Neuburger Rundschau

Die Frage der Woche In der Landesspra­che bestellen?

- OLRA FINNEGAN MICHAEL SCHREINER

Mon français? Très mal. Aber ein Croissant und einen Café au lait kann ich gerade noch bestellen, wenn ich denn mal am Atlantik sitze. Und Dank meines großen Latinums bekomme ich das vielleicht auch in Italien hin. Mit Händen und Füßen. Wirklich an meine sprachlich­en Grenzen kam ich aber zuletzt während meines ersten Urlaubes in einer Ferienanla­ge. Auf der griechisch­en Insel in der Ägäis war ich umgeben von Deutschen und Schweizern.

Beim Frühstücks­buffet, in der Strandbar, abends im Restaurant

– jeder sprach Deutsch. Und auch von den griechisch­en Kellnern wurde das ganz selbstvers­tändlich erwartet. Manchmal bestellte ich auf Englisch – die Kellner waren sogar dreisprach­ig – aber sie antwortete­n auf Deutsch. Nach zwei Wochen Urlaub kam ich wieder nach Hause und mein neu erworbener Wortschatz belief sich auf: „Kalimera“und „Kalispera“. Guten Morgen, guten Abend – das ist schon fast peinlich. Versucht man in der Landesspra­che zu bestellen, erweist man den Einheimisc­hen Respekt. Kein Kellner wird erwarten, dass wir mit ihm fehlerfrei­en Smalltalk betreiben. Aber er wird sich freuen, wenn wir ein gestammelt­es „Ich hätte gerne…“in der jeweiligen Sprache hervorbrin­gen und mit dem Finger auf die Speisekart­e zeigen. Höchstwahr­scheinlich wird er Lachen und das Gericht korrekt ausspreche­n – für ein bisschen Gute Laune bei der Arbeit.

Mit jedem Tag erweitert sich das Vokabular um ein paar Lebensmitt­el: Fleisch, Fisch, Gemüse – irgendwann verstehen wir auch die Grundbegri­ffe. Bestellen in der Landesspra­che? Si, klaro. Naturaleme­nte! Of course! Und wenn es wirklich gar nicht geht, dann wenigstens auf Englisch. Aber bitte, bloß nicht auf Deutsch. Meist bringt es auch nichts, wenn man die Bestellung lauter und extra-deutlich wiederholt.

Nichts wäre schöner, als beim Luigi von den Antipasti-Pastas über den vino blanco äh bianco della casa bis zu den Exbressos alles multimolto­italienisc­h zu bestellen, gratzieje millo auch. Doch erstens ist Luigi möglicherw­eise Albaner und versteht eh nicht, wie gut du italienisc­h kannst. Und zweitens: Es ist oft einfach eleganter, schlicht nur die Pizza Nummer 7 zu bestellen als eine Kwattro Schtatzion­e, bei der Luigi dann gönnerhaft und mit spitzen Lippen seine Notiz mit einem „sehr gerne“wiederholt.

Es spricht ja nichts dagegen, wenn man mit weltläufig­er Nonchalanc­e in Salzburg ein Seidel Bier bestellt und in Frankreich „un démi“– immer in der Hoffnung, sogleich verstanden worden zu sein. Wenn jetzt bloß keine Nachfrage oder eine Limo kommt... Und überall dort im Ausland, wo man keine dreisprach­ige Karte vorfindet und den Eindruck hat, es geht ohne abenteuerl­iches Abbuchstab­ieren des Gerichts „Callos a la Madrilena“nicht – bitte, niemand soll schließlic­h verhungern. Aber in Aichach oder Pforzheim? Muss ich da den Barista Rüdiger rau anflöten, als wäre Adriano Celantano gerade reingeschn­eit? „Caffe doppio, buongiorno, alora.“Dieses Mimikry-Verhalten gerät entweder vocale daneben oder aber es ist so perfekt, dass man danach schweigen muss, um nicht doch aufzuflieg­en als falscher Celentano, der sich verrät mit einem „Der Kaffee im Tschentral­e isch suppa.“Muss es einem peinlich sein, auf deutsch zu bestellen? Man hat den Eindruck, dass da sehr feine Unterschie­de gemacht werden. Niemand hat den Ehrgeiz, beim Chinesen auf chinesisch zu bestellen. Da reicht es, mit dem Finger auf Seite 14 der Speisekart­e auf die Nummer 389 zu deuten. Aber beim Italiener oder Griechen? „Símera den ypárchoun oúzo ?“Weißt schon, Alexis.

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