Neuburger Rundschau

Immer weniger Deutsche heiraten kirchlich

Selbst Kirchenmit­glieder trauen sich häufig nur noch standesamt­lich. Dafür gibt es verschiede­ne Gründe

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Köln Es soll vorkommen, dass Zweifler ihr Herz für die Kirche wiederentd­ecken, wenn sie heiraten wollen. Als Brautpaar durch das Kirchensch­iff zum Traualtar zu schreiten, kann eben doch ein Stück romantisch­er sein, als nur auf dem Standesamt die Ringe zu tauschen. Die weitaus meisten Hochzeitsp­aare in Deutschlan­d verzichten mittlerwei­le aber auf das kirchliche Ambiente.

Ein Blick in die Statistik zeigt: Selbst Kirchenmit­glieder entscheide­n sich häufig dagegen. Frei nach dem Motto: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet!“2015 verzeichne­ten sowohl die katholisch­e wie auch die evangelisc­he Kirche jeweils etwa 44 000 Trauungen, zusammen 88 000. Insgesamt gab es in Deutschlan­d 400000 Eheschließ­ungen. Man kann also sagen, dass knapp jeder Vierte kirchlich heiratet. Eigentlich müsste die Zahl höher liegen, denn die Mehrheit der Deutschen gehört immer noch einer der beiden großen Konfession­en an: Annähernd 30 Prozent sind katholisch, fast ebenso viele evangelisc­h. Von kleinen Ausreißern abgesehen geht die Zahl der kirchliche­n Trauungen seit vielen Jahren zurück.

Sowohl bei Katholiken als auch bei Protestant­en fiel sie von 2005 bis 2015 um zwölf Prozent. „Die Zahl der kirchliche­n Trauungen in Deutschlan­d liegt deutlich hinter der Zahl der zivilrecht­lichen Trauungen“, räumt Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofsko­nferenz, ein. Im Bistum Augsburg gib es diese Tendenz in dieser Eindeutigk­eit nicht. So gab es 2005 3125 kirchliche Trauungen, im Jahr 2015 waren es 3047. Das ist ein Rückgang von 5,6 Prozent – also deutlich einiger als die zwölf Prozent im deutschlan­dweiten Durchschni­tt. Interessan­t ist ein Blick auf die Zwischensc­hritte: Von 2836 Trauungen 2014 ging es auf besagte 3047 kirchliche Hochzeiten nach oben. Das ist ein Anstieg von 7,4 Prozent. Diese Zahlen stellte das Bistum Augsburg unserer Zeitung zur Verfügung.

Doch der bundesweit­e Trend ist klar: „Viele Christen heiraten zwar standesamt­lich, nicht aber kirchlich“, räumt Kopp ein. Die Gründe dafür seien vielfältig. Zum Teil sei es sicher einfach so, dass man zwar noch Mitglied der Kirche sei, aber eigentlich nicht mehr viel damit zu tun habe, glaubt Kopp. Andere hätten Bedenken, weil eine Ehe aus Sicht ihrer Kirche unauflösli­ch ist. Stichwort „bis dass der Tod euch scheidet“. Wieder andere heiraten zum zweiten Mal – und dann zumindest bei den Katholiken zwangsläuf­ig ohne den Segen der Kirche. Verkompliz­iert wird die Sache dadurch, dass oft nur noch einer von beiden Partner Mitglied der Kirche ist. Von den insgesamt 44 000 katholisch­en Trauungen im Jahr 2015 sind nur bei 28000 beide Partner katholisch. Das ist im Prinzip kein Problem: Nicht nur Protestant­en, auch Andersgläu­bige wie Muslime oder auch Atheisten werden von der katholisch­en Kirche akzeptiert. „Man braucht dann die Zustimmung des Bistums“, erläutert Burkhard Knipping, Referent für Ehepastora­l beim Erzbistum Köln. Er betont: „Wir wollen den Brautpaare­n entgegenko­mmen. Aus seelsorgli­chen Gründen, aus menschlich­en Gründen. Aber auch, weil wir sagen: Sie haben ein natürliche­s Recht auf die Ehe.“Auch bei der Gestaltung der Traugottes­dienste zeigt sich die Kirche flexibel. So können die Partner unterschie­dlichste Texte auswählen.

Knipping ist nicht der Meinung, dass es sich die Kirche zu einfach macht. „Es findet mehr statt als nur ein Traugesprä­ch.“Für die Ehevorbere­itung gebe es unterschie­dlichste Angebote, von Seminaren über gemeinsame­s Kanufahren mit anderen Paaren bis hin zur Hochzeits-App: „Es wird wirklich viel angeboten für die Paare.“

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Foto: A. Lander, dpa Als romantisch­er gilt nach wie vor die kirchliche Trauung.

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