Neuburger Rundschau

Guttenberg ist einen Abend lang zurück

Der einstige Polit-Star macht Wahlkampf für die CSU. Was danach kommt, ist nicht nur der Kanzlerin ein Rätsel

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Kulmbach Als die Kulmbacher Stadthalle die Tore öffnet, geht Andreas Spreng als einer der Ersten rein. „Welcome in Bavaria Karl Theodor“steht auf der Vorderseit­e eines selbst geschriebe­nen Plakats des 81-Jährigen für den aus den USA eingefloge­nen Stargast. Die bis zur Plagiatsaf­färe verbreitet­e Guttenberg-Euphorie ist zurück – zumindest hier in Kulmbach, wo der Ex-Verteidigu­ngsministe­r für mehrere Termine wieder aktiv in den Wahlkampf einsteigt.

1100 Menschen sind gekommen, darunter Karl-Theodor zu Guttenberg­s Frau Stephanie und sein Vater, der Dirigent Enoch zu Guttenberg. Eine große Bühne, die der ehemalige Minister zu nutzen weiß. Statt sich hinters Rednerpult zu stellen, läuft er über die Bühne. Warum? Er stehe bewusst vor und nicht hinter dem Rednerpult, sagt er. Er wolle nicht Gefahr laufen, eine „abgeschrie­bene Rede“vorzutrage­n. Kokett. Doch es kommt an. Obwohl Guttenberg mit dem Thema, das ihn 2011 zum Rücktritt zwang, spielt, hat er genug davon. „Ich habe alle Konsequenz­en gezogen und getragen“, sagt der 45-Jährige. Nun dürfe er sagen: „Jetzt ist auch mal irgendwann gut.“

Dass er Menschen begeistern kann, wird schnell klar. Eine Stunde und 20 Minuten dauert seine Rede. Guttenberg spricht überwiegen­d über Außen- und Sicherheit­spolitik. Über US-Präsident Donald Trump zum Beispiel. Er wirbt um gute Beziehunge­n zu den USA: „Nicht ganz Amerika besteht aus blonden Wüterichen“, sagt er. Türkei, Nordkorea, Flüchtling­skrise, Europa – Guttenberg spricht mal ernsthaft, mal witzelt er. Die Rede ist mit vielen politische­n Kalauern gespickt: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) nennt er „Gazprom-Gerd“– und spielt auf sein Engagement bei der russischen Ölfirma Rosneft mit den Worten „Alte Liebe Rosneft nicht“an. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bezeichnet er als einen „Dickmops“. Immer wieder gibt es langen Applaus.

Das dürfte CSU-Chef Horst Seehofer freuen. Der profitiert von der Aufregung um den einstigen Hoffnungst­räger. Schließlic­h wird immer wieder über sein Comeback spekuliert. Guttenberg selbst äußert sich dazu nicht. Seehofer dagegen macht keinen Hehl daraus, dass er sich „KT“zurückwüns­cht. Sogar Kanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht über die Rückkehr des verlorenen CSU-Sohnes: „Ich freue mich, dass Karl-Theodor zu Guttenberg im Bundestags­wahlkampf einige Veranstalt­ungen macht“, sagte sie jüngst. Wie er sich seine Zukunft vorstelle, wisse sie aber nicht. Guttenberg erwidert diese Sympathie – mehrfach lobt er die Kanzlerin in Kulmbach.

Unter den Zuhörern in Kulmbach ist auch Ex-Bundesinne­nminister Hans-Peter Friedrich. Der Oberfranke ist unter den Guttenberg-Befürworte­rn lange der größte Drängler gewesen, was ein Comeback angeht. Doch an diesem Abend hält er sich zurück. „Wir machen hier Wahlkampf“, sagt er nur knapp. An den Kulmbacher­n würde ein Comeback nicht scheitern. Im Gegenteil. Doch ob er „seinen“Franken den Gefallen einer Rückkehr tun wird? Es klingt nicht so. Er habe nicht die Hände in den Schoß gelegt, sondern sich in den USA etwas aufgebaut, sagt Guttenberg. Die Bundestags­wahl werde er in seiner Wahlheimat am Fernseher verfolgen – nach dem Auftritt in Kulmbach dürften die Rufe nach seiner Mitarbeit in der CSU allerdings nicht weniger werden. Diesen Sommer wollte die Bahn zwischen Dinkelsche­rben und Gabelbach (Landkreis Augsburg) auf 5,4 Kilometern Länge ein Gleis erneuern. Die Bauarbeite­n enden nun eine Woche früher als geplant. Der Grund dafür ist die Großbauste­lle bei Rastatt, wo kürzlich ein Tunnel abgesackt ist. Die Rheintalba­hn, eine der wichtigste­n Bahntrasse­n Europas, ist deshalb noch bis 7. Oktober gesperrt. Die Bahn braucht deshalb auf den anderen Strecken mehr Kapazitäte­n für Güterzüge. Ein Teil davon soll kommende Woche auf der Strecke Ulm–Augsburg fahren.

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Foto: Ebener, dpa „Wir brauchen dich“, flehten viele Kulm bacher Guttenberg an.

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