Macrons Gesellenstück
Unter der zunehmenden Zahl der Kritiker von Emmanuel Macron sind viele, die vor allem ein Zug an Frankreichs jungem Präsidenten stört: seine überbordende Selbstsicherheit, gepaart mit enormen Ambitionen. Doch ohne diesen Ehrgeiz wäre ihm sein rasanter Aufstieg an die Spitze des Landes nicht gelungen.
Und mit demselben Schwung versucht er, Frankreich nun zu modernisieren. Er setzt dort an, wo er die größte Schwachstelle ausgemacht hat: am Arbeitsmarkt mit seinen starren Regeln. Diese schützen zwar die Beschäftigten mit fester Anstellung. Aber all jene, die keinen oder nur einen befristeten Job haben, bleiben außen vor, weil Unternehmen in unsicheren Zeiten mit der Vergabe dauerhafter Verträge zögern.
Die nötige Flexibilität sollen sie nun bekommen. Es gilt, Investoren anzuziehen und die hohe Arbeitslosigkeit zu senken, ohne dass dies zu einem massenhaften Anstieg prekärer Anstellungsverhältnisse, zum Ausverkauf sozialer Rechte und zur Entmachtung der Gewerkschaften führen darf.
Einige Arbeitervertreter haben Widerstand angekündigt, ebenso der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon. Doch aufeinander abgestimmt sind die Protestaktionen offenbar nicht. Es erscheint fraglich, ob es zu einer großen Gegenbewegung und einem heißen Herbst kommt. Davon wird abhängen, ob Macron und seine Regierung weiter an Zustimmung verlieren.
Die Arbeitsmarktreform ist Macrons Gesellenstück. Sie stand im Zentrum seiner Wahlkampagne, auf dieser Basis wurde er gewählt. Zu Recht will er nun keine Zeit verlieren, denn es dürften mindestens eineinhalb Jahre vergehen, bis die erhofften positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, auf das Wachstum und auf die Stimmung in der Wirtschaft spürbar werden. Dann entscheidet sich, ob Macron ein guter Präsident ist, der Frankreich für die Zukunft aufstellt.