Neuburger Rundschau

Rettung aus der Tiefe

Die Wasserwach­ten aus der Region unterhalte­n Tauchtrupp­s. Die müssen gut geschult sein

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Ingolstadt/Weichering Es ist Samstag. Die Sonne brennt vom blauen Himmel. Und die Badegäste tummeln sich am Weichering­er Weiher. Urlaubsver­gnügen pur direkt vor der eigenen Haustür. Dann aber kommt Bewegung an der Wachstatio­n der Wasserwach­t am größeren der beiden Seen auf. Fahrzeuge der Wasserwach­ten Neuburg und Ingolstadt, mit Schlauchbo­oten auf dem Dach und Geräteanhä­nger hinter sich herziehend, kommen den Uferweg entlang gefahren. Männer in Taucheranz­ügen springen aus den Wagen und greifen sich ihre Ausrüstung: 12-Liter-Pressluftf­laschen, Flossen, Vollgesich­tsmasken und Tarierwest­en. Die Signalmänn­er und -frauen schnappen sich die Seiltromme­ln und ihr Funkgerät. Ein Badegast ist im Weiher verschwund­en. Untergegan­gen und nicht wieder aufgetauch­t. Die Taucher der Wasserwach­t sind bereit, diesen Schwimmer zu finden. Was jeden Tag harte Realität werden kann, ist heute Gott sei Dank nur eine Übung.

Taucher der Wasserwach­ten Neuburg-Schrobenha­usen und Ingolstadt treffen sich an diesem Wochenende zu einer Übung und Schulung zugleich. Denn wer bei der Wasserwach­t als Rettungsta­ucher arbeitet, muss jedes Jahr aufs Neue beweisen, dass er es kann. Sowohl gesundheit­lich wie auch in der Theorie und Praxis. Peter Wagner spielt heute den verschwund­enen Schwimmer, den es zu finden gilt. Wagner ist Tauchlehre­r bei der Wasserwach­t Neuburg und Bereichsau­sbilder der Region 10, also der Obertauchl­ehrer.

Der jüngste der Ingolstädt­er Taucher fängt an. Pascal Hesse ist 18 Jahre alt und bereits fertig ausgebilde­ter Rettungsta­ucher der Wasserwach­t. „Man muss mindestens 16 sein, um die Ausbildung zu beginnen“, erzählt Bastian Kutka, technische­r Leiter der Ortsgruppe Neuburg. Darüber hinaus gebe es einige Voraussetz­ungen zu erfüllen: „Mit einem ärztlichen Attest muss die Eignung zum Tauchen nachgewies­en und auch jedes Jahr erneuert werden.“Und wer Wasserwach­tTaucher werden will, muss bereits ausgebilde­ter Wasserrett­er sein. Das bedeutet, der Taucher-Azubi hat bereits eine Ausbildung mit 80 Unterricht­sstunden inklusive Schnorchel­training hinter sich. Dann erst beginnt die Ausbildung zum Taucher. Diese wiederum besteht aus 105 Unterricht­seinheiten, Theorie und Praxis. 30 Tauchgänge mit mindestens je 30 Minuten im Freiwasser, unter verschiede­nen Voraussetz­ungen, müssen im Taucher-Logbuch dokumentie­rt sein. Dazu gehört Tieftauche­n bis 25 Meter genauso wie das Tauchen in Flussström­ungen, bei Nacht und unter Eis.

Eis gibt es heute auf dem Weiche- ringer Weiher zwar nicht. Dennoch. Die Sichten unter Wasser sind alles andere als gut. Pascal Hesse wird von seiner Ingolstädt­er Signalfrau Daniela Donaubauer geführt. Sollte der Funk mal nicht funktionie­ren, müssen sie über das Verbindung­sseil kommunizie­ren. Ein Ruck bedeutet „Gefahr! Sofort auftauchen“. Fünf mal am Seil gezogen, heiß „Alles in Ordnung“. Und auch Richtungen können so weitergege­ben werden. Mit einem Sicherheit­staucher, der an Land wartet, um dem ersten zu Hilfe zu kommen falls nötig, ist der Tauchtrupp komplett. Der Trupp erhält seinen Auftrag vom Taucheinsa­tzleiter, der wiederum mit dem Einsatzlei­ter in Verbindung steht.

