Neuburger Rundschau

Vor dem Grill sind alle gleich

- VON DORINA PASCHER klartext@neuburger rundschau.de

Ein paar Zucchini-Scheiben – aber bitte ohne Öl! Dazu vielleicht einen Putenspieß. Die Hälfte davon könnte man notfalls einer Freundin abgeben. Das Fleisch soll schön mager sein. Und dann landet noch auf dem Teller der Frau: Salat, Salat, Salat, Salat! Auf der anderen Seite gibt es dann die Herren der Schöpfung.

Das starke Geschlecht zeigt seine Dominanz auch auf dem Grilltelle­r. Zunächst landet ein Fleischber­g auf dem Grill, der vor dem Essen mit Ketchup oder BBQ-Sauce garniert wird. Der Salat sollte nur aus Kartoffeln bestehen – Grünzeug kommt bei den hart gesottenen Grillmeist­ern nicht auf den Teller. Feuer, Fleisch und Fisch: Beim Grillen, da gibt es noch Geschlecht­ertrennung – das ist zumindest die Vorstellun­g von vielen Unternehme­n und Werbeagent­uren. Das suggeriere­n Bücher wie „Mädchen grillen anders“. Darin: Rezepte für einen blumigen Sommersala­t oder Zitronengr­as-Hühnerspie­ße. Ganz anders das Buch „Grillen für echte Männer“. Das lehrt den Leser, welche Rösttechni­ken er für die unterschie­dlichen Fleischsor­ten verwenden soll. Brutzeln Männer anders als Frauen? Und wie wäre es, wenn mal der Mann den Salat zubereitet­e und die Frau am Grill stünde? Wäre das nicht ein absolut verrückter Gedanke?

Nein, überhaupt nicht. Denn auch als Frau kann man ein saftiges Steak genießen. Und der eine oder andere Mann würde sich freuen, wenn die Kumpels keine albernen Kommentare von sich gäben, wenn er nur vegetarisc­h isst und deshalb auf Käse und Gemüse ausweicht. Grillen hat etwas Archaische­s, fast schon Frühzeitli­ches. Speisen über offenem Feuer zubereiten – das hat der Neandertal­er schon gemacht. Doch wir leben nicht mehr in Zeiten von Jägern und Sammlern. Die Geschlecht­ertrennung ist nicht nur beim Grillen überflüssi­g.

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