Champions können Monster werden
Die Etihad-Scheichs aus Abu Dhabi zeichnen sich durch ein feines Gespür für deutsche Gepflogenheiten aus. So haben die Großaktionäre zum für sie perfekten Zeitpunkt ihren Schützling Air Berlin hart fallen lassen. Denn mitten im Bundestagswahlkampf überbieten sich Politiker von Union und SPD derzeit in der Fürsorge für die rund 8500 Beschäftigten der Pleite-Airline. Das ist in Ordnung, auch wenn sich die Frage aufdrängt, weshalb sich die Volksvertreter einst nicht mit ähnlichem MegaElan für von der Schlecker-Pleite bedrohten Frauen eingesetzt haben.
Damals im Januar 2012 war die nächste Bundestagswahl noch weit weg. Doch jetzt mischen sich die Politiker – darunter führende Köpfe wie Dobrindt, Zypries und Seehofer – sogar in den Verkaufsprozess ein. In schöner großkoalitionärer Eintracht lassen sie alle keinen Zweifel daran, vor allem der Lufthansa möglichst große Teile der Air–Berlin-Hinterlassenschaft zu gönnen. So soll ein deutscher Champion geformt werden.
Wer kann hierzulande schon etwas gegen einen Champion haben, zumal einen deutschen. Daher kommt Kritik an der massiven und ordnungspolitisch äußerst problematischen Einmischung der Politik in die freie Wirtschaft vor allem aus dem Ausland. Auch deutsche Veteranen eines liberalisierten Luftverkehrs wie Wöhrl mucken wohltuend auf. Am heftigsten zur Wehr setzt sich jedoch Ryanair-Chef O’Leary. Er warnt davor, die Lufthansa werde auf innerdeutschen Strecken ein den Markt übermäßig beherrschendes „Monster“.
Auch wenn die Wortwahl des Ryanair-Iren wie immer überzogen ist, hat er doch im Kern recht. Wenn sich die Politik durchsetzt, schluckt die Lufthansa besonders lukrative Teile von Air Berlin und beherrscht den Heimatmarkt in einer inakzeptablen Weise. Das würde das Rad der Liberalisierung des Luftverkehrs zurückdrehen und zu deutlich steigenden Preisen für Fluggäste führen. Denn Champions nutzen ihre Position kalt aus.
Aber so muss es nicht kommen. Wenn die Wahl vorbei ist, könnten Kartellhüter Auflagen gegen eine Bevorzugung der Lufthansa erlassen. Sie würden den Hobby-Piloten aus der Politik Grenzen aufzeigen.
Denen wird das dann egal sein. Die Wahl ist gelaufen. Wie sagte CDU-Kanzler Adenauer einst: „Es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden.“Dennoch: Die meisten Wähler fliegen gerne günstig.