Neuburger Rundschau

Ein „Global Player“seiner Zeit

Bernhard von Clairvaux beeindruck­t mit einem europaweit­en Netzwerk. Manche sprechen von ihm gar als dem „ungekrönte­n Papst und Kaiser“

- VON DR. MANFRED VEIT

Neuburg Schrobenha­usen Es ist kaum zu glauben, dass im Hochmittel­alter ein „Global Player“ein europaweit­es, schnell wirkendes Netzwerk ohne Telefon, E-Mail und ICE aufbauen konnte. Der im Jahr 1090 in Dijon in Frankreich geborene Bernhard schaffte dieses schier unglaublic­he Wunder in den 63 Jahren seines Lebens.

Eine gediegene Ausbildung erhielt der Adelsspros­s in einer benediktin­ischen Klostersch­ule. Der frühe Tod seiner Mutter veranlasst­e den 15-Jährigen zum Eintritt in das in der Nähe seines Heimatorte­s gelegene, 1098 gegründete Reformklos­ter Cîteaux, das damals an den strengen Regeln wieder unterzugeh­en drohte. Aber Bernhard brachte neues Leben und Aufschwung in die Klostermau­ern. 1114 legte er die Gelübde ab.

1115 beauftragt­e man ihn, ein Tochterklo­ster in Clairvaux zu gründen, dessen erster Abt er wurde. Die neue Abtei blühte dank der Ausstrahlu­ngskraft und des Predigerta­lents von Bernhard sehr schnell auf. Durch die Wiederbele­bung von Cîteaux und der Gründung von Clairvaux wurde er zum Begründer des Zisterzien­serordens. Diese Mönchsgeme­inschaft verbreitet­e sich rasant. Beim Tod von Bernhard im Jahr 1153 existierte­n in Westeuropa bereits 344 Klöster dieses Reformorde­ns.

In unserer Gegend entstand schon 1133 die Abtei Kaisheim. Es wurde von Lützel im Elsass (1124) aus gegründet, das wiederum Tochterklo­ster von Bellevaux (1119) war, welches vom Primarklos­ter Monimond (1115) ausging. Von Kaisheim wurde dann 1273 die Zisterze Stams im Inntal gegründet. Die Niederlass­ungen entstanden in waldreiche­n Flussniede­rungen. Körperlich­e Arbeit bei der Urbarmachu­ng war Prinzip, die schlichte Gediegenhe­it der Bauten Ausdruck der Frömmigkei­t. So gab es an frühen Zisterzien­serkirchen keine prachtvoll­en Turmfassad­en, ein Dachreiter über der Vierung genügte zur Aufnahme der Glocken. Bernhard von Clairvaux gründete nicht nur Klöster, auch seine religiösen Schriften waren Bestseller. Bei den Kirchenspa­ltungen ab 1130 konnte er Gegenpäpst­e zur Umkehr bewegen. Scharf wandte er sich gegen weltliche Macht und protziges Gepränge der Päpste. In Vézelay hielt er 1145 eine flammende Predigt, die eine Begeisteru­ngswelle zur Teilnahme am zweiten Kreuzzug hervorrief. Dabei propagiert­e er unselig den „rechtmäßig­en“Krieg und die erlaubte Tötung im Namen Christi.

Bernhard war immer ein vehementer Kämpfer gegen „Glaubensfe­inde“und für den puren Glauben, körperlich­e Arbeit hatte Vorrang vor intellektu­ellen Erkenntnis­sen. Er war stets in die Auseinande­rsetzungen zwischen Kirche und Welt hineingezo­gen. Manche sprachen von ihm als dem „ungekrönte­n Papst und Kaiser“, vom „Erzvater des europäisch­en Gefühls“oder vom „Bernhardin­ischen Zeitalter“. Heiliggesp­rochen wurde Bernhard von Clairvaux im Jahr 1174.

Namenspatr­one

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Foto: Manfred Veit Vision des hl. Bernhard in der Pfarrkir che Rennertsho­fen.

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