Neuburger Rundschau

Wo bleibt die Inflation?

Was früher Preise und Löhne steigen ließ, ist ausgehebel­t

- VON ROBERT HALVER rat@augsburger.allgemeine.de

IPreisstei­gerung ch weiß, dass die tatsächlic­he

deutlich höher liegt als die offizielle. Die amtliche hat die Gnade eines Warenkorbs, der unrealisti­sch ist. Aber technisch ist es nicht möglich, eine individuel­le Inflations­berechnung für Frau Müller oder Herrn Meier zu erstellen. Doch dies sollte kein Alibi für Beschönigu­ngen sein, mit denen man die Inflation auf den kleinsten gemeinsame­n Nenner bringt.

Doch selbst die offizielle Inflation müsste höher liegen. Nach der weltweiten Dauerbewäs­serung mit viel billigem Geld, Zentralban­kgeld und dem Dünger einer staatliche­n und privaten Verschuldu­ng sollten die Volkswirts­chaften und deren Inflation gedeihen wie Unkraut im Mai. Gerade in Trump’s Country müssten angesichts einer Vollbeschä­ftigung blühende Landschaft­en anzutreffe­n sein. Weniger florierend ist dagegen die Realität. Amerika wächst im historisch­en Vergleich unterdurch­schnittlic­h und seine Inflation ist homöopathi­sch.

Früher war Inflation eine nationale Angelegenh­eit. Heute hat die Inflations­gleichung viele internatio­nale und technische Nebenbedin­gungen, weil Unternehme­n rund um den Globus produziere­n und standardis­ierte Prozesse digitalisi­ert werden. Und wo sollen da die Lohn-Preis-Spiralen, also das Hochschauk­eln von Löhnen und Inflation, herkommen?

Von Rohstoffen sind ebenfalls keine Preisschüb­e zu befürchten, die wie nach den zwei Ölkrisen 1973 und 1979 zu Inflations­schüben bis sieben Prozent führten und durch tarifliche Lohnerhöhu­ngen ausgeglich­en wurden. Kämen heute die Opec-Länder auf die Idee, Förderkürz­ungen zu beschließe­n, hätten sie an steigenden Preisen nur vorübergeh­end Freude. Denn mit sinkender Gewinnschw­elle würde in den USA „gefrackt“, was die Pumpanlage­n hergeben. Am Ende wäre der Ölpreis wieder unten.

Die Folge: Sogar die Stabilität­swächter der Deutschen Bundesbank formuliere­n mittlerwei­le: „Die Anzeichen für einen nachhaltig­en Umschwung bei der Inflation sind verhalten.“Für mich heißt das: Wo kein Inflations-Richter, da kein Zins-Henker!

Abseits von Inflations-Phantomsch­merzen ist selbst die Fed wenig von einer ausgiebige­n Zinsbehand­lung überzeugt. Abzulesen ist dies an den am US-Finanzmark­t gehandelte­n Wahrschein­lichkeiten von Zinserhöhu­ngen. Demnach wird erst im Frühjahr 2018 mit der nächsten Zinsanpass­ung gerechnet.

 ??  ?? Robert Halver ist Leiter des Bereichs Kapitalmar­kt analyse der Baader Bank und einer der führen den Börsenexpe­rten.
Robert Halver ist Leiter des Bereichs Kapitalmar­kt analyse der Baader Bank und einer der führen den Börsenexpe­rten.

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