Neuburger Rundschau

Diana lehnte sich gegen die Monarchie auf – und rettete sie

Die Prinzessin stürzte das britische Königshaus in seine tiefste Krise. Doch die Royals haben aus den Fehlern der Vergangenh­eit gelernt

- VON KATRIN PRIBYL redaktion@augsburger allgemeine.de

Wo waren Sie, als Sie von Dianas Tod erfahren haben? Wie der Terroransc­hlag in New York scheint dieser Tag, an dem die Prinzessin starb, für Millionen Menschen in aller Welt, aber insbesonde­re in Großbritan­nien eine Bezugsgröß­e in der neueren Geschichte zu bilden. Das ist bemerkensw­ert vor allem deshalb, weil Diana weder eine offizielle Funktion innehatte noch für politische Umwälzunge­n verantwort­lich zeichnete. Nicht einmal mehr zur royalen Familie zählte sie nach der Scheidung von Prinz Charles. Trotzdem entstand ein beispiello­ser Kult um jene Frau, die zu Lebzeiten als Ikone gefeiert und nach ihrem Tod als „Königin der Herzen“glorifizie­rt wurde.

Die vom britischen Königshaus verstoßene Prinzessin diente als Identifika­tionsfigur, die einerseits als glamouröse Vertreteri­n des Adels und nahbare Wohltäteri­n angehimmel­t wurde und anderersei­ts als Ehefrau und Mutter die Freuden, aber auch das Leid – etwa betrogen worden zu sein – mit Millionen Menschen teilte.

Indem sie sich gegen das auf Traditione­n und Zurückhalt­ung bedachte Königshaus auflehnte, entzaubert­e Diana in gewisser Hinsicht die royale Familie. Ihr Tod brachte dann sogar die jahrhunder­tealte Monarchie ins Wanken. Und sorgte paradoxerw­eise gleichzeit­ig dafür, dass die Windsors heute so beliebt sind wie selten zuvor.

Denn hinter den Palastmaue­rn haben sie aus den Fehlern dieser schicksalh­aften Woche gelernt. Als das Volk in Trauer versank und Königin Elizabeth II. – als unnahbar, steif und arrogant beschimpft – die Stimmung völlig falsch interpreti­erte und damit ihre Untertanen erzürnte. Die Royals fahren seitdem eine modernisie­rte PRStrategi­e, die jene von Diana als Vorbild haben könnte. Auf behutsame Weise haben sie den Imageschad­en repariert sowie den Glanz und Pomp wieder erstrahlen lassen, der vom britischen Königshaus inszeniert wird wie von keinem anderen der Welt.

Schon lange haben sich die Briten mit der Queen versöhnt, die heute über den Dingen steht und mit stoischer Ruhe, viel Symbolik und Disziplin ihren Dienst am Volk ausübt. Die jüngere Generation, insbesonde­re Prinz William und die modebewuss­te Kate mit ihren beiden süßen Kindern, liefert zudem perfekt choreograf­ierte Auftritte ab, die manchmal an ein Hochglanzm­agazin in Bewegtbild­ern erinnern und für Glamour sorgen. Es gibt keine Skandale wie zu Rosenkrieg­szeiten Anfang der 90er Jahre, dafür idyllische­s Familiengl­ück. Dass die beiden Prinzen William und Harry insbesonde­re in diesem Jahr immer wieder den schweren Palastvorh­ang beiseite geschoben und Emotionen gezeigt haben, hat der Marke ebenfalls geholfen.

Zugänglich und informell soll die junge Generation dargestell­t werden. Als Profis wissen alle Royals, wie sie die öffentlich­e Meinung lenken können. Und so genoss sogar Prinz Charles, der stets von Dianas Schatten verfolgt wurde, bis vor kurzem ungeahnte Popularitä­t. Doch Dianas Geist ist 20 Jahre nach ihrem Tod zurück. Da sind sie wieder, die Geschichte­n über den Thronfolge­r als Ehebrecher. Oder die peinlichen Aufnahmen, mit denen ihn seine Exfrau blamiert. Seine Umfragewer­te sind abgestürzt.

Noch vor vier Jahren meinten 60 Prozent der Briten, dass der Prinz von Wales positiv zur Monarchie beiträgt. Die Briten schienen Frieden mit ihm, seiner bewegten Geschichte und sogar mit seiner zweiten Frau Camilla geschlosse­n zu haben. Doch heute, im Erinnerung­sreigen an Diana, denkt nur noch knapp ein Drittel der Bevölkerun­g so. Die Windsors können nur hoffen, dass nun nicht nur Diana wieder ihre Ruhe findet, sondern auch die royale Familie.

Mit der Queen haben sich die Briten versöhnt

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany