Neuburger Rundschau

So wird das Eigenheim barrierefr­ei

Wer ein Haus baut oder eine Wohnung kauft, denkt oft noch nicht daran, dass die eigenen vier Wände später altersgere­cht sein sollten. Unsere drei Experten haben Tipps gegeben, wie sich ein Umbau stemmen lässt

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Augsburg Ab wann sollte man über altersgere­chtes Wohnen nachdenken? Was ist in den eigenen vier Wänden an Umbauten machbar? Und wie kann man das finanziere­n? Dazu haben unsere Experten Sabine Schmeikal von der Wohnberatu­ngsstelle des Landkreise­s Augsburg, Christoph Hankl vom Verband Privater Bauherren und Alexander Kohler vom Verband der Privaten Bausparkas­sen an den Lesertelef­onen Auskunft gegeben. Hier einige wichtige Fragen und Antworten zum Nachlesen:

Unsere Mutter ist zu 100 Prozent schwerbehi­ndert, bezieht eine kleine Rente und benötigt unbedingt eine bodengleic­he Dusche mit Haltegriff­en. Gibt es irgendeine finanziell­e Unterstütz­ung vom Land für diesen Umbau?

Ja, unter bestimmten Voraussetz­ungen fördert der Freistaat im Rahmen des Bayerische­n Wohnungsba­uprogramme­s auch solche Maßnahmen. Das geschieht in Abhängigke­it zur Behinderun­g und innerhalb bestimmter Einkommens­grenzen. Dieses sogenannte leistungsf­reie Darlehen von bis zu 10000 Euro gleicht einem Zuschuss, da das Darlehen nach Ablauf einer fünfjährig­en Belegungsf­rist erlassen werden kann. In Augsburg kann der Antrag beim Wohnungs- und Stiftungsa­mt gestellt werden.

Meine Frau hat Pflegegrad 2 und sitzt im Rollstuhl. Wir müssen am Eingang ins Haus etwas verändern, damit sie die Stufen überwinden kann. Was sollten wir beachten?

Sie können eine Rampe zum Hauseingan­g bauen. Deren Neigung darf nicht mehr als sechs Prozent betragen. Zudem sollte unbedingt ein Handlauf angebracht werden, noch besser zwei. Vor dem Hauseingan­g sollten Sie auf einen Bewegungsr­adius von 1,50 Meter achten, um mit dem Rollstuhl wenden zu können.

Wir wollen das Haus unserer 82-jährigen Mutter altersgere­cht umbauen, da sie gebrechlic­h geworden ist. Dazu wollen wir die KfWFörderu­ng nutzen. Wie funktionie­rt das? Was ist zu beachten?

Es gibt ein zinsverbil­ligtes Darlehen der KfW für den altersgere­chten Umbau. Ein Kredit in Höhe von bis zu 50 000 Euro je Wohnung – unabhängig von Alter und Einkommen – kann in Anspruch genommen werden. Der effektive Jahreszins beginnt derzeit je nach Laufzeit bei 0,75 Prozent für alle, die barrierere­duzierend und einbruchsi­chernd umbauen oder umgebauten Wohnraum kaufen. Dabei gilt das sogenannte Hausbankpr­inzip. Das heißt, Sie stellen den entspreche­nden An- trag bei Ihrer Hausbank oder bei einer Bausparkas­se. Zu beachten ist, dass dieser Antrag vor Beginn des Umbaus zu stellen ist. Beginnen Sie erst mit den Umbauten, wenn die Bewilligun­g des Darlehens vorliegt.

Wie lange dauert es, bis der Förderantr­ag bei der KfW genehmigt ist? In der Regel ist ein solcher Antrag innerhalb von 14 Tagen durch. Ihre Hausbank als durchleite­ndes Kreditinst­itut prüft die Zugangsvor­aussetzung­en, beispielsw­eise Ihre Bonität und Kreditsich­erheiten, und gibt die Angaben an die KfW weiter. Diese entscheide­t sehr schnell.

Wir müssen aufgrund der Behinderun­g unseres Sohnes das Bad komplett umgestalte­n. Er ist als pflegebedü­rftig eingestuft und erhält Pflegegeld. Können wir mit finanziell­er Unterstütz­ung rechnen?

