In der „Kiste“darf weiter gestöbert werden
Christa Schmidl wollte nicht, dass der Secondhand-Shop in Neuburg nach 30 Jahren dichtmacht. Sie übernimmt den Laden und hofft nun mit einem neuen Namen und einem neuen Konzept auf eine bessere Zukunft. Was sich ändern wird
Neuburg Wenn Christa Schmidl eine Jacke kaufen möchte, kommt es schon mal vor, dass sie mit zwei nach Hause kommt – das Doppelte bezahlt hat sie aber nicht. Wie das geht? „Na ich schau einfach in einen Secondhand-Shop“, sagt die 55-Jährige und freut sich, als hätte sie soeben ein Schnäppchen ergattert. Sie geht nicht in irgendeinen Laden, sondern in die Stöberkiste in Neuburg. Und das schon sehr lange. Vor einigen Wochen hat die ehemalige Besitzerin den Laden geschlossen. Zuletzt sei das Geschäft gar nicht mehr so gut gelaufen, erzählt Christa Schmidl. Und dennoch hat sie sich entschlossen, den Laden zu übernehmen. Denn für sie ist der Secondhand-Shop mehr als ein Kleidergeschäft.
„Die Stöberkiste ist in Neuburg eine Institution“, schwärmt die 55-Jährige und erzählt, dass sie Kundin erster Stunde gewesen sei. Vor 30 Jahren eröffnete der Laden in der Ostermannstraße. Damals sei die Innenstadt Neuburgs noch belebter gewesen als heute, erinnert sich Christa Schmidl. Auch die Nachfrage im Secondhand-Laden sei groß gewesen, sodass seine erste Besitzerin größere Räume in der Kolpingstraße anmieten musste. Einen weiteren Umzug und drei Besitzerwechsel später befindet sich die Stöberkiste in der Adlerstraße. Nun ist Christa Schmidl dran. „Ich hätte die Stöberkiste viel früher übernommen, allerdings wurde ich nie gefragt“, bedauert die Neuburgerin und fügt hinzu: „Ich glaube nicht daran, dass Secondhand überflüssig ist. Deshalb möchte ich den Versuch wagen.“Das tut sie nicht nur, um ihre Stöberkiste zu retten – ihr liegt auch daran, dass nicht ein weiteres Geschäft leer steht.
Ändern möchte der selbst ernannte Secondhand-Junkie im Laden einiges. Die Ware bleibt auf Kommission, allerdings werden in Zukunft 50 Prozent des Verkaufserlöses an den Besitzer gehen – bisher waren es 40 Prozent. Sollte das Lager zu voll werden, möchte Schmidl Rabattaktionen einführen. „Der ehemalige Besitzer der Kleidung verdient aber trotzdem noch daran“, versichert die Neuburgerin. Neben Babykleidung, Kinderwagen und Kommunionkleidung bietet die 55-Jährige auch Mode in Übergrößen und Markenprodukte an.
Bevor es losgeht, hat Christa Schmidl den Laden renoviert. Nun besticht der Secondhand-Shop im „Shabby Chic“-Stil. Die Einrich- tung besteht aus Möbeln mit Gebrauchspuren sowie Lampen und Vasen aus Flohmarktverkäufen. Die Farben der Wände und Gegenstände sind sanft oder gar verblichen. „Das ist eben modern“, beteuert Christa Schmidl. Modern soll auch der Name sein. Wochenlang hat die Neuburgerin sich Gedanken gemacht. Aus Stöberkiste ist schließlich Bellissima geworden. Dieser Begriff ist italienisch und bedeutet so viel wie „wunderschön“– der Name ist in der Adlerstraße 240 nun Programm.
Für Christa Schmidl ist das Stöbern eine schöne Sache. Dasselbe gilt auch für die Klamotten. „Secondhand hat nichts mit einem Wühltisch zu tun“, sagt die 55-Jährige mit Nachdruck. Das seien gut erhaltene Textilien zu einem guten Preis. Außerdem helfe man auf diese Weise der Umwelt. „Wir können nicht nur viel über Nachhaltigkeit sprechen und bei der Kleidung hört es dann auf“, mahnt die 55-Jährige und versucht auf diese Weise, ihren Beitrag zu leisten – obwohl sie bisher keinerlei Erfahrung im Einzelhandel hat.
Christa Schmidl hatte einst eine Ausbildung als Industriekauffrau absolviert. Sie bekam zwei Kinder und half nebenbei in Arztpraxen aus. Seit vier Jahren ist sie Großmutter. Ihr Leben lang war sie für andere da, jetzt hat sie die Chance ergriffen, sich selbst zu verwirklichen. Die 55-Jährige freut sich sichtlich über ihre neue Lebensaufgabe. „Manche sagen mir, dass ich verrückt sei, den Laden zu übernehmen. Doch das ist schon immer mein Traum gewesen.“
OEröffnung Am Samstag, 2. September, um 9 Uhr öffnet der Secondhand Shop Bellissima in der Adlerstraße 240 in Neu burg. Die regulären Öffnungszeiten sind Montag bis Samstag, 8 bis 12.30 Uhr und 14 bis 18 Uhr (außer mittwochs und samstags).