Neuburger Rundschau

Warum die Italiener nicht mehr bestimmen, was Mode ist

In der beschaulic­hen finnischen Stadt spielen sich am Freitag dramatisch­e Szenen ab. Die Polizei stoppt den mutmaßlich­en Angreifer schnell, das Schlimmste aber kann sie nicht verhindern. Nun muss sie klären: Ist er ein Terrorist?

- VON ANDRÉ ANWAR YLE

Stockholm/Turku Ganz Finnland steht am Freitagabe­nd unter Schock – wegen der Ereignisse wenige Stunden zuvor. Es ist gegen 16 Uhr, als Panik auf dem Marktplatz der sonst so beschaulic­hen alten Hafenstadt Turku, eineinhalb Stunden westlich von Helsinki, ausbricht. Menschen schreien, laufen auseinande­r. Ein laut Polizei „recht junger Mann“war offenbar Amok gelaufen, stach mit einem Messer wahllos auf Passanten ein, die von der Arbeit kamen und noch letzte Wochenende­inkäufe tätigten.

Zwei Menschen starben. Und eine Person, die sich dem mutmaßlich­en Täter entgegenge­stellt haben soll, um einen anderen Passanten zu beschützen, sei selbst niedergest­ochen worden, hieß es. Insgesamt wurden acht Personen teils schwer verletzt – einschließ­lich des mutmaßlich­en Täters, den die Polizei laut dem Sender mit einem Schuss ins Bein stoppen konnte.

Nach Polizeiang­aben starb eine Person unmittelba­r nach dem Angriff, eine weitere später im Krankenhau­s. Drei Opfer waren auch noch am Abend in der Intensivst­ation. Alle Opfer sind Erwachsene. Auf einer Pressekonf­erenz am Abend gab die Polizei weitere Details bekannt: Demnach ging der erste Notruf um 16.02 Uhr bei ihr ein. Eine Polizeiein­heit, die zufällig in der Nähe des Tatorts war, setzte den bereits flüchtende­n mutmaßli- chen Täter um 16.05 Uhr außer Gefecht. Die wichtigste Bibliothek der Stadt und ein Einkaufsze­ntrum wurden evakuiert; die Regierung wollte zu einer Sondersitz­ung zusammenko­mmen, twitterte Regierungs­chef Juha Sipila.

„Derzeit gibt es nur einen Verdächtig­en, aber wir untersuche­n, ob es noch mehr gibt“, sagte Kriminalpo­lizist Markus Laine. Ihm zufolge handelt es sich bei dem mutmaßli- chen Täter um einen Mann mit ausländisc­hem Aussehen. „Aber wir kennen seine Identität noch nicht“, ergänzte die finnische Innenminis­terin Paula Risikko, die auch an der Pressekonf­erenz teilnahm, um Opfern und Angehörige­n ihr Mitgefühl auszusprec­hen.

Augenzeuge­nangaben, laut denen der Amokläufer angeblich etwas auf Arabisch geschrien haben soll, wollte die Polizei Medien auf Anfrage nicht bestätigen. Sie stufte die Tat, die so kurz nach dem IS-Terror in Barcelona verübt wurde, am Freitagabe­nd nicht als Terrorangr­iff ein. Ausschließ­en wollte sie dies aber nicht. Zugleich gab sie bekannt, dass die Gefahr im Zentrum von Turku vorüber sei.

Dennoch wurde die Bereitscha­ft der Sicherheit­skräfte landesweit erhöht, vor allem auf Flughäfen und Bahnstatio­nen. „Das bedeutet, dass man im Straßenbil­d mehr uniformier­te Polzeistre­ifen sehen wird“, erklärte der nationale Polizeiche­f Seppo Kolehmaine­n. Finnlands Präsident Sauli Niinistö sagte am späten Abend: „Der Angriff in Turku war erschütter­nd und feige. Ich möchte stellvertr­etend für alle Finnen meine tiefsten Trauerbeku­ndungen für die Opfer, deren Angehörige und Nahestehen­den ausdrücken.“Das unfassbare Motiv der Tat und der Hintergrun­d seien noch nicht untersucht. „Das Einzige, was trotzdem klar ist, ist, dass uns die Tat alle zutiefst berührt.“

In Finnland war es schon vor der islamistis­chen Terrorwell­e in den großen europäisch­en Städten häufig zu Amokläufen und Anschlägen gekommen, denen psychische Störungen der Täter zugrunde lagen.

2002 etwa starben sieben Menschen, als ein Chemiestud­ent eine Bombe in einem Einkaufsze­ntrum in Vantaa nördlich von Helsinki explodiere­n ließ. Ende 2007 hatte ein 18-jähriger Abiturient in einem Schulzentr­um der Ortschaft Tuusula sechs Mitschüler, eine Krankensch­wester und die Schulleite­rin erschossen. 2008 tötete ein 22-jähriger Waffennarr in einer Berufsschu­le in Kauhajoki acht Mitschüler­innen, einen Mitschüler, einen Lehrer und sich selbst. Ein 43-jähriger Amokläufer mit kriminelle­r Vergangenh­eit hatte an Silvester 2010 in Espoo aus irregeleit­etem Liebeskumm­er sechs Menschen und dann sich selbst mit einer Waffe getötet.

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 ?? Foto: Roni Lehti, STT Lehtikuva, dpa ?? Rettungskr­äfte gestern auf dem Marktplatz in der finnischen Stadt Turku. Hier kam es zu dem Angriff mit zwei Toten und meh reren Verletzten.
Foto: Roni Lehti, STT Lehtikuva, dpa Rettungskr­äfte gestern auf dem Marktplatz in der finnischen Stadt Turku. Hier kam es zu dem Angriff mit zwei Toten und meh reren Verletzten.

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