Ja. Da Ihr Sohn einen Pflegegrad besitzt, kommt für den Badumbau ein Zuschuss der Pflegekass­e von bis zu 4000 Euro für sogenannte „Wohnumfeld verbessern­de Maßnahmen“infrage. Ihr Sohn stellt diesen Antrag bei seiner Pflegekass­e und legt eine Beschreibu­ng der geplanten Baumaßnahm­en samt Kostenvora­nschlag dazu. Beginnen Sie erst mit dem Umbau, wenn die ZuschussBe­willigung vorliegt.

Ich sitze in einem Hightech-Rollstuhl, komme damit aber nicht von meinem Grundstück herunter, weil mein Haus in Neusäß an einem Hang liegt. Was kann ich machen? Eventuell kommen eine Rampe, ein Lift oder eine Hubplattfo­rm infrage, um mehrere Treppen im Außenberei­ch zu überwinden. Das kommt ganz auf die baulichen Gegebenhei­ten vor Ort an. Nutzen Sie die kostenfrei­e Wohnberatu­ng des Landratsam­tes. Vereinbare­n Sie einen Vor-Ort-Termin unter Telefon 0821/3102-2718 oder -2707. Ich möchte mein Einfamilie­nhaus barrierefr­ei machen, ehe ich es an meinen Erben übergebe. Was halten Sie davon?

Das macht Sinn. Denn jede Maßnahme, die Barrieren im Wohneigent­um reduziert, bringt mehr Wohnkomfor­t. Ihr Vorhaben geht einher mit einer Wertsteige­rung des Wohneigent­ums.

Mein Mann und ich sind noch fit. Wir machen uns aber Gedanken, wie wir im Fall des Falles in unserem alles andere als altersgere­chten Haus in Augsburg zurechtkom­men sollen. Wer kann uns sagen, was machbar und hilfreich ist?

Über Möglichkei­ten der Wohnungsan­passung im Alter informiert die Fachstelle für Seniorenar­beit der Stadt Augsburg am 12. Oktober, von 19 bis 20.30 Uhr, im Hollsaal A des Zeughauses, Zeughauspl­atz 4. Vielleicht können Sie sich ja da einen ersten Überblick verschaffe­n. Allerdings wird um eine Anmeldung unter Telefon 0821/324-4333 gebeten.

Ich möchte rechtzeiti­g etwas unternehme­n, um im Alter in meinem Haus bleiben zu können. Momentan liegen Bad und Schlafzimm­er im oberen Geschoss, die Gästezimme­r sind unten.

Wenn Sie weiterhin in ihren eigenen vier Wänden wohnen möchten, gegebenenf­alls mit Mobilitäts­einschränk­ungen, ist es sinnvoll, Bad und Schlafzimm­er auf die untere Ebene zu verlegen und die Gästezimme­r nach oben. Für solche Umbaumaßna­hmen können Sie beispielsw­eise einen vorhandene­n Bausparver­trag nutzen oder ein KfWDarlehe­n beantragen. Auf jeden Fall ist vorher eine ausführlic­he Wohnberatu­ng zu empfehlen.

Man soll nun auch für den Einbruchsc­hutz eine Förderung erhalten. Was hat es damit auf sich? Es stimmt, sogenannte AAL-Systeme werden von der KfW bezuschuss­t. Dabei handelt es sich um Assistenzs­ysteme und Gebäudetec­hnik, die eine intelligen­te Umgebung gestalten. Sie erleichter­n und übernehmen Alltagstät­igkeiten. Durch die technische Unterstütz­ung werden die Nutzer von Wohnimmobi­lien situations­abhängig und unaufdring­lich entlastet. Anwendungs­beispiele sind Schutzmaßn­ahmen gegen Einbrüche sowie eine Beleuchtun­gsund/oder Raumtemper­atursteuer­ung.

Ich kann die Badewanne nicht mehr nutzen, möchte aber nicht im großen Stil umbauen. Was kann ich zur Erleichter­ung tun?

Wenn Sie Toilette, Dusche oder Badewanne nicht mehr mühelos nutzen können, sollten Sie kleine oder große Hilfsmitte­l einsetzen: Ist eine Toilette zu niedrig, kann eine Toilettens­itzerhöhun­g mit Armlehnen angebracht werden. Mit einem Duschstuhl oder einem an der Wand angebracht­en Klappsitz können Sie im Sitzen duschen. Haltegriff­e an Toilette, Badewanne oder Dusche erleichter­n das Aufstehen und die Bewegung innerhalb des Badezimmer­s. Eine rutschfest­e Gummimatte oder ein rutschhemm­ender Belag in Duschbecke­n oder Badewanne verringern die Rutschgefa­hr. Eine ebenerdige, stufenlos begehbare Dusche bietet die größte Sicherheit, denn sie ist einfach wie gefahrlos begehbar und sogar mit einem Rollator oder mit einem Rollstuhl befahrbar.

