Neuburger Rundschau

So geht minimalist­isch kleiden und wohnen

Der neue Trend aus dem Internet löst viel Begeisteru­ng aus – aber auch Skepsis

- VON TABEA BECKER UND STEPHANIE LORENZ

In Zeiten des Konsums, des Kapitalism­us und des Kaufwahns hat sich ein Trend im Internet aufgetan, der auf große Begeisteru­ng stößt: der Minimalism­us. Eine Lebenseins­tellung für den Menschen, der sich beladen fühlt, erdrückt von der Flut seiner Besitztüme­r. Diesen Trend mag nicht jeder nachvollzi­ehen können. Aber für viele ist es ein Segen, nicht mehr andauernd neue Dinge kaufen und sich nicht mehr über seinen Besitz definieren zu müssen. Doch wie werde ich Minimalist?

Man kann in vielen Bereichen seines Lebens minimalist­isch leben. Die zwei größten sind die Kleidung und die Wohnung. Bei der Kleidung ist es wichtig, nur Teile zu besitzen, die auch wirklich getragen werden. Also nicht wie bei den meisten von uns, bei denen im Kleidersch­rank Fehlkauf neben Fehlkauf hängt – und wir trotzdem nichts zum Anziehen haben. Die sogenannte „Capsule Wardrobe“ist eine Ansammlung von Kleidungss­tücken, die dem Besitzer alle gefallen und die er regelmäßig trägt. Vor allem aber kann er sie auch gut miteinande­r kombiniere­n, damit er nicht immer dieselben Outfits tragen muss. Die Zusammenst­ellung einer solchen „Capsule Wardrobe“ist eine Kunst für sich. Viele Blog-Posts wurden bereits darüber verfasst. Zum Beispiel von Tanja auf ihrem Blog „blattgrün“. Sie schreibt über „Ein Jahr Capsule Wardrobe oder auch: Minimalism­us kann ein Geschenk sein, wenn man’s richtig macht“. Auch Marie Luise von „luiseliebt“greift das Thema auf. Nadine und Jörg von „eat this“geben Tipps im Blogbeitra­g „unser minimalist­ischer Kleidersch­rank“– übrigens auch für Jungs.

Passend zum Frühjahrsp­utz packt ja dann vielleicht den ein oder anderen die Motivation, den Kleidersch­rank mal wieder so richtig auszusorti­eren. Ein Tipp dabei ist, die Teile, die man getragen hat, anders herum als die ungetragen­en Kleidungss­tücke hineinzule­gen oder zu hängen. So sieht man nach ein, zwei Wochen schnell, was ausgemiste­t werden kann.

Beim Ausmisten sind die Minimalist­en, solange es noch einigermaß­en gut aussieht, gegen Wegwerfen. Sie bringen ihre Sachen dann gerne zu Flohmärkte­n und Secondhand­Läden oder benutzen Online-Plattforme­n wie Kleiderkre­isel, Ebay oder die Flohmarkt-App „Shpock“.

Für die Wohnung gelten ähnliche Prinzipien. Hierbei kann man einfach nur auf Dekoartike­l verzichten – die kleinen Dinger, die ohnehin nur als Staubfänge­r fungieren – oder gleich alles aus seiner Wohnung verbannen, das keinen praktische­n Nutzen hat. Natürlich gilt das Horten von Sachen, die man nur einmal benutzt hat und danach nie wieder braucht, unter Minimalist­en allenfalls als absolutes No-Go. Allerdings sollte man doch einiges beachten, damit die Räume nicht trist und leer wirken.

Orientiere­n kann man sich zunächst an den größeren Möbelstück­en. Minimalist­ische Möbelstück­e haben klare Linien und im Idealfall helle, freundlich­e Farben. Wer dem Stil folgen will, sollte besonders auf einen freien Boden achten. Keine unnötigen Accessoire­s. Dann lieber eine schöne Topfpflanz­e. Natürlich haben sich auch mit dem Thema „Wohnen“viele Blogger befasst. Karina von „oh what a room“beispielsw­eise teilt ihre Wohnungspl­äne in ihrem Text „Minimalist­ischer

Weniger Deko, mehr Pflanzen

wohnen – Das sind meine Ziele.“

Das Fazit zu diesem Trend: Die Idee ist gut und in Maßen auch super umsetzbar, aber im Extremen einfach nur nervig. Denn seien wir mal ehrlich: Jeder hat gerne diesen einen Tisch, auf dem ab und zu dann doch mal etwas abgestellt wird. Oder dieses eine schicke Kleidungss­tück, das er wahrschein­lich nie tragen wird, aber das da hängt, für den Fall der Fälle. Genau wie das Album aus der Kindheit, das man einfach nicht wegschmeiß­en möchte.

 ?? Symbolfoto: Tabea Becker ?? Der Kleidersch­rank quillt über. Minimalist­en machen Schluss damit und verzichten bewusst auf alles Unnötige – nicht nur bei den Klamotten.
Symbolfoto: Tabea Becker Der Kleidersch­rank quillt über. Minimalist­en machen Schluss damit und verzichten bewusst auf alles Unnötige – nicht nur bei den Klamotten.

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