Rettung aus der Tiefe
Die Wasserwachten aus der Region unterhalten Tauchtrupps. Die müssen gut geschult sein
Ingolstadt/Weichering Es ist Samstag. Die Sonne brennt vom blauen Himmel. Und die Badegäste tummeln sich am Weicheringer Weiher. Urlaubsvergnügen pur direkt vor der eigenen Haustür. Dann aber kommt Bewegung an der Wachstation der Wasserwacht am größeren der beiden Seen auf. Fahrzeuge der Wasserwachten Neuburg und Ingolstadt, mit Schlauchbooten auf dem Dach und Geräteanhänger hinter sich herziehend, kommen den Uferweg entlang gefahren. Männer in Taucheranzügen springen aus den Wagen und greifen sich ihre Ausrüstung: 12-Liter-Pressluftflaschen, Flossen, Vollgesichtsmasken und Tarierwesten. Die Signalmänner und -frauen schnappen sich die Seiltrommeln und ihr Funkgerät. Ein Badegast ist im Weiher verschwunden. Untergegangen und nicht wieder aufgetaucht. Die Taucher der Wasserwacht sind bereit, diesen Schwimmer zu finden. Was jeden Tag harte Realität werden kann, ist heute Gott sei Dank nur eine Übung.
Taucher der Wasserwachten Neuburg-Schrobenhausen und Ingolstadt treffen sich an diesem Wochenende zu einer Übung und Schulung zugleich. Denn wer bei der Wasserwacht als Rettungstaucher arbeitet, muss jedes Jahr aufs Neue beweisen, dass er es kann. Sowohl gesundheitlich wie auch in der Theorie und Praxis. Peter Wagner spielt heute den verschwundenen Schwimmer, den es zu finden gilt. Wagner ist Tauchlehrer bei der Wasserwacht Neuburg und Bereichsausbilder der Region 10, also der Obertauchlehrer.
Der jüngste der Ingolstädter Taucher fängt an. Pascal Hesse ist 18 Jahre alt und bereits fertig ausgebildeter Rettungstaucher der Wasserwacht. „Man muss mindestens 16 sein, um die Ausbildung zu beginnen“, erzählt Bastian Kutka, technischer Leiter der Ortsgruppe Neuburg. Darüber hinaus gebe es einige Voraussetzungen zu erfüllen: „Mit einem ärztlichen Attest muss die Eignung zum Tauchen nachgewiesen und auch jedes Jahr erneuert werden.“Und wer WasserwachtTaucher werden will, muss bereits ausgebildeter Wasserretter sein. Das bedeutet, der Taucher-Azubi hat bereits eine Ausbildung mit 80 Unterrichtsstunden inklusive Schnorcheltraining hinter sich. Dann erst beginnt die Ausbildung zum Taucher. Diese wiederum besteht aus 105 Unterrichtseinheiten, Theorie und Praxis. 30 Tauchgänge mit mindestens je 30 Minuten im Freiwasser, unter verschiedenen Voraussetzungen, müssen im Taucher-Logbuch dokumentiert sein. Dazu gehört Tieftauchen bis 25 Meter genauso wie das Tauchen in Flussströmungen, bei Nacht und unter Eis.
Eis gibt es heute auf dem Weiche- ringer Weiher zwar nicht. Dennoch. Die Sichten unter Wasser sind alles andere als gut. Pascal Hesse wird von seiner Ingolstädter Signalfrau Daniela Donaubauer geführt. Sollte der Funk mal nicht funktionieren, müssen sie über das Verbindungsseil kommunizieren. Ein Ruck bedeutet „Gefahr! Sofort auftauchen“. Fünf mal am Seil gezogen, heiß „Alles in Ordnung“. Und auch Richtungen können so weitergegeben werden. Mit einem Sicherheitstaucher, der an Land wartet, um dem ersten zu Hilfe zu kommen falls nötig, ist der Tauchtrupp komplett. Der Trupp erhält seinen Auftrag vom Taucheinsatzleiter, der wiederum mit dem Einsatzleiter in Verbindung steht.
Nun ist auch Oliver Gubo, Taucher der Neuburger Wacht, im Wasser. Verena Zieglmeier führt seine Sicherungsleine. Sie zieht zweimal am Seil, was bedeutet, dass der Taucher 90 Grad nach links schwenken soll. Der vermeintlich verunglückte Wagner wird schnell gefunden.
Im Ernstfall muss der Ort mög lichst genau bestimmt werden
Um im Ernstfall genauso schnell zu sein, brauchen die Wasserwachtler eine möglichst genaue Ortsbestimmung, was auf einem See gar nicht so einfach ist. Der Ingolstädter Tauchlehrer Alexander Wecker erklärt, wie man sich den Ort eines verunglückten Schwimmers am besten merkt: „Man sollte seinen Beobachtungsstandort sofort markieren. Zum Beispiel dort ein Handtuch ablegen. Und sich dann, in der Richtung der untergegangenen Person, am gegenüberliegenden Ufer einen Orientierungspunkt merken. Die Entfernung zum Ufer ist schwer abzuschätzen. Aber wir haben dann zumindest eine Linie, auf der wir schnell fündig werden können“, betont Wecker. Und noch eines sei wichtig. „Zuerst den Notruf absetzen und dann erst versuchen, selbst zu helfen. Und das auch nur, wenn man ein guter Schwimmer ist.“Falsch sei es, erst mal selbst zu probieren, den Ertrunkenen zu retten, und dann nach erfolglosen Tauchversuchen die Wasserwacht zu rufen. „So geht wertvolle Zeit verloren.“
Die Männer und Frauen der Wasserwacht üben unterdessen weiter, Menschenleben zu retten. Der Kreisverband Neuburg-Schrobenhausen verfügt über acht Taucher, die Ingolstädter Wasserwacht über zehn. Zu ihrem Auftrag gehören auch die Suche und die Bergung von Diebesgut. Und die technische Hilfeleistung, wenn beispielsweise ein Auto im Wasser versunken ist. Suche nach versenktem Diebesgut. All diese Arbeiten sind ehrenamtlich.
Die Tauchteams sind immer in Bereitschaft. „Wir von den Tauchteams haben immer unseren Piepser dabei“, zeigt Kutka auf das kleine schwarze Kästchen an seinem Gürtel.