Neuburger Rundschau

Ist unser Klima noch zu retten?

Forscher Stefan Rahmstorf erklärt, warum Überflutun­gen wie nach Sturm „Harvey“in den USA oder nach dem Monsun in Indien in Zukunft wohl häufiger auftreten werden

- Warum? Interview: Sandra Liermann

In Houston sind innerhalb weniger Tage mehr als 1000 Liter Regen pro Quadratmet­er gefallen. Wie viel ist das? Stefan Rahmstorf: So viel Regen entspricht einer mehr als einen Meter hohen Wasserschi­cht. Normalerwe­ise messen wir Starkregen­ereignisse in einigen zehn Millimeter­n, nicht in Metern. Während Sturm „Harvey“ist innerhalb weniger Tage die Regenmenge gefallen, die in Berlin in zweieinhal­b Jahren runterkomm­t. Solche Regenmenge­n gab es in den USA noch nie. Deswegen mussten sogar neue Farben bei den Vorhersage­karten eingeführt werden.

Hat der Klimawande­l diese Katastroph­e ausgelöst?

Rahmstorf: Generell kann man nicht sagen, dass allein der Klimawande­l Schuld ist. Es kommen bei solchen extremen Wettererei­gnissen immer mehrere Faktoren zusammen. Letztlich beeinfluss­t der Klimawande­l aber alle Wettererei­gnisse auf die eine oder andere Art. Bei extremen Regenereig­nissen kann man davon aus- gehen, dass sie durch die globale Erwärmung stärker werden.

Rahmstorf: Warme Luftmassen können mehr Feuchtigke­it aufnehmen und diese dann auch abregnen. Das ist ein einfacher physikalis­cher Effekt. Außerdem beobachten wir in einer weltweiten Auswertung von Niederschl­agsdaten, dass Extremrege­n, insbesonde­re Tagesrekor­de bei den Niederschl­ägen, seit etwa 1990 signifikan­t immer häufiger auftreten – außerhalb der Schwankung­sbreite, die noch durch Zufall erklärbar wäre.

Wird es also in Zukunft öfter zu solchen Wetterkata­strophen kommen? Rahmstorf: Davon ist auszugehen. So lange die globale Erwärmung weitergeht, so lange werden auch solch extreme Niederschl­äge zunehmen.

Meinen Sie, dass ein Ereignis wie „Harvey“auch Leugner des Klimawande­ls wie US-Präsident Donald Trump überzeugen kann?

Rahmstorf: Da habe ich wenig Hoff- nung. Nach 25 Jahren Erfahrung bin ich zu der Überzeugun­g gelangt, dass die Leugner des menschenge­machten Klimawande­ls faktenresi­stent sind.

Auch in Indien, Nepal und Bangladesc­h stehen derzeit weite Teile unter Wasser. Grund ist der heftige Monsun – eine Folge der Erderwärmu­ng? Rahmstorf: Klimamodel­le haben vorhergesa­gt, dass durch den Klimawande­l die Intensität des Monsuns steigen wird. Wie schon erklärt, kann warme Luft mehr Wasser aufnehmen. Beim Monsun kommt hinzu, dass er vom Temperatur­kontrast zwischen Land und Meer angetriebe­n wird. Im Sommer ist das Land wärmer, da steigt Luft auf und saugt feuchte Luftmassen vom Meer auf den Kontinent, die sich dort abregnen. Durch den Klimawande­l wärmen sich die Landmassen schneller auf als die Ozeane. Dadurch wird der Temperatur­kontrast verstärkt.

Ließe sich der Klimawande­l denn jetzt überhaupt noch aufhalten – oder werden wir uns in Zukunft an Bilder wie aus Texas oder Indien gewöhnen müssen?

Rahmstorf: Auf die Schnelle kann man den Klimawande­l nicht aufhalten. Wir müssen uns auf jeden Fall auf stärkere Extreme einstellen. Aber das Pariser Klimaabkom­men, das 196 Staaten unterzeich­net haben, hat zum Ziel, die Erwärmung deutlich unter zwei Grad zu stoppen. Das ist machbar, aber nur, wenn das Abkommen konsequent umgesetzt wird. Da darf man nicht nur auf Donald Trump zeigen – auch die Bundesregi­erung ist nicht auf einem guten Weg, das hinzubekom­men. So traurig es ist: Es scheint solcher sehr schlimmen Ereignisse zu brauchen, damit die Leute aufwachen und merken, wie groß und dringend das Klimaprobl­em ist. Stefan Rahmstorf ist Pro fessor im Fach Physik der Ozeane und arbeitet am Potsdam Institut für Kli mafolgenfo­rschung.

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Foto: MUM – Imtiyaz Shaikh/PTI, dpa Wasser, nichts als Wasser: Nicht nur in den USA, sondern auch in Südasien kämpfen die Menschen gegen die Regenmasse­n. Allein in Indien – hier Mumbai – sind seit Juni 1300 Menschen umgekommen.
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