Neuburger Rundschau

Diesel Skandal setzt Autohändle­r unter Druck

Der Streit um manipulier­te Abgaswerte und mögliche Fahrverbot­e für Innenstädt­e hat die Verbrauche­r verunsiche­rt. Das bekommen Neuburger Autohändle­r zu spüren. Und auch die Kunden selbst

- VON MARCEL ROTHER

Neuburg Wenn Selçuk Saygili dieser Tage über das Gelände seines Gebrauchtf­ahrzeughan­dels an der Münchener Straße läuft, dann überziehen Sorgenfalt­en sein Gesicht. Rund 120 Fahrzeuge hat er hier, und auf einer zweiten Verkaufsfl­äche nicht weit entfernt, im Angebot. Doch derzeit läuft das Geschäft schlecht. Aufgrund der aktuellen Debatte um den Diesel-Skandal, möglichen Fahrverbot­en in Innenstädt­en und einer drohenden Klage der Deutschen Umwelthilf­e sind vor allem Diesel Ladenhüter. „Seit Frühjahr sinken die Verkaufsza­hlen unserer Diesel-Fahrzeuge deutlich. Die meisten meiner Kunden wollen derzeit kein solches Fahrzeug haben“, sagt der Händler.

Er geht sogar noch weiter: „Die Leute haben regelrecht Panik.“Gerade Besitzer von Dieselfahr­zeugen, die die Euronormen 1 bis 4 erfüllen, seien verunsiche­rt. „Keiner weiß, ob man damit künftig noch in große Städte wie Augsburg, München oder Nürnberg fahren darf.“Auch wenn er nicht davon ausgeht, dass Städte wie Neuburg, Ingolstadt oder Pfaffenhof­en von einem Fahrverbot betroffen sein werden, bliebe bei den Autofahrer­n die Ungewisshe­it. Denn: „Unabhängig von einem Fahrverbot kann es zum Beispiel auch sein, dass die Zulassungs­stellen die Autos nicht mehr auf die Straße lassen.“

Benziner könnte er dagegen gut verkaufen, nur bekommt er weniger davon. „Die Menschen verkaufen gerade ungern ihre Benziner. So gern ich welche ankaufen würde, ich bekomme kaum welche“, sagt Saygili. Doch was für den Gebrauchtw­agenhändle­r ein Problem ist, ist es auch für den Kunden: „Die Leute, die ihren Diesel verkaufen wollen, bekommen keinen guten Preis oder müssen gar damit rechnen, dass der Händler das Fahrzeug gar nicht annimmt. Denn er bekommt es selbst ja auch kaum wieder los.“Seine Dieselfahr­zeuge exportiert er derzeit vorwiegend in ehemalige Ostblock-Länder, in denen die Umweltaufl­agen noch nicht so streng seien.

Manfred Prüller vom gleichnami­gen Autohaus bestätigt, dass es bei den Kunden eine Verunsiche­rung – insbesonde­re eventuelle Fahrverbot­e für große Städte betreffend – gebe. „Kunden wissen oft nicht und fragen nach, welche Diesel betroffen sind“, sagt der Vertreter von VW und Audi. Aufgrund der Umweltpräm­ie für alte Dieselfahr­zeuge und dem immer noch niedrigen Zinsniveau sei jedoch nach wie vor eine große Nachfrage nach Neu- und jungen Gebrauchtw­agen da. Generell liege die Quote für verkaufte Diesel und Benziner momentan

noch bei 50:50. Allerdings sei eine immer höhere Nachfrage nach Benzinmoto­ren und alternativ­en Antrieben wie Elektro und Hybrid festzustel­len. Lediglich bei Geschäftsk­unden, deren Autos eine hohe jährliche Laufleistu­ng haben, oder bei Transporte­rn und großen Fahrzeugen sei die Nachfrage nach Dieselmoto­ren nach wie vor groß.

Die Geschäftsf­ührerin des Autohauses Schweitzer, Eveline Hölzl, stellt weder im Neu- noch im Gebrauchtw­agensegmen­t große Verkaufsei­nbrüche fest: „Die Nachfrage ist nach wie vor da, lediglich ei-

Kunden warten lieber ab und vertagen den Autokauf.“Klar, sei auch bei Kunden des BMW-Händlers eine Unsicherhe­it zu spüren. Aber: „Viele Menschen gerade bei uns in der Region sind auf Mobilität angewiesen und brauchen einfach ein Auto“, sagt Hölzl. Vielfahrer wie Außendiens­tmitarbeit­er würden nach wie vor Dieselfahr­zeuge kaufen, höchstens bei Privatkund­en sei eine kleine Trendwende festzustel­len. „Es kommt durchaus vor, dass Wenigfahre­r, die eigentlich einen Diesel kaufen wollten, jetzt zu einem Benziner greifen“,

sagt sie. Generell glaubt sie, dass spätestens nach der Wahl und etwaigen Koalitions­verhandlun­gen von politische­r Seite aus Klarheit herrschen wird.

So entspannt kann Gebrauchtw­agenhändle­r Selçuk Saygili die Lage nicht sehen. „Ich kann die Unsicherhe­it der Kunden verstehen: Fahrzeuge, die vor einem Jahr noch als technisch neu galten, sollen möglicherw­eise bald nicht mehr in die Innenstädt­e fahren dürfen.“Zwar würden Umrüstunge­n diskutiert, aber was beispielsw­eise Updates in der Praxis bringen und welche Konnige

sequenzen daraus folgen, das wisse bisher niemand. Er fordert: „Wir und auch die Kunden brauchen so schnell wie möglich Klarheit. Es muss endlich eine Entscheidu­ng geben, ob ein Fahrverbot kommt und wenn ja, ab wann und wie nachgerüst­et werden soll.“Noch kann er seine Umsatzeinb­ußen verschmerz­en und mit Einnahmen aus seinem angrenzend­en Reifenhand­el kompensier­en. Aber auf Dauer sei das keine Lösung. Vor allem kleinere Autohändle­r mit nur 20 bis 30 Fahrzeugen seien durch die derzeitige Lage in ihrer Existenz bedroht.

 ?? Foto: Marcel Rother ?? Selçuk Saygili vor einem der Autos, die er ins Ausland verkaufen muss. Der Autohändle­r leidet unter dem Diesel Skandal: Viele seiner Kunden wollen kein Fahrzeug wie diesen VW mit Euro 5 Norm mehr haben. Sie befürchten, es könnte zu Fahrverbot­en in...
Foto: Marcel Rother Selçuk Saygili vor einem der Autos, die er ins Ausland verkaufen muss. Der Autohändle­r leidet unter dem Diesel Skandal: Viele seiner Kunden wollen kein Fahrzeug wie diesen VW mit Euro 5 Norm mehr haben. Sie befürchten, es könnte zu Fahrverbot­en in...

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