Das zweite Leben der Kultmarken
Viele deutsche Elektronik-Firmen sind vor Jahren untergegangen. Doch für manche gab es eine unverhoffte Rettung
Berlin Ingenieure von Telefunken haben in den sechziger Jahren das Farbfernsehen entscheidend mitentwickelt. Dem Team um Telefunken-Veteran Walter Bruch gelang es damals, PAL als dritten Weltstandard für das Farbfernsehen zu etablieren. Doch ausgerechnet mit dem Farbfernseher begann der Abstieg der deutschen Traditionsmarke, die auf den Befehl von Kaiser Wilhelm II. gegründet worden war. Es fehlte das Kapital und das unternehmerische Geschick, um mit aufsteigenden Marken aus Asien mitzuhalten.
In den Achtzigerjahren wurde die Telefunken AG fast vollständig zerschlagen. Die Markenrechte landeten kaum mehr beachtet bei der Daimler AG. 2007 startete der Investor Hemjö Klein einen spektakulären Versuch, der Marke neues Leben einzuhauchen. Der ehemalige Bahn-Vorstand kaufte die Rechte, um Elektronik unter dem Namen Telefunken anbieten zu können.
Der Wiederbelebungsversuch verlief allerdings zunächst ziemlich holprig. Hartmut Esslinger, der einst mit seiner Firma frog Design wichtige Produkte für Apple entwickelt hatte, zog sich schon nach einem Jahr enttäuscht aus dem Projekt zurück. Doch auch ohne eine aktive Mitarbeit des Stardesigners erschienen in den Elektrofachmärkten dann wieder Produkte unter der Marke Telefunken. Allerdings gibt es kein zentrales Telefunken-Werk mehr in Deutschland oder sonstwo, sondern ein Lizenzgeschäft mit ganz unterschiedlichen Partnern.
Die Telefunken-Fernseher, die auf der IFA 2017 mit aktueller 4K-Technik zu sehen sind, stammen vom türkischen Konzern Vestel, einem der größten Produzenten im Bereich Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte weltweit. Vestel bietet aber auch Haushaltsgroßgeräte – also Kühlschränke, Waschmaschinen und anderes – unter dem Namen Telefunken an. Die SB-Warenhauskette Real zeigt in diesem Jahr unter dem Berliner Funkturm Lautsprecher und DABplus-Radios mit dem Telefunken-Logo. Und aus Baden-Württemberg segelt die Karcher AG unter der TelefunkenFlagge und zeigt neue E-Bikes.
Die Lizenz-Partner profitieren dabei von der immer noch erstaunlich hohen Bekanntheit der Marke. Auch über 30 Jahre nach dem Untergang können heute drei von vier Menschen in Deutschland etwas mit diesem Markennamen anfangen, bekräftigt das Unternehmen.
Neben Telefunken gibt es eine lange Reihe von Elektronik-Unternehmen aus Deutschland, die einst
Grundig rutschte 2003 in die Insolvenz
weltweit Akzente gesetzt haben, dann aber in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. So beantragte Loewe im Herbst 2013 Insolvenz in Eigenverwaltung und gehört inzwischen der deutschen Investorengruppe Stargate. Auf der IFA versucht Loewe, mit futuristisch designten OLED-Fernsehern im oberen Marktsegment zu punkten.
Der einstige Elektronik-Riese Grundig rutschte nach einem jahrelangen Niedergang im Jahr 2003 in die Insolvenz und wurde zerschlagen. Auch hier überlebte immerhin der Markenname. Seit 2007 gehört Grundig zur türkischen Holding Koç, die mehrheitlich den Haushaltsgeräte-Hersteller Arçelic hält. In Nürnberg blieben zunächst noch Verwaltung, Planung und Logistik. Vor einem Jahr wurde aber auch der Grundig-Stammsitz in Nürnberg aufgegeben. Den verbliebenen 72 Mitarbeitern wurde angeboten, nach Neu-Isenburg in Hessen umzuziehen, wo die türkische Grundig-Mutter ihre Deutschland-Aktivitäten bündelt. In Nürnberg hatten einst bis zu 39 000 Menschen für Grundig gearbeitet.
Grundig will auf der IFA 2017 ebenfalls mit einem OLED-Fernseher punkten. Ähnlich wie bei Telefunken findet man unter der Marke Grundig aber inzwischen auch „weiße Ware“, also Waschmaschinen, Kühlschränke, Staubsauger sowie große und kleine Geräte für die Küche.