Neuburger Rundschau

Stapelweis­e Rentenpake­te

Mütterrent­e, Rente mit 63, Flexirente: Was Union und SPD für die ältere Bevölkerun­g auf den Weg brachte

- VON MARTIN FERBER

Andrea Nahles schaltete den Turbo ein. Kaum hatte die Große Koalition zu Beginn des Jahres 2014 ihre Arbeit aufgenomme­n, legte die neue Arbeits- und Sozialmini­sterin von der SPD ein dickes Gesetzespa­ket zur Reform der Rente auf den Tisch, das bereits wenige Monate später, im Mai 2014, vom Bundestag verabschie­det wurde. Ein Kunststück war das allerdings nicht. Bereits in den Koalitions­verhandlun­gen hatten Union und SPD alle Konflikte aus dem Weg geräumt und sich auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen geeinigt, wobei jede Seite ihr Hauptanlie­gen durchsetze­n konnte.

Für die SPD gab es die Rente mit

63. Zwar bekannte sich die Große Koalition ausdrückli­ch zu der in der in der ersten Großen Koalition zwischen 2005 und 2009 unter Arbeitsund Sozialmini­ster Franz Münteferin­g (SPD) beschlosse­nen Rente mit 67, doch Arbeitnehm­er, die vor dem

1. Januar 1953 geboren wurden und 45 Jahre lang Beiträge in die Rentenkass­e einbezahlt haben, können bereits mit 63 Jahren abschlagsf­rei ihren Ruhestand genießen. Für Jüngere steigt die Altersgren­ze schrittwei­se auf 65 Jahre. Die Rente mit 63 stieß auf großes Interesse: 2015 nahmen rund 250000 Beschäftig­te die Gelegenhei­t zu einem früheren Ruhestand wahr, 2016 schieden rund 241 000 Arbeitnehm­er mit 63 aus dem Erwerbsleb­en aus.

Im Gegenzug setzte die CSU ihre Forderung nach einer Besserstel­lung der Mütter durch. Rund zehn Millionen Frauen, die vor 1992 Kinder auf die Welt gebracht haben, erhalten pro Kind nicht mehr einen, sondern zwei Rentenpunk­te gutgeschri­eben. Zudem setzten die Regierungs­parteien deutliche Verbesseru­ngen bei der Erwerbsmin­derungsren­te sowie bei Reha- und Prävention­sleistunge­n durch.

Doch damit nicht genug. Kurz vor dem Ende der Legislatur­periode räumte die Regierung ein jahrzehnte­langes Streitthem­a vom Tisch und beschloss, die seit der Wiedervere­inigung 1990 bestehende Ungleichbe­handlung von ostdeutsch­en Rentnerinn­en und Rentnern abzuschaff­en. Bis 2024 wird stufenweis­e ein bundesweit einheitlic­hes Rentenrech­t eingeführt. Im Gegenzug entfällt allerdings die Höherbewer­tung ostdeutsch­er Einkommen bei der Rentenbere­chnung. Auf Druck der Union führte die Koalition die Flexirente ein, um für ältere Arbeitnehm­er flexiblere Übergänge zwischen der Arbeit und dem Ruhestand zu schaffen.

So ist möglich, dass Arbeitnehm­er auch nach Erreichen der Regelalter­sgrenze weiterarbe­iten und Beiträge in die Rentenkass­e einbezahle­n können, um auf diese Weise ihren Rentenansp­ruch zu erhöhen. Und zuletzt wurde noch die Attraktivi­tät der Betriebsre­nten erhöht.

Dank der boomenden Wirtschaft, der gestiegene­n Zahl an sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeitsplä­tzen und den guten Tarifabsch­lüssen mit ordentlich­en Lohnsteige­rungen gab

Seit Langem wieder deutliche Rentenerhö­hungen

es für die rund 20 Millionen Rentnerinn­en und Rentner in den vergangene­n Jahren deutliche Rentenerhö­hungen. Seit 2010 stiegen die Altersbezü­ge im Westen um 14,1 Prozent, im Osten gar um rund 23 Prozent, gerade erst gab es zum 1. Juli eine Erhöhung von 1,9 Prozent (West) und fast 3,6 Prozent (Ost). Gleichzeit­ig blieb der Beitragssa­tz seit 2015 stabil bei 18,7 Prozent und dürfte auch bis voraussich­tlich 2020 bei diesem Wert bleiben.

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Foto: Daniel Naupold, dpa Archiv SPD Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles: Eine halbe Million Arbeitnehm­er ergriff die neue Chance der Rente mit 63.

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