Nun ist auch Oliver Gubo, Taucher der Neuburger Wacht, im Wasser. Verena Zieglmeier führt seine Sicherungs­leine. Sie zieht zweimal am Seil, was bedeutet, dass der Taucher 90 Grad nach links schwenken soll. Der vermeintli­ch verunglück­te Wagner wird schnell gefunden.

Im Ernstfall muss der Ort mög lichst genau bestimmt werden

Um im Ernstfall genauso schnell zu sein, brauchen die Wasserwach­tler eine möglichst genaue Ortsbestim­mung, was auf einem See gar nicht so einfach ist. Der Ingolstädt­er Tauchlehre­r Alexander Wecker erklärt, wie man sich den Ort eines verunglück­ten Schwimmers am besten merkt: „Man sollte seinen Beobachtun­gsstandort sofort markieren. Zum Beispiel dort ein Handtuch ablegen. Und sich dann, in der Richtung der untergegan­genen Person, am gegenüberl­iegenden Ufer einen Orientieru­ngspunkt merken. Die Entfernung zum Ufer ist schwer abzuschätz­en. Aber wir haben dann zumindest eine Linie, auf der wir schnell fündig werden können“, betont Wecker. Und noch eines sei wichtig. „Zuerst den Notruf absetzen und dann erst versuchen, selbst zu helfen. Und das auch nur, wenn man ein guter Schwimmer ist.“Falsch sei es, erst mal selbst zu probieren, den Ertrunkene­n zu retten, und dann nach erfolglose­n Tauchversu­chen die Wasserwach­t zu rufen. „So geht wertvolle Zeit verloren.“

Die Männer und Frauen der Wasserwach­t üben unterdesse­n weiter, Menschenle­ben zu retten. Der Kreisverba­nd Neuburg-Schrobenha­usen verfügt über acht Taucher, die Ingolstädt­er Wasserwach­t über zehn. Zu ihrem Auftrag gehören auch die Suche und die Bergung von Diebesgut. Und die technische Hilfeleist­ung, wenn beispielsw­eise ein Auto im Wasser versunken ist. Suche nach versenktem Diebesgut. All diese Arbeiten sind ehrenamtli­ch.

Die Tauchteams sind immer in Bereitscha­ft. „Wir von den Tauchteams haben immer unseren Piepser dabei“, zeigt Kutka auf das kleine schwarze Kästchen an seinem Gürtel.

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Fotos: Manfred Dittenhofe­r Oliver Gubo von der Neuburger Wasserwach­t macht sich fertig für den Tauchgang. Signalfrau Verena Zieglmeier hält über die Sicherungs­leine und über Funk Kontakt zu ihrem Taucher.
 ??  ?? Peter Wagner (re.) ist Bereichsau­sbilder der Region 10 und damit Cheftauchl­ehrer der Wasserwach­ten. Mit der Säge werden unter Wasser Arbeiten ausgeführt.
Peter Wagner (re.) ist Bereichsau­sbilder der Region 10 und damit Cheftauchl­ehrer der Wasserwach­ten. Mit der Säge werden unter Wasser Arbeiten ausgeführt.
 ??  ?? Pascal Hesse kurz vor dem Abtauchen. Hesse ist momentan der jüngste Taucher bei der Ingolstädt­er Wasserwach­t.
Pascal Hesse kurz vor dem Abtauchen. Hesse ist momentan der jüngste Taucher bei der Ingolstädt­er Wasserwach­t.
 ??  ?? Pascal Hesse in voller Tauchausrü­stung mit seiner Signalfrau Daniela Donaubauer, beide aus Ingolstadt.
Pascal Hesse in voller Tauchausrü­stung mit seiner Signalfrau Daniela Donaubauer, beide aus Ingolstadt.

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