Obszöner Reichtum, bittere Armut
Dietmar Bartsch von der Partei „Die Linke“kommt im Bundestagswahlkampf in Ingolstadt vorbei. Seine ersten Worte überraschen. Sie gelten CSU-Ikone Franz Josef Strauß
Ingolstadt Der Wahlkampf macht es möglich: Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, ist nach Ingolstadt gekommen und verteidigte erst einmal Franz Josef Strauß. Dann aber stieg er in die Themen seiner Partei ein: Soziale Ungerechtigkeit, ungerechte Verteilung der Vermögen, falsche Schwerpunkte der Regierung beim Ausgeben der Gelder und eine fehlende Steuer- und Rentenreform. Bartsch sprach nur eine halbe Stunden lang – die Wahlkampfthemen seiner Partei aber nannte der gebürtige Stralsunder alle.
Aber zuerst zu seiner Beziehung zu Strauß. Natürlich wären die beiden, würde Strauß noch leben, politische Gegner. Aber die Plakate, die behaupten, heute würde Strauß AfD wählen, hätte dieser nicht verdient, sagt Bartsch: „Strauß war erzkonservativ. Aber glauben Sie mir, die AfD hätte Strauß niemals gewählt.“Damit kam Bartsch auch schon zu einem Schwerpunkt der Linken: die soziale Ungerechtigkeit. „Auf der einen Seite obszöner Reichtum, auf der anderen Seite bittere Armut.“13 Millionen Menschen, die arm oder von Armut bedroht seien, darunter 2,7 Millionen Kinder. Das sei ein Armutszeugnis für den Sozialstaat Deutschland. „Auf der anderen Seite haben die 25 reichsten Familien Deutschlands ihr Vermögen seit 2011 von 500 auf 692 Milliarden Euro vermehren können.“Schuld daran sei eine ungerechte Besteuerung, sagt Bartsch.
Beispiel Erbschaftssteuer. „Würde Deutschland so wie die USA besteuern, könnte der Staat statt 6,5 Milliarden Euro rund 50 Milliarden Euro einnehmen.“Nur mit Steuern ließe sich der Staat steuern, so Bartsch, der für eine große Steuerund Rentenreform warb. Würden Beamte, Selbstständige und Rechtsanwälte ebenfalls beitragspflichtig, wäre die Rente gesichert. „Aber zusätzliche Steuereinnahmen dürfe die Regierung auf keinen Fall für mehr Rüstung ausgeben, so Bartsch. „Statt den Wehretat erhöhen zu wollen, sollte sich die Regierung mal die Folgen ihres Afghanistan-Einsatzes anschauen: Über 50 tote deutsche Soldaten und ein destabilisiertes Land, in dem höchstens die Mohnfelder blühen. Statt Waffen zu exportieren sollte Deutschland zu den Kriegsverweigerern gehören.“Und statt die Ingenieurskunst für Innovationen zu nutzen, betreibe die Automobilindustrie eher Manipulationen.
Nach Bartsch, der gleich zum nächsten Wahlkampfauftritt weiter musste, traten die Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter und der Direktkandidat der Linken in Ingolstadt, Roland Meier, an das Rednerpult. Das Gespräch diente dazu, den wenigen Besuchern am Ingolstädter Rathausplatz die Kandidaten vorzustellen. So erfuhren die Zuschauer, dass Roland Meier eher Indianer als Cowboy ist, dass Eva Bulling-Schröter lieber Wanderschuhe als Flip-Flops trägt. Aber es ging natürlich auch um politische Bekenntnisse. Bulling-Schröter möchte endlich soziale Gerechtigkeit und ein Ende der Flaschensammler aus sozialen Gründen in Deutschland. „Mich nervt die Scheinheiligkeit mancher Politiker, die im Wahlkampf Dinge wollen, die sie noch vor Kurzem im Bundestag abgelehnt haben. Sie reden und tun etwas völlig anderes.“