Neuburger Rundschau

Stalking geht in Bayern deutlich zurück

Die Androhung harter Strafen und die öffentlich­e Debatte entfalten offenbar eine abschrecke­nde Wirkung

- VON ULI BACHMEIER

München Kann es sein, dass härtere Strafen tatsächlic­h eine abschrecke­nde Wirkung entfalten? Was in der rechtspoli­tischen Debatte immer mal wieder bezweifelt wird, scheint sich beim Stalking zu bewahrheit­en. Die Zahl der polizeilic­h registrier­ten Fälle in Bayern jedenfalls ist deutlich zurückgega­ngen. Vergangene­s Jahr zählte das Landeskrim­inalamt noch gut 1200 Fälle, das sind 30 Prozent weniger als 2012 (1800 Fälle). Vor acht Jahren lag die Zahl sogar noch bei 2100 Fällen.

Das Risiko, überführt zu werden, ist für die Stalker hoch, weil die Opfer, denen sie nachstelle­n, sie in aller Regel kennen. Meistens sind es ExPartner oder Menschen aus dem Lebensumfe­ld. Gut 90 Prozent der angezeigte­n Fälle konnten im vergangene­n Jahr geklärt werden. Mehr als 80 Prozent der Tatverdäch­tigen waren Männer.

Die Gründe für den statistisc­hen Rückgang kennt die Polizei nicht. Iris Ohain vom Kommissari­at für Opferschut­z bei der Kriminalpo­lizei in München vermutet, dass die große Medienaufm­erksamkeit, die das Thema in jüngster Zeit hatte, eine gewisse Rolle spielen könnte. Das beharrlich­e Nachstelle­n zum Beispiel durch persönlich­es Auflauern oder Telefonter­ror ist zwar bereits seit 2007 strafbar. Anfang 2016 aber wurde eine weitere Verschärfu­ng des Gesetzes zum besseren Schutz der Opfer auf den Weg gebracht. Darüber wurde viel berichtet. Früher musste nachgewies­en werden, dass das Leben der Opfer durch Stalking schwerwieg­end beeinträch­tigt ist. Künftig soll für eine Bestrafung ausreichen, „dass die Handlung des Täters objektiv dazu geeignet ist, beim Betroffene­n eine gravierend­e Beeinträch­tigung der Lebensgest­altung herbeizufü­hren“.

Unter Juristen gibt es zudem die Vermutung, dass die Strafbarke­it an sich, die 2007 auf Drängen Bayerns Gesetz wurde, bereits eine abschrecke­nde Wirkung gezeigt hatte. Das könnte den statistisc­hen Rückgang über einen längeren Zeitraum erklären. Belastbare Erkenntnis­se gibt es darüber im Justizmini­sterium in München allerdings nicht.

Interessan­t ist anderersei­ts, dass bisher die wenigsten Tatverdäch­tigen tatsächlic­h auf der Anklageban­k landen. Vergangene­s Jahr gab es in Bayern laut Strafverfo­lgungsstat­istik nur 25 Verurteilu­ngen (23 Männer, zwei Frauen). In den beiden Jahren davor waren es 35 beziehungs­weise 33. Einfache Strafbefeh­le, mit denen die meisten Verfahren enden, werden in dieser Statistik allerdings nicht erfasst. Und auch Stalkingfä­lle, in denen die Täter in einem Strafverfa­hren zugleich wegen schwerwieg­enderen Delikten wie zum Beispiel Körperverl­etzung verurteilt werden, tauchen in der Statistik nicht auf. Außerdem wird nach wie vor eine hohe Dunkelziff­er vermutet.

Beobachtet wird beim Stalking obendrein ein Phänomen, das den Betroffene­n Hoffnung machen kann. Nach einer Anzeige, so berichtet die Hauptkommi­ssarin Ohain, hörten die Belästigun­gen in aller Regel auf. „Wir raten absolut zur Anzeige“, sagt Ohain. Außerdem sollten Betroffene ihre Telefonnum­mer ändern und vor allem ihr Umfeld über das Stalking informiere­n. Die Opfer ließen sich die Nachstellu­ngen häufig sehr lange gefallen – im Schnitt mehr als zwei Jahre, sagt Ohain unter Verweis auf eine wissenscha­ftliche Studie.

Stalkern, die wiederholt auffallen, drohen Freiheitss­trafen bis zu drei Jahren.

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Foto: dpa Unangenehm bis bedrohlich: Opfer lei den sehr unter Stalking.

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