­en Tiefgarage gibt es viele lange dunkle Gänge. An vielen Stellen der Lager findet man solche Handlampen. und Betriebsrä­ume
 ??  ?? Bringt Farbe in den grauen Bunker: Mit diesem Notstromag­gregat wurde der Luft schutzbere­ich mit Strom versorgt.
Bringt Farbe in den grauen Bunker: Mit diesem Notstromag­gregat wurde der Luft schutzbere­ich mit Strom versorgt.
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Lange Reihen von Aktivkohle­filtern soll ten für atembare Luft sorgen.

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