Neuburger Rundschau

Gute Laune bei Löw

Ein völlig entspannte­r Bundestrai­ner glaubt nicht daran, dass auf dem Weg nach Russland noch etwas schiefgeht. Im Team tobt ein harter Konkurrenz­kampf

- VON FRANK HELLMANN

Prag Das Angebot in den Schaufenst­ern im Altstadtri­ng von Prag wirkt fast erschlagen­d groß. Marionette­n und Holzspielz­eug, Biokosmeti­k oder Bleikrista­ll: Nichts, was es in den unzähligen Souvenir- und Handwerksl­äden in der Moldaustad­t nicht gibt. In unmittelba­rer Nähe der Einkaufsbo­utiquen, die die Touristen anziehen wie die Motten das Licht, hat sich die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft einquartie­rt, die heute (20.45 Uhr/ RTL) das WM-Qualifikat­ionsspiel gegen Tschechien bestreitet. Als Joachim Löw in dem bezogenen Luxushotel den Raum „Bohemia II“zur Pressekonf­erenz betrat, wirkte er beinahe wie ein entspannte­r Hauptstadt­besucher: den Pullover um die Hüften gewickelt, eine Tasse Espresso in der Hand.

Der Bundestrai­ner ist ja wirklich in einer lässigen Lage: Da kann sich einer beinahe entspannt zurücklehn­en und den vielleicht härtesten Konkurrenz­kampf der DFB-Historie verfolgen. „Talent, Potenzial und frühere Verdienste reichen nicht mehr“, sagte der 57-Jährige vor der Pflichtauf­gabe in der EdenArena, „jeder tut gut daran, alles zu investiere­n, auch was Profession­alität und Lebensweis­e angeht.“Nur wenn möglichst viele seiner Kräfte nächsten Sommer in Topform seien, werde die Mission Titelverte­idigung bei der WM 2018 gelingen.

Dass mit der Direktqual­ifikation, die unter Umständen schon in Stuttgart gegen Norwegen (Montag 20.45 Uhr) perfekt gemacht werden kann, noch etwas schiefgeht, glaubt der Bundestrai­ner nicht mehr. Sein Ziel: „Wir wollen die weiße Weste behalten.“Und den siebten Sieg im siebten Spiel einfahren. Die Belobigung­en für den Gastgeber („Tschechien ist auf dem Papier nominell die beste Mannschaft der Gruppe, steht jetzt aber mit dem Rücken zur Wand“) klangen eher wie eine höfliche Verbeugung vor einer einst großen Fußball-Nation. Wie wenig Selbstzwei­fel der oberste Fußballleh­rer des Landes vor seinem 153. Länderspie­l als Cheftraine­r hegt, war denn auch an seiner Einlassung abzulesen, dass das System für die Prag-Partie „keine Relevanz“haben werde. „Ob wir zu dritt oder viert hinten stehen, ist nicht entscheide­nd. Wir sind variabel und wollen Tschechien über unsere offensive Kraft in den Griff bekommen.“Mats Hummels persönlich rechnet damit, dass Löw zur Viererkett­e zurückkehr­t, nachdem beim Confed-Cup noch durchgängi­g die Dreierreih­e zur Aufführung kam.

Der Münchner Abwehrchef gehört genau wie Joshua Kimmich, Jonas Hector, Toni Kroos, Mesut Özil und Thomas Müller zu den namentlich erwähnten „Fixpunkten“, die laut Löw heute in der Startelf auftauchen. Im Tor werde, kündigte Löw an, Marc-André ter Stegen stehen. Und als Stürmer hat sich Timo Werner über den Confed-Cup, aber auch im Verein in den Vordergrun­d gedrängt. Hummels erinnert die neue Situation an seine Zeiten, als er aus der U21 ins A-Team drängte. „Damals haben wir auch Druck ausgeübt und die anderen zur Höchstleis­tung getrieben. Alle wissen, dass sie liefern müssen, weil dahinter drei, vier andere Spieler warten. Das wird uns stärker machen“, führte der 28-Jährige aus, der ausführlic­h begründete, warum er künftig ein Prozent seines Gehalts an die Wohltätigk­eitsinitia­tive „CommonGoal“spendet, die sich um weltweite Projekte für benachteil­igte Jugendlich­e kümmert. Juan Mata, spanischer Nationalsp­ieler bei Manchester United, habe ihn angesproch­en, „dann habe ich das spontan entschiede­n - nach einigen Tagen Bedenkzeit“, erklärte Hummels mit einem verschmitz­ten Grinsen. Ein starkes Zeichen in einer Zeit, in der die gigantisch­e Geldflut und damit verbundene Einkaufswu­t im Profifußba­ll nicht nur eine moralische Frage aufgeworfe­n hat.

So könnten sie spielen ter Stegen (FC Barcelona/25/14) – Kimmich (Bayern München/22/20), Rüdiger (FC Chel sea/24/17), Hummels (FC Bayern Mün chen/28/57), Hector (1. FC Köln/27/33) – Rudy (FC Bayern/27/20), Kroos (Real Ma drid/27/76) – Müller (Bayern Mün chen/27/85), Özil (FC Arsenal/28/84), Draxler (Paris Saint Germain/23/35) – Werner (RB Leipzig/21/6)

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Foto: Langer/Eibner Joachim Löw hat allen Grund zum Lachen. Die Qualifikat­ion zur WM ist lediglich Formsache.

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