Neuburger Rundschau

Ist bald Schluss mit den verkaufsof­fenen Sonntagen?

In Augsburg dürfen verkaufsof­fene Sonntage in Zukunft nicht mehr wie bisher stattfinde­n. Das hat ein Gericht entschiede­n. Anderen Städten und Gemeinden könnte dasselbe Schicksal drohen

- VON SANDRA LIERMANN

Augsburg Sonntagmor­gens aufstehen, frühstücke­n – und anschließe­nd in der Stadt durch die Geschäfte bummeln. Verkaufsof­fene Sonntage stoßen regelmäßig auf großes Interesse. So auch in Augsburg. Doch Sonntage, an denen alle Geschäfte in der Innenstadt geöffnet haben, wird es vorerst dort nicht mehr geben.

Grund ist eine Klage der „Allianz für den freien Sonntag“, hinter der die Gewerkscha­ft Verdi und die Katholisch­e Arbeitnehm­er-Bewegung (KAB) stehen. Auch in anderen Städten und Gemeinden in der Region finden regelmäßig verkaufsof­fene Sonntage statt. Müssen die nun alle eine Klage der „Allianz für den freien Sonntag“fürchten? „Wir wollen nicht gegen alle verkaufsof­fenen Sonntage vorgehen“, sagt Erwin Helmer, Diözesanpr­äses der KAB. „Nur gegen die rechtswidr­igen – und viele sind rechtswidr­ig. Wir werden uns das in den nächsten Monaten und Jahren genau ansehen.“

Die Allianz ist vor Kurzem erfolgreic­h gegen die Augsburger Marktsonnt­age vor Gericht gezogen. Dabei nahm sie Bezug auf ein Urteil des Bundesverw­altungsger­ichtes von November 2015. Das Gericht hatte damals die Grenzen für verkaufsof­fene Sonntage enger gezogen. Demnach müssen die Ladenöffnu­ngen an Sonntagen in „engem räumlichen Bezug“zu einer Veranstalt­ung stehen, die für diesen Tag „prägend“ist. Die Feste sollen sich selber tragen und für sich genommen mehr Besucher anziehen als die verkaufsof­fenen Sonntage.

Erwin Helmer betont: „Prägend muss immer der Sachgrund sein, die Ladenöffnu­ng ist nur ein Zusatz.“In Augsburg sei das zum Europa-Tag sowie zum Turamichel­e-Fest nicht der Fall gewesen. Die Stadt hatte für beide Termine bis 2021 Ladenöffnu­ngen von 13 bis 18 Uhr genehmigt, in einem Gebiet, das auch die östlich der Innenstadt gelegene CityGaleri­e umfasst. Helmer sagt: „Das Gericht hat entschiede­n, dass das Gebiet zu groß ausgewiese­n ist.“

Zuletzt waren bundesweit auch in anderen Städten die Marktsonnt­age von Gerichten gekippt worden, im März etwa in Düsseldorf. Auch Münster hat alle 15 geplanten verkaufsof­fenen Sonntage bis 2019 abgesagt, ähnliche Entscheidu­ngen gab es in den vergangene­n Monaten auch in Heilbronn, Köln und Wuppertal. In der Region war Augsburg bisher der einzige Fall, in dem wegen verkaufsof­fener Sonntage geklagt wurde. Doch immer wieder gibt es Diskussion­en um die Thematik. So auch Anfang des Jahres in Aichach (Landkreis Aichach-Friedberg). Dort hatte die KAB die vier geplanten verkaufsof­fenen Sonntage abgelehnt. Die Stadtverwa­ltung sah jedoch keine rechtliche­n Bedenken und bezeichnet­e die Stellungna­hme der KAB als „nicht relevant“. In Schrobenha­usen (Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen) kassierte der Bürgermeis­ter den vom Stadtrat gefassten Beschluss zu Ladenöffnu­ngszeiten rund um die Dult-Marktsonnt­age, nachdem der Deutsche Gewerkscha­ftsbund rechtliche Einwände geäußert hatte. Und bereits 2015 habe in Neu-Ulm der Zusammensc­hluss der Gewerkscha­ft Verdi und der KAB dafür gesorgt, dass das Gebiet für einen verkaufsof­fenen Sonntag enger gefasst werde, sagt Erwin Helmer.

Aber warum geht die „Allianz für den freien Sonntag“überhaupt gegen verkaufsof­fene Sonntage vor? „Uns geht es um den Schutz des Sonntags, der massiv angegriffe­n wird“, sagt Helmer. Schon jetzt würden elf Millionen Menschen in Deutschlan­d gelegentli­ch sonntags arbeiten müssen, Tendenz steigend. „Ohne Sonntag, was wäre das für eine Welt? Ohne Sonntag gäbe es nur Werktage, nur Konsum und Produktion, ohne eine große gemeinsame Pause.“Natürlich gebe es Berufe, wie zum Beispiel soziale Dienste, in denen sonntags gearbeitet werden müsse. „Doch allem, was über ein notwendige­s Maß hinaus geht, stimmen wir nicht zu“, sagt Helmer.

Heinz Stinglwagn­er von der City Initiative Augsburg (CIA), die die verkaufsof­fenen Sonntage organisier­t, bezeichnet­e das kürzlich gefallene Urteil als nicht zeitgemäß angesichts der Situation des Handels in der Stadt, der sich der Online-Konkurrenz erwehren müsse.

KAB-Diözesanpr­äses Helmer sieht das anders: „Die Wirtschaft­sverbände und die IHK jammern, dass sie mehr verkaufsof­fene Sonntage wollen. Menschen aus reinem Umsatz-Interesse am Sonntag arbeiten zu lassen, ist aber kein Argument. Das muss ins Bewusstsei­n der Leute.“

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Foto: Alexander Kaya Am Sonntag ganz gemütlich Hemden einkaufen – bei vielen Menschen kommt das gut an. Kritiker sagen dagegen, dass der Konsum auch einmal eine Pause braucht.

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