Neuburger Rundschau

Ehrlichkei­t rettet Frau vor Haftstrafe

Eine 45-jährige Frau hat bei einer Neuburger Firma rund 250000 Euro veruntreut. Warum das Landgerich­t Ingolstadt sie trotzdem nur zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt

- VON GALINA BAUER

Neuburg Wer Gelder in Höhe einer sechsstell­igen Summe veruntreut, der muss normalerwe­ise mit einer Gefängniss­trafe von bis zu zehn Jahren rechnen. Im Februar diesen Jahres verurteilt­e das Amtsgerich­t Neuburg deshalb eine 45-jährige Angeklagte zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitss­trafe. Sie hatte zwischen Januar 2011 und März 2013 nachweisli­ch Gelder in Höhe von rund 250 000 Euro von einer Neuburger Firma unterschla­gen (wir berichtete­n). Mit dem Urteil des Amtsgerich­ts war die Neuburgeri­n nicht einverstan­den und ging daher am Landgerich­t Ingolstadt in Berufung – und tatsächlic­h kam sie diesmal besser weg als zuvor.

Die Mutter von drei Kindern war seit 2008 bei dem Neuburger Betrieb angestellt und dort für das Begleichen von Rechnungen verantwort­lich. Richter Thomas Denz berichtete, dass sie in einem Zeitraum von zwei Jahren insgesamt 165 Überweisun­gen auf ihr eigenes Konto tätigte. Die Beträge lagen zwischen 500 und 3500 Euro. Als „Hämmer“und „Highlights“bezeichnet­e Denz die besonders „teuren“Monate – bis zu 18000 Euro hatte die Angeklagte ihrem Chef abgezwackt. Die Frau gab das Geld für Kosmetika und andere Luxusgüter aus, die sie letztendli­ch überhaupt nicht benutzte. Von einem Teil der veruntreut­en Summe ließ sie sich auch ihre Brüste vergrößern. Wie sie diesmal aussagte, tat sie dies aber nicht aus ästhetisch­en Gründen, sondern weil sie an Brustkrebs erkrankt war.

Aufgefloge­n war die Angeklagte – wie sich schon im Laufe der Verhandlun­g am Neuburger Amtsgerich­t herausgest­ellt hatte –, als eine Kollegin im Jahr 2013 Ungereimth­eiten auf den Firmenkont­en feststellt­e. Daraufhin hat die 45-Jährige ihrem Arbeitgebe­r gestanden, Gelder veruntreut zu haben. Er entließ sie zunächst nicht, wollte aber, dass sie den Schaden abarbei- tet. Als die 45-Jährige versproche­ne Rückzahlun­gen nicht mehr überweisen konnte, stellte ihr Arbeitgebe­r Strafanzei­ge. Am Amtsgerich­t hatte die Angeklagte zwar die Transaktio­nen auf ihr eigenes Konto gestanden, warf ihrem Chef jedoch gleichzeit­ig vor, dass er selbst ebenfalls einige Vorschrift­en missachten würde. Auch behauptete sie im Februar vor Gericht, dass sie eine Affäre mit ihrem Chef gehabt hätte, im Zuge derer er ihr einige Überweisun­gen erlaubt hätte. Diese Behauptung zog sie gestern zurück. Eine Affäre habe es nie gegeben, versichert­e sie dem Firmeninha­ber und seiner Ehefrau. Auch alle anderen Anschuldig­ungen nahm sie zurück. „Das ist schön, dass es dazu kommt“, sagt der Geschädigt­e.

Die 45-Jährige erhielt von Richter Thomas Denz am Ende zwei Jahre auf Bewährung. „Sie sind eine absolute Ausnahme“, sagte der Richter und fügte noch hinzu: „Und das hat nichts mit Gnade zu tun.“Er begründete sein Urteil damit, dass die Frau geständig gewesen sei, Reue gezeigt und sich entschuldi­gt habe. Berücksich­tigt wurde auch, dass die Angeklagte vor der Tat eine schwere Zeit durchlebt hatte: Innerhalb kürzester Zeit erkrankte sie zweimal an Krebs und hatte zwei kleine Kinder zu versorgen. Als ihr Ehemann 2014 einen Unfall hatte, war sie nicht mehr in der Lage, ihre Schulden zu begleichen. Auch rechnete der Richter der Neuburgeri­n an, dass sie bis zur Verhandlun­g bereits gut 122 000 Euro zurückgeza­hlt hat – obwohl die 45-Jährige aus bürgerlich­en Verhältnis­sen komme. Im Mai hatte sie sich mit dem Geschädigt­en darauf geeinigt, monatlich 1300 Euro zurückzuza­hlen. Diese Bemühungen unterschei­deten sie von anderen Straftäter­n, erklärte Denz weiter. „Sie haben zwei kleine Kinder und zwei Jobs. Von Anfang an haben sie Verantwort­ung übernommen. Das waren alles nicht nur Lippenbeke­nntnisse.“

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