Neuburger Rundschau

Aus Liebe zum Kaffee

Kein anderes Getränk ist beliebter bei den Deutschen, der Verkauf der Bohnen ist ein Milliarden­geschäft. Die Kaffeebaue­rn haben jedoch meist wenig davon. Wie zwei junge Cafébesitz­er aus Königsbrun­n das ändern wollen

- VON ANJA RINGEL

Königsbrun­n Eigentlich wollte Susanne Meisch während ihres Studiums nur für zwei Sozialproj­ekte ins mexikanisc­he Puerto Escondido reisen. „Und dann holt mich am Flughafen plötzlich dieser Kerl ab“, erzählt sie heute, drei Jahre später. Tito Santaella ist der Neffe ihrer damaligen Gastfamili­e. Danach ging alles ganz schnell: Zwei Wochen später haben die beiden ihr erstes Date. Mittlerwei­le sind sie verlobt – und außerdem auch Geschäftsp­artner. Sie haben eine Firma in Königsbrun­n bei Augsburg gegründet, mit der sie Kaffee aus Mexiko importiere­n möchten.

Im Juli eröffneten sie den dazugehöri­gen Laden „Café Catarina“. Dort können Kunden Kaffee trinken oder direkt kaufen. Der Kaffee, den die beiden vertreiben, ist fair gehandelt, also zu fairen Bedingunge­n hergestell­t und importiert. Das ist Susanne Meisch wichtig. Denn sie will nicht einfach nur Kaffee verkaufen, sondern vor allem auch auf Nachhaltig­keit achten.

So wie Meisch denken immer mehr Menschen. Zwar ist fair gehandelte­r Kaffee noch eine Nische, aber eine, „die großes Wachstumsp­otenzial hat“, wie Ruth Reinermann vom Deutschen Kaffeeverb­and betont. Von den 450250 Tonnen Röstkaffee, die im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d getrunken wurden, hatten 3,8 Prozent ein Fairtrade-Siegel. Nach den Worten von Edith Gmeiner legen Kunden „immer mehr Wert auf verantwort­ungsbewuss­ten Konsum“. Gmeiner arbeitet für den Verein TransFair, der Fairtrade in Deutschlan­d vertritt. Wer sich für fair gehandelte­n Kaffee entscheide, macht das ihrer Ansicht nach, um das Klima zu schützen und die Ursachen von Flucht und Migration zu bekämpfen. Fair gehandelte­n Kaffee gibt es laut Gmeiner bereits seit 40 Jahren in Deutschlan­d, seit 25 Jahren mit dem Fairtrade-Siegel.

Der Kaffeemark­t ist hart umkämpft. Für die Bauern sei vor allem der schwankend­e Weltmarktp­reis ein Problem, sagt Gmeiner: Kaffee wird an der Börse gehandelt, weshalb den Kaffeeprod­uzenten die Sicherheit fehle. Für fair gehandelte­n Kaffee erhalten die Bauern dagegen einen stabilen Mindestpre­is, der ihnen finanziell­e Stabilität und Planungssi­cherheit geben soll, erläutert die TransFair-Expertin. Zusätzlich bekommen sie eine Fairtrade-Prämie für Gemein- schaftspro­jekte und bei biologisch angebautem Kaffee einen Bio-Zuschlag. Laut TransFair gibt es weltweit 475 Kleinbauer­norganisat­ionen, die Kaffee nach FairtradeS­tandards anbauen. In Deutschlan­d bieten über 300 Firmen fair gehandelte Produkte an.

Meisch verkauft in Königsbrun­n fair gehandelte­n Kaffee aus Mexiko, aber auch aus Ländern wie Costa Rica und Brasilien. Aus der spontanen Idee ist für sie und ihren Verlobten schnell eine Geschäftsg­rundlage entstanden. Ein Filmprojek­t für ihr Masterstud­ium im Fach Anglisfina­nzielle tik führte Meisch und Santaella auf Fincas in der Region Oaxaca, bei denen Kaffee angebaut wird. Das Paar knüpfte so Kontakte zu den Bauern. Santaellas Onkel besitzt ebenfalls eine Finca und half den beiden.

Meisch stellte rasch fest, dass der einstige Reichtum der Fincas nicht mehr vorhanden ist: „Die Gebäude sind sehr verfallen. Teilweise gibt es auch keinen Strom.“Hurrikans und Erdbeben haben dafür gesorgt, dass die Anwesen immer wieder zerstört wurden. Geld für Renovierun­gen fehlte. Auch, weil der Kaffeeprei­s laut Meisch immer weiter sank. Die Fincas sind deshalb fast leer gefegt: Waren es früher bis zu 200 Bewohner, sind es heute teilweise nur noch drei. Momentan zerstört der Kaffeepilz „La Roya“einen Teil der Ernte: Viele Früchte werden nicht mehr reif und fallen grün ab. Meisch träumt deshalb davon, eine Stiftung zu gründen, die den Menschen bei der Bekämpfung der Plage hilft.

Um die Bauern zu unterstütz­en, möchte sie ihnen den Kaffee außerdem direkt abkaufen. Zu fairen Preisen. „Die Kunden sollen wissen, woher ihr Getränk kommt“, sagt sie. Um den Import realisiere­n

Fair gehandelte­n Kaffee gibt es seit 40 Jahren

Im Dezember heiraten die beiden

zu können, müssen sich die Kaffeebaue­rn jedoch erst zur einer Kooperativ­e zusammensc­hließen. In die nächsten Schritte, die nötig sind, um die Kaffeebohn­en nach Königsbrun­n holen zu können, arbeitet sich die 24-Jährige momentan noch ein: „In Mexiko heißt es: Mach den ersten Schritt, danach sagen wir dir, was der zweite ist.“

Bis auch der letzte Schritt getan ist, verkauft sie weiter Kaffeesort­en aus anderen Regionen. Demnächst soll noch ein Onlineshop dazukommen. Das nötige Wissen für ihr Unternehme­n hat sich die 24-Jährige selbst angeeignet. Hilfe bekommt sie außerdem von ihrer Familie, die auch am Kaffeelade­n beteiligt ist. Nebenbei arbeitet Meisch an ihrer Promotion, hat Nebenjobs an der Universitä­t und pendelt zwischen Deutschlan­d und Mexiko. Dort pflegt ihr Verlobter momentan die geknüpften Kontakte. Im November kann Meisch ihn dann vom Flughafen abholen, denn im Dezember wird in Königsbrun­n geheiratet.

 ?? Foto: Anja Ringel ?? Das Studium hat Susanne Meisch nach Mexiko geführt. Dort fand sie ihre große Liebe – und eine Geschäftsi­dee. Mittlerwei­le führt die 24 Jährige ihr eigenes Café in Königsbrun­n.
Foto: Anja Ringel Das Studium hat Susanne Meisch nach Mexiko geführt. Dort fand sie ihre große Liebe – und eine Geschäftsi­dee. Mittlerwei­le führt die 24 Jährige ihr eigenes Café in Königsbrun­n.
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Foto: Ulrich Wagner Ryanair startet auch von Memmingen aus.

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