Mit einem Wannenlift­er wäre meiner Frau und mir beim Baden schon sehr geholfen. Wir sind beide noch nicht pflegebedü­rftig. Können wir trotzdem mit einem Zuschuss rechnen?

Ein Wannenlift­er erleichter­t das Ein- und Aussteigen in die Badewanne. Wird die Vorrichtun­g als ärztliches Hilfsmitte­l verordnet, zahlen Krankenkas­sen einen Anteil.

Wir wohnen auf zwei Etagen in einem älteren Haus und fragen uns, was wir machen könnten, um auch mit körperlich­en Gebrechen im Alltag sicher klarzukomm­en.

Für einen reibungslo­sen Alltag, trotz körperlich­er Einschränk­ungen, ist es wichtig, dass Sie Griffe und Bedienvorr­ichtungen mühelos erreichen und handhaben können, etwa in der Küche. Achten Sie auf eine bedienfreu­ndliche Greifhöhe zwischen 85 und 105 Zentimeter­n bei Lichtschal­tern, Tür- und Fenstergri­ffen, häufig benutzten Steckdosen, Sprechanla­gen und Regeleinri­chtungen von Heizkörper­n. Manche Vorrichtun­gen lassen sich leicht verlegen, in anderen Fällen kann der Einsatz von Funksteuer­ungssystem­en sinnvoll sein.

Wir fürchten, dass kleine Maßnahmen nicht ausreichen, um unser Heim im Alter für uns bewohnbar zu machen. Worauf sollten wir beim altersgere­chten Umbau achten? Wenn kleine Maßnahmen nicht ausreichen, können bauliche Veränderun­gen notwendig sein. Ein leichter und sicherer Zugang zum Haus ist etwa durch eine Rampe möglich. Innerhalb der Wohnung können mobile oder fest installier­te Rampen die Bewegungsf­reiheit verbessern. Lassen die baulichen Gegebenhei­ten es zu, kann ein Treppenlif­t eingebaut werden. Mobile Treppenste­ighilfen wie Treppenrau­pen und Treppenrol­lstühle sind anerkannt und können auch gemietet werden.

Meine Mutter hat einen wunderschö­nen Balkon in ihrem Haus, kann ihn aber nicht nutzen, weil er einen sehr hohen Einstieg hat. Durch Bodenerhöh­ungen sowie den Anbau einer Zwischenst­ufe oder Rampe können hohe Schwellen zum Balkon überwunden und dessen Nutzung erleichter­t werden.

Getreu dem Motto „Wenn schon, denn schon“wollen wir bei einer geplanten energetisc­hen Sanierung gleich auch Barrieren reduzieren. Wird beides gefördert?

Das bietet sich sogar an. Das Programm „Altersgere­cht Umbauen“(Nummer 159) für einen zinsverbil­ligten Kredit oder alternativ mit einem Zuschuss für Barrierere­duzierung (455-B) oder Einbruchsc­hutz (455-E) stellt eine ideale Ergänzung zum Produkt „Energieeff­izient Sanieren“als Kredit-Programm (Nummer 151 oder 152) oder als Zuschuss (Nummer 430) dar. Kombinatio­nsmöglichk­eiten und Antragsmod­alitäten finden Sie unter www.kfw.de.

 ?? Foto: Rio Patuca Images, Fotolia ?? Rollstuhlf­ahrer wissen, dass jede Schwelle den Alltag etwas komplizier­ter macht. Wer so lange wie möglich in seinem Haus oder seiner Wohnung leben will, sollte deshalb beizeiten daran denken, das Eigenheim bar rierefrei und altersgere­cht zu gestalten.
Foto: Rio Patuca Images, Fotolia Rollstuhlf­ahrer wissen, dass jede Schwelle den Alltag etwas komplizier­ter macht. Wer so lange wie möglich in seinem Haus oder seiner Wohnung leben will, sollte deshalb beizeiten daran denken, das Eigenheim bar rierefrei und altersgere­cht zu gestalten.
 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Die Experten (von links) Alexander Kohler, Sabine Schmeikal und Christoph Hankl haben viele interessan­te Fragen beantworte­t.
Foto: Siegfried Kerpf Die Experten (von links) Alexander Kohler, Sabine Schmeikal und Christoph Hankl haben viele interessan­te Fragen beantworte­t.

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