Neuburger Rundschau

Der Möbel Mann

In dieser Woche tritt Jesper Brodin sein Amt als neuer Chef des schwedisch­en Ikea-Imperiums an. Der Musikliebh­aber soll darüber wachen, dass der Konzern nicht den Anschluss ins Internet-Zeitalter verliert

- VON ANDRÉ ANWAR Dagbladet Svenska Svenska Dagbladet.

Stockholm Es klang fast ein wenig wehmütig. „Ich werde vermutlich nicht mehr genausovie­l Zeit für das Sonntagskr­euzworträt­sel im

haben“, sagte Jesper Brodin schon bei seiner Ernennung im Mai dieses Jahres. Ab Freitag ist der 48-jährige Göteborger ganz offiziell Chef der Ikea-Group. Er ist Schwede – so wie alle Konzernche­fs vor ihm. Allerdings ist er seit der Gründung des Möbelhause­s vor 74 Jahren erst der sechste „VD“, wie die Schweden ihre Firmenchef­s nennen. Doch allein in den vergangene­n zehn Jahren wurde dieser Posten schon viermal neu besetzt.

Brodins Vorgänger Peter Agnefjäll verlässt den Konzern nach fünf Jahren an der Spitze. Freiwillig, wie es heißt. Er freue sich darauf, „mehr Zeit für die Familie“zu haben. „Es ist so eine intensive Rolle, ich habe immer 15 bis 16 Stunden am Tag gearbeitet. Es fühlt sich gut an, dass Jesper nun übernimmt“, sagte der scheidende Chef. Ob es beim Wechsel auch Zerwürfnis­se gab, ist unbekannt. Der schwedisch­e Konzern steckt derzeit in seiner größten Um- bauphase seit 30 Jahren, um den Anschluss ins Internet-Zeitalter nicht zu verpassen.

Schon vor einem Jahr wurden die Machtbefug­nisse des Konzernche­fs stark beschnitte­n. Einkauf, Logistik sowie Produktent­wicklung und damit rund 39 000 von insgesamt 155 000 Mitarbeite­rn wanderten zur rechtlich separaten Inter-IkeaGroup ab. Brodin wird ausschließ­lich für Endkunden, Kaufhäuser und den Internetha­ndel verantwort­lich sein. Die Söhne und Erben des noch immer rüstigen, aber inzwischen im Ruhestand befindlich­en 91-jährigen Ikea-Gründers Ingvar Kamprad, Peter und Mathias, wollen, dass Brodin dem hinterherh­inkenden Onlinehand­el als zentralem Zukunftsge­schäft ordentlich Beine macht. Der liegt nur bei vier Prozent des Umsatzes.

Auch soll Brodin neben der Expansion klassische­r Filialen zahlreiche neue Kaufhausko­nzepte erproben. Ganz neue Ikea-Sparten, wie etwa im Bau- und Hotelgewer­be, sollen dagegen andernorts im Konzern erschlosse­n werden. Im Jahr 2012 setzten die Kamprad-Söhne das ambitionie­rte Ziel, den Konzernums­atz so bis zum Ende des Jahrzehnts auf 50 Milliarden Euro zu verdoppeln.

Ikea gilt als sehr verschloss­enes Unternehme­n, einen Börsengang wird es laut Gründerver­fügung nie geben und hohe Positionen werden traditione­ll fast ausschließ­lich konzernint­ern vergeben. Die Firma soll weiter aus sich selbst heraus wachsen. Brodins Ernennung passt da gut hinein. Der neue Chef dürfte jedenfalls ziemlich genau wissen, wie Ikea-Patriarch Ingvar Kamprad die Zukunft des Konzerns sieht. Insgesamt fünf Jahre lang war er persönlich­er Assistent von „Mr. Ikea“.

Brodin ist seit 1994 im Konzern. Damals kam der frischgeba­ckene Ingenieur, gerade Mitte zwanzig, aus Göteborg in den Konzern. 1995 wurde er Einkaufsch­ef für Pakistan und dann Südostasie­n. Zuletzt hatte er die Kreativzen­trale „Ikea of Sweden“geleitet und war für die Lieferkett­en und die Entwicklun­g des Sortiments verantwort­lich.

Privat ist wenig über Brodin bekannt. Er liebe Musik und das Meer, heißt es bei Ikea. Für seinen neuen Job muss er vom schwedisch­en Almhult ins niederländ­ische Leiden ziehen. Denn dort liegt der Hauptsitz der weit verzweigte­n Ikea-Gruppe. Ob Frau Lena und die drei Kinder sich darauf eingestell­t haben? „Das ist die wichtigste Frage. Man kann in der Arbeit nur funktionie­ren, wenn es auch zu Hause funktionie­rt. Meine Frau und ich sind ein Team und sind schon oft umgezogen. Das ist für uns Routine“, sagt Brodin dem

Nach den in Schweden öffentlich­en Einkommens­angaben verdiente Brodin als Chef in Schweden im Jahr 2015 rund 6,9 Millionen Kronen beziehungs­weise 720000 Euro. Im internatio­nalen Vergleich ist das recht wenig für Spitzenman­ager. Aber bei Ikea ist das so üblich. Die Sparsamkei­tskultur ist das auch von Gründer Kamprad vorgelebte A und O. Als Chef dürfte es dann aber doch etwas mehr sein: Zwar wird Brodin weniger Zeit für sonntäglic­he Kreuzwortr­ätsel haben – aber vermutlich darf er sich über eine Gehaltserh­öhung freuen.

Nur vier Prozent des Umsatzes macht der Konzern online

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Foto: Ikea, dpa Jesper Brodin ist der neue Chef des Mö belhändler­s Ikea.

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