Neuburger Rundschau

Der Schrei nach Krippenplä­tzen wird laut

In Neuburg warten derzeit 50 Kinder auf einen Platz in einer der begehrten Einrichtun­gen. Was die Stadt tun will, um dem Notstand zu begegnen

- VON MARCEL ROTHER

Neuburg Ab September wuseln wieder Kinder durch die Räume, krabbeln und quengeln um die Wette und halten Kinderpfle­ger und Erzieherin­nen auf Trab. Das ist Alltag in Kinderkrip­pen. Die Einrichtun­gen sind für viele Eltern eine unverzicht­bare Stütze in der Lebensgest­altung – und dennoch werden einige von ihnen ab September in Neuburg auf sie verzichten müssen. Denn in der Stadt herrscht Krippenpla­tzmangel. Derzeit fehlt rund 50 Kindern für das Jahr 2017/2018 ein Platz. Die Stadt ist alarmiert. Nachdem in den vergangene­n Jahren erfolgreic­h Kindergart­enplätze geschaffen wurden, müssen jetzt Krippenplä­tze entstehen.

„Uns ist klar, dass sich die Fehlplätze im Krippenber­eich massiv erhöht haben“, sagt Matthias Enghuber, Kindergart­enreferent der Stadt Neuburg. Von den aktuell 172 Kinderkrip­penplätzen der Stadt seien derzeit alle belegt, rund 50 Kinder seien für das kommende Jahr leer ausgegange­n. Dagegen will – und muss die Stadt vorgehen. Denn seit 2013 haben Eltern einen Rechtsansp­ruch auf einen Betreuungs­platz für ihre ein- und zweijährig­en Kinder, sollten sie keinen finden, können sie im Zweifel Schadenser­satz einfordern.

Vor zwei Jahren habe die Situation noch ganz anders ausgesehen, sagt Enghuber: „Da hatten wir einen Überhang an Krippenplä­tzen.“Das zeige, wie schwer sich der Bedarf an Krippenplä­tzen planen lasse. Im Gegensatz zu Kindergart­enplätzen, bei denen die Stadt ab Geburt drei Jahre Zeit hat, sich auf den Bedarf einzustell­en und für jedes Neugeboren­e genau einen Kindergart­enplatz plant, verhält es sich bei Krippenplä­tzen komplizier­ter.

„Theoretisc­h könnten die Eltern schon kurz nach der Geburt Bedarf anmelden.“Dabei könne die Stadt nie vorhersehe­n, wie viele Kinder wann geboren werden und wie viele Eltern ihre Kinder ab welchem Alter in eine Krippe geben wollen. In der Vergangenh­eit sei der Prozentsat­z der Kinder, die in eine Krippe kommen, jedoch gestiegen. „Wir rechnen inzwischen grob mit einem Drittel“, sagt Enghuber.

Gründe, warum Eltern ihre Kinder in eine Krippe geben, gibt es viele, sagt Petra Dörr, Leiterin der AWO-Kita Neuburg. „Das können alleinerzi­ehende Eltern sein, Paare, bei denen das Einkommen nicht ausreicht, oder Familien, in denen bewusst beide Partner arbeiten gehen möchten.“Umso größer ist die Enttäuschu­ng, wenn eine Absage kommt. „Manche nehmen es kommentarl­os hin, aber bei einigen bekommt man mit, wie groß die individuel­le Not ist, die dahinterst­eckt“, sagt die Erzieherin. Etwa wenn Paare des Berufs wegen von weit her nach Neuburg gezogen sind, wissen, dass ihre Elternzeit endet, und sie im Umkreis weit und breit niemanden haben, der bei der Kinderbetr­euung einspringe­n könnte.

Um solche Notlagen abzufedern, stünde eine Reihe von Möglichkei­ten zur Verfügung, sagt Enghuber. In dringenden Fällen könnten sich Eltern an den Verein Mobile Familie wenden, der Kinder gegebenenf­alls an die Großtagesp­flege oder an Tagesmütte­r vermitteln könne. „Oft sei den Eltern schon geholfen, wenn sie ihr Kind nur an zwei Tagen abgeben, Teilzeit arbeiten oder etwas erledigen könnten“, sagt Enghuber. Dennoch soll es mittelfris­tig genügend Plätze für alle Kinder geben. Das BRK prüfe derzeit Räumlichke­iten für einen neuen Standort, an dem ab Januar 2018 zusätzlich­e Gruppen starten könnten.

Und auch die Stadt kommt ins Handeln. Sie will ein Kinderhaus bauen, das sowohl Kita wie Krippe sein kann. Als Vorbild dient das Kinderhaus in Ingolstadt. „Geplant ist ein Neubau mit einem flexiblen Raumkonzep­t, das an den jeweiligen Bedarf angepasst werden kann“, erklärt Enghuber. Derzeit befinde man sich in Vorgespräc­hen mit den Stadtwerke­n bezüglich deren Gelände an der Heinrichsh­eimstraße. Angedacht sei ein Bau mit zwei Ebenen und Platz für fünf Gruppen. Über eine entspreche­nde Absichtser­klärung müsse der Stadtrat im Herbst entscheide­n. „Wenn wir Gas geben, könnten wir im Jahr 2020/2021 eröffnen“, sagt Enghuber. Bis es so weit ist, könnten bedarfswei­se einzelne Kindergart­engruppen zu Krippengru­ppen umfunktion­iert werden, etwa bei St. Peter. Aber auch das müsse erst noch geprüft werden.

Insgesamt bezeichnet Matthias Enghuber die aktuelle Situation als Luxusprobl­em. „Seit fünf Jahren verzeichne­t Neuburg einen deutlichen Zuzug, davor hieß es immer, Deutschlan­d stirbt aus.“Im Vergleich mit anderen Regionen, in denen die Entwicklun­g stagniert, sei die Stadt in der glückliche­n Lage, gestalten zu dürfen – mit allen damit verbundene­n Herausford­erungen.

Kindergart­enleiterin Petra Dörr sieht die Stadt in der Pflicht: „Sie ist dafür zuständig, für ausreichen­d Krippenplä­tze zu sorgen.“Dabei solle nicht allein auf die Quantität, etwa in Form von Gruppengrö­ßen, sondern auch auf die pädagogisc­he Qualität geachtet werden.“

„Theoretisc­h könnten die Eltern schon kurz nach der Geburt Bedarf anmelden.“

„Wenn wir Gas geben, könnten wir im Jahr 2020/21 eröffnen.“

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Foto: Julian Stratensch­ulte/dpa Alles belegt. Wer derzeit in Neuburg auf der Suche nach einem Krippenpla­tz für sein Kind ist, bekommt häufig diese Antwort. Die Einrichtun­gen sind voll, Absagen an die El tern sind an der Tagesordnu­ng. Nun will die Stadt reagieren und neue...
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DIENSTAG, 29. AUGUST 2017

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