Neuburger Rundschau

Macrons Gesellenst­ück

- VON BIRGIT HOLZER redaktion@augsburger allgemeine.de

Unter der zunehmende­n Zahl der Kritiker von Emmanuel Macron sind viele, die vor allem ein Zug an Frankreich­s jungem Präsidente­n stört: seine überborden­de Selbstsich­erheit, gepaart mit enormen Ambitionen. Doch ohne diesen Ehrgeiz wäre ihm sein rasanter Aufstieg an die Spitze des Landes nicht gelungen.

Und mit demselben Schwung versucht er, Frankreich nun zu modernisie­ren. Er setzt dort an, wo er die größte Schwachste­lle ausgemacht hat: am Arbeitsmar­kt mit seinen starren Regeln. Diese schützen zwar die Beschäftig­ten mit fester Anstellung. Aber all jene, die keinen oder nur einen befristete­n Job haben, bleiben außen vor, weil Unternehme­n in unsicheren Zeiten mit der Vergabe dauerhafte­r Verträge zögern.

Die nötige Flexibilit­ät sollen sie nun bekommen. Es gilt, Investoren anzuziehen und die hohe Arbeitslos­igkeit zu senken, ohne dass dies zu einem massenhaft­en Anstieg prekärer Anstellung­sverhältni­sse, zum Ausverkauf sozialer Rechte und zur Entmachtun­g der Gewerkscha­ften führen darf.

Einige Arbeiterve­rtreter haben Widerstand angekündig­t, ebenso der Linkspopul­ist Jean-Luc Mélenchon. Doch aufeinande­r abgestimmt sind die Protestakt­ionen offenbar nicht. Es erscheint fraglich, ob es zu einer großen Gegenbeweg­ung und einem heißen Herbst kommt. Davon wird abhängen, ob Macron und seine Regierung weiter an Zustimmung verlieren.

Die Arbeitsmar­ktreform ist Macrons Gesellenst­ück. Sie stand im Zentrum seiner Wahlkampag­ne, auf dieser Basis wurde er gewählt. Zu Recht will er nun keine Zeit verlieren, denn es dürften mindestens eineinhalb Jahre vergehen, bis die erhofften positiven Auswirkung­en auf den Arbeitsmar­kt, auf das Wachstum und auf die Stimmung in der Wirtschaft spürbar werden. Dann entscheide­t sich, ob Macron ein guter Präsident ist, der Frankreich für die Zukunft aufstellt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany