Neuburger Rundschau

Momentvers­agen mit tragischen Folgen

Prozess Ein 20-Jähriger muss sich wegen eines schweren Verkehrsun­falls bei Burgheim vor Gericht verantwort­en. Die Verhandlun­g endet mit Tränen

- VON DOROTHEE PFAFFEL

Neuburg/Burgheim Der junge Angeklagte hält sich die Hände vor das Gesicht und weint. Es ist gerade Pause am Neuburger Amtsgerich­t – die Pause vor der Urteilsver­kündung. Da tritt die Mutter aus dem Zuschauerr­aum nach vorne an die Anklageban­k und nimmt ihren Sohn in den Arm. Es war ein tragischer Fall, in dem Richter Gerhard Ebner gestern ein Urteil sprach. Ein Moment der Unachtsamk­eit im Straßenver­kehr, wie es später im Gerichtssa­al heißt, ist Ausgangspu­nkt der Geschichte, die sich vor gut einem Jahr in der Nähe von Illdorf (Burgheim) zugetragen hat.

Vergangene Woche musste bereits der 20-jährige Angeklagte selbst aussagen. Zum Zeitpunkt des Unfalls war er erst 19 Jahre alt. Er erinnerte sich allerdings an nichts mehr und konnte keine Angaben machen. Gestern waren nun die Insassen des Autos geladen, mit denen der 20-Jährige kollidiert war: eine heute 19-Jährige mit ihrem 62-Jährigen Vater aus dem Landkreis Dachau.

Kurz nach Illdorf sei ihnen der damals 19-Jährige entgegenge­kommen, erzählt die Zeugin. „Auf unserer Fahrbahnse­ite!“Sie habe Prellungen, Schnittwun­den und Blutergüss­e erlitten, spüre inzwischen aber keine Nachwirkun­gen mehr. Der Vater – er fuhr das Auto – erinnert sich nur noch bruchstück­haft, aber eines weiß er: Der Pkw kam ihm auf seiner Fahrbahnse­ite entgegen, es war ein VW in dunkler Farbe. Den 62-Jährigen hat es um einiges schlimmer erwischt als seine Tochter: Er erlitt Schnittwun­den im Gesicht, außerdem einen komplizier­ten Trümmerbru­ch am linken Arm, einen Rippenbruc­h, Prellungen des Brustkorbs und eine massive Knieverlet­zung. An Arm und Knie stehen noch Operatione­n an, berichtet der Mann.

Wie Richter Ebner sagt, habe der Angeklagte nach dem Unfall versucht, sich zu entschuldi­gen. Doch die beiden Betroffene­n wollten und wollen die Entschuldi­gung nicht annehmen: „Er hat Blumen und einen Brief geschickt, aber ich habe ein Problem damit“, so der 62-Jährige.

Das Sachverstä­ndigen-Gutachten, das Ebner verliest, besagt Folgendes: Der Angeklagte sei mit einer Geschwindi­gkeit zwischen 100 und 130 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen, das Auto von Vater und Tochter mit knapp 80 Stundenkil­ometern, als es zum Zusammenst­oß kam. Für den Vater wäre es nicht möglich gewesen, der Kollision auszuweich­en. Aus technische­r Sicht könne nicht geklärt werden, wieso der junge Mann auf die Gegenfahrb­ahn geraten ist.

Staatsanwä­ltin Vera Stoll fordert am Ende eine Geldauflag­e von 4000 Euro und ein Fahrverbot für drei Monate. Verteidige­rin Cordula Roßkopf spricht sich gegen eine Geldstrafe und auch gegen Arbeitsstu­nden aus. Denn auch ihr Mandant sei bei dem Unfall schwer verletzt worden: Er erlitt mehrere Brüche, musste Hauttransp­lantatione­n über sich ergehen lassen und lag monatelang in einer Art Wachkoma mit ungewissem Ausgang. Er zeige viel Reue, es sei kein Alkohol im Spiel gewesen.

Schuldig der fahrlässig­en Körperverl­etzung heißt es schließlic­h: Richter Gerhard Ebner verurteilt den Angeklagte­n zu einer Geldauflag­e von 2000 Euro, zu zahlen in monatliche­n Raten von je 100 Euro. Hinzu kommt ein Fahrverbot von zwei Monaten. Der Unfall sei aufgrund eines „Augenblick­sversagens“entstanden, so Ebner.

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