Neuburger Rundschau

Ein beinahe tödlicher Angriff?

Mit Schraubenz­ieher gegen die Polizei

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Es ging schief. Dass es nicht einfach werden würde, hatten die Polizisten vorher gewusst. Aber diesmal ging es schief. Der Mann, den sie an diesem Tag im Juni 2016 abholen sollen, ist bei der Inspektion Pfaffenhof­en durchaus bekannt. Weil er seine Ex-Frau ans Bett gefesselt und geschlagen haben soll, hatte das Amtsgerich­t Pfaffenhof­en angeordnet, dass sein psychische­r Zustand im Isar-Amper-Klinikum begutachte­t werden soll. Der 47-Jährige will das nicht. Für die beiden Polizisten ist so ein Einsatz eigentlich Routine. Unangenehm, aber Routine. Wenig später haben sie Todesangst.

Der Mann, den sie holen sollten, muss sich seit gestern vor dem Landgerich­t Ingolstadt wegen Widerstand­es gegen Vollstreck­ungsbeamte, versuchter gefährlich­er Körperverl­etzung, wegen Freiheitsb­eraubung, gefährlich­er Körperverl­etzung und eines Verstoßes gegen das Kunsturheb­ergesetz verantwort­en. Die 5. Strafkamme­r unter Vorsitz von Richter Thomas Denz muss klären: Wie gefährlich ist er für andere? Und: Wie ist es um seine Psyche bestellt? Leidet er an Wahnvorste­llungen und fühlt sich verfolgt?

Die Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt hat ihn angeklagt, weil er auf die beiden Polizisten mit einem 19 Zentimeter langen Schraubenz­ieher losgegange­n sein soll. Auf einen der Beamten soll er eingestoch­en und ihn nur verfehlt haben, weil der mit gezogener Waffe auf dem Rückzug eine Treppe runterstür­zte. Die Polizisten sagten gestern, er habe mit dem Schraubenz­ieher von oben Richtung Kopf gestoßen. Der frühere Kraftfahre­r bestreitet das. Er sagt, die Beamten hätten ihn einfach in sein Zimmer gedrängt und dann habe er den Schraubenz­ieher genommen, um sich zu verteidige­n. Er habe den aber nur in der Hand gehalten, nichts gemacht. Und da seien die schon davongelau­fen. „Hätte ich versucht, auf ihn einzustech­en, dann hätte ich das geschafft.“

Die beiden Polizisten zogen sich zurück, sicherten das Haus mit gezogener Waffe und riefen das SEK. Dabei wurden sie vom Angeklagte­n aus dem Haus heraus gefilmt. Das Video postete er bei Facebook und schrieb dazu: „(...) hier mal eine Täteraufna­hme. (...) Das ist üblich, oder?“Das SEK holte ihn schließlic­h mit Hunden aus dem Haus. Die bissen zu. Der Angeklagte sagt: „Die haben sie minutenlan­g an mir rumknabber­n lassen.“

Die Narben zeigte der Angeklagte gestern bei flugs herunterge­lassener Hose. Er präsentier­te sich mindestens aufbrausen­d vor Gericht. Dass er seine Ex-Frau ans Bett gefesselt und sie mit einem Keilriemen geschlagen habe, gab er allerdings zu. „Das tut mir leid.“Er habe sich verfolgt gefühlt und von ihr wissen wollen, „wer sich in meine Sachen reinhackt“. Was es damit genau auf sich hat, müssen die kommenden drei Verhandlun­gstage zeigen.

Der jüngere Bruder des Angeklagte­n verteidigt­e diesen als hilfsberei­t und friedferti­g. Er beteuerte: „Er ist nicht gefährlich.“Andere Zeugen haben den großen Bruder auch so, allerdings auch ganz anders erlebt. Einer sagte, es sei so, als habe er zwei Persönlich­keiten.

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Symbolfoto: T. Jordan Das SEK rückte an, um den Mann aus dem Haus zu holen.

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