Neuburger Rundschau

Lebendige Geschichte(n) auf Schritt und Tritt

Heimatpfle­ger Dr. Manfred Veit ließ beim Tag des offenen Denkmals Steppergs Vergangenh­eit wieder aufleben. Was er seinen Begleitern so alles mit auf den Weg gab, waren weit mehr als reine Daten und Zahlen

- VON MICHAEL GEYER

Rennertsho­fen Stepperg Auf Schritt und Tritt begegnete 40 Geschichts­begeistert­en Steppergs Vergangenh­eit. Am Sonntagvor­mittag nahm sie Heimatpfle­ger Dr. Manfred Veit mit auf seine Reise in die Geschichte von Stepperg. Dabei erwies sich Veit wieder einmal als großer Kenner unserer Heimat, wartete dank seines unerschöpf­lich wirkenden Wissens mit Daten und Namen auf, zeigte Zusammenhä­nge auf und – was das Schönste war – schmückte seine Führung mit zahlreiche­n Geschichte­n, Legenden und Anekdoten aus, die Steppergs abwechslun­gsreiche Geschichte mit Leben erfüllten.

Steine, Bilder, selbst Bäume brachte Veit zum Erzählen. Schon bei der Begrüßung vor der Kirche machte er seine Zuhörer auf die recht unterschie­dlichen Stile an der Kirche aufmerksam: Der Turm stammt aus dem Mittelalte­r, das Kirchensch­iff, 1907 von dem Münchener Architekte­n Gabriel von Seidl erbaut, erinnere ihn mit seinen Jugendstil­elementen ein wenig an die Münchener Biergarten­architektu­r, wie sie auch beim Löwenbräuk­eller vorzufinde­n sei. Vorbei ging es am Schloss, mit einem Blick in den prächtigen stilvollen Englischen Garten und einer kurzen Zeitreise in Steppergs Brauereige­schichte. Veit ließ die Flößer vor den Augen seiner Zuhörer wieder auferstehe­n und die aus Solnhofen herangekar­rten Kalkschief­erplatten bei den Hütten des Donauhafen­s sorgfältig auf die Flöße laden, damit sie sicher ihre Reise bis nach Budapest antreten können.

Die uralten Linden auf dem Weg zum Antoniberg erzählten, dass sie 1752 gepflanzt, aber immer wieder von Kindern abgerupft wurden, sodass der Hofmarkshe­rr deren Eltern das dunkle Gefängnis bei „Wasser und Brot“androhte und sie mahnte, auf ihre „Fratzen“besser aufzupasse­n. Auf der Antoniberg­höhe konnte man bei der vom Kulturhist­orischen Verein errichtete­n Installati­on einen Blick durch das „Fenster in die Vergangenh­eit“auf die alte Römerbrück­e werfen. Besonders intensiv widmete sich Veit der Antoniberg­kapelle und der Gruft. Johann Dominikus Freiherr von Servi hatte um 1676 die Antoniuska­pelle auf der Anhöhe oberhalb der Usselmündu­ng zum Dank für die glückliche Heimkehr seiner 1674/75 durchgefüh­rten Reise nach Wien bauen lassen. Johann Leitkrath schmückte sie mit Szenen und Legenden aus dem Leben des heiligen Antonius von Padua aus. Das große Deckengemä­lde zeigt, welchen Segen der Heilige für die Gläubigen durch seine Fürsprache bei Gott erwirken kann: Ein Engel mit einer Lilie in der Hand steht als Sinnbild für die Kirche in der Mitte. Eine Putte schüttet Trauben als Symbol der Eucharisti­e über die Bedrängten, Kranken, Notleidend­en, über Kinder, Gefangene, Schiffbrüc­hige, Aussätzige und vom Teufel Besessene, aber auch über die Tiere. Die vier Medaillons in den Ecken der Kapelle berichten recht anschaulic­h über vier Wunder des heiligen Antonius von Padua: die Fischpredi­gt, das Wunder des abgehackte­n und wieder angefügten Fußes, das Herz des Wucherers und der Maulesel, der sich vor der Hostie verneigt. Neben der Antoniuska­pelle stand noch ein Eremitoriu­m, das gebaut wurde, weil der Bischof das Kirchlein dort oben in der Einöde nicht weihen wollte. Die Grundmauer­n davon kann man heute noch östlich der Antoniuska­pelle sehen. Wie es einmal ausgesehen hat, zeigt das Deckengemä­lde. An die Antoniuska­pelle ließ Freiherr Josef Sebastian von Staader 1790/92 die Annakapell­e im rechten Winkel dazu anbauen. Zugemauert­e Öffnungen an den beiden Kapellen weisen darauf hin, dass bei Wallfahrte­n auch Tiere durch die Kirche geführt wurden, um den Segen zu empfangen.

Nach dem Besuch der Antoniuska­pelle ging es zur neugotisch­en Gruft. Sie wurde 1852 als Ruhestätte für die 1848 verstorben­e Kurfürstin Maria Leopoldine, einer Enkelin von Maria Theresia, errichtet und dient auch als Grabstätte für Angehörige der Familien von Arco und von Moy. Als Prinzessin und Herzogin von Österreich kam Maria Leopoldine zur Welt und wurde als 17-Jährige mit dem Kurfürsten Karl Theodor von Bayern vermählt. Die Hochzeit fand 1795 in Innsbruck statt und wurde vor Zeugen, das heißt vor am Ehebett stehenden Notaren, vollzogen, erzählte Veit über die für uns heute befremdlic­hen Sitten. Auch die Münchener hießen diese Ehe des nicht so beliebten Karl Theodor wohl nicht gut und spotteten: „Was schickt der Herr und Heiland aus dem fernen Mailand? Eine wunderschö­ne Frau für unsre fette Sau.“Maria Leopoldine wurde zur Retterin von Bayern, weil sie dem österreich­ischen Abgesandte­n den Zutritt zum Sterbezimm­er des Kurfürsten verweigert­e. Er hatte die fertigen Verträge über die angestrebt­e Abtretung Bayerns an Österreich schon in der Tasche. Es fehlte nur noch die Unterschri­ft Karl Theodors. Denkmaltag Kurze Berichte über die Pfarrkirch­e in Burgheim und Sinning finden Sie auf »

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Fotos: Michael Geyer Heimatpfle­ger Manfred Veit (vorne) führte seine Gäste am gestrigen Tag des offenen Denkmals zur Antonius und Annakapell­e (im Hintergrun­d) sowie zur Gruft auf dem An toniberg.
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Die Antoniuska­pelle Schmucks beraubt. ist seit mehreren Einbrüchen ihres
 ??  ?? Blick auf das Deckengemä­lde in der Antoniuska­pelle. Auch sie stellte Manfred Veit bei seiner Führung vor.
Blick auf das Deckengemä­lde in der Antoniuska­pelle. Auch sie stellte Manfred Veit bei seiner Führung vor.
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Wunder mit dem Maulesel: Tagelang ge hungert verneigte er sich vor der Hostie.

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