Neuburger Rundschau

Geliebt und getötet

Vor dem Landgerich­t Ingolstadt muss sich ein 32-Jähriger wegen Totschlags verantwort­en. Er soll seine Frau im Streit erstickt haben

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Am Nachmittag des 2. Januar 2017 steht ein Mann vor der Polizeiins­pektion Beilngries. Er will mit jemandem reden. Man lässt ihn durch die Schleuse. Er sagt den Beamten: Daheim liegt meine Ehefrau und blutet.

Die 48-Jährige ist zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon tot. Als der Notarzt sie gegen 16 Uhr in ihrem Haus in Denkendorf (Kreis Eichstätt) findet, kann er nichts mehr für sie tun. Die Reanimatio­nsversuche sind vergeblich. Die Frau war letztlich erstickt. Ihr 32-jähriger Mann wird festgenomm­en.

Seit gestern muss sich der Deutsch-Algerier am Ingolstädt­er Landgerich­t verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm Totschlag vor. Er soll in einem schnell eskalieren­den Streit seine Frau im Badezimmer mehrfach wuchtig mit einem Keramikbec­her und einer Glasflasch­e auf den Kopf geschlagen und sie danach mit einem T-Shirt erstickt haben. Warum? Aus Eifersucht? Auslöser für die Auseinande­rsetzung sei eine verfänglic­he Chatnachri­cht von einem anderen Mann gewesen. Ein Gutenachtg­ruß mit Küsschen-Emoji. Er habe sie zur Rede gestellt, sie habe ihn geschlagen, angekündig­t, ihn zu verlassen. Es sei immer heftiger geworden und letztlich, als er nach den Schlägen mit dem T-Shirt gegen ihr Gesicht drückte, habe er ihren Tod billigend in Kauf genommen. So heißt es in der Anklagesch­rift.

Der Mann gestand zum Prozessauf­takt vor dem Schwurgeri­cht gestern teilweise. Sein Anwalt Klaus Wittmann gab eine lange Verteidige­rerklärung ab und rekonstrui­erte, was aus Sicht seines Mandanten vorgefalle­n war: Man habe einen Wochenenda­usflug nach Straßburg geplant gehabt. Sie hätten schon Richtung Frankreich aufbrechen wollen und er habe im Tablet noch kurz geschaut, ob mit dem gebuchten Hotelzimme­r alles in Ordnung sei. Dabei habe er die Chatnachri­cht entdeckt.

Sein Mandant leugne nicht die Schläge auf den Kopf. Die Auseinande­rsetzung sei jedoch „hochdynami­sch“verlaufen, sagte der Verteidige­r. Der Angeklagte habe nicht gewollt, dass der kleine Sohn im Erdgeschos­s etwas mitbekomme. Als sie ihn jedoch immer weiter beleidigt und geschlagen habe, habe er sie fixiert, umarmt, den Mund zugehalten. Sie soll ihn gebissen haben. Also habe er, quasi zum Schutz, das Shirt dazu genommen. Er habe sie beruhigen wollen und nicht erkannt, dass sie keine Luft mehr bekomme. Ihren Tod habe er keinesfall­s gewollt.

Die Frau sei dominant, auch immer wieder hysterisch, die Ehe zuletzt schwierig gewesen. Aber er habe sie bewundert und sie hätten sich geliebt.

Während sein Anwalt spricht, sitzt der schlanke Mann mit weißem Hemd auf der Anklageban­k und weint. Das Strafmaß für Totschlag beginnt bei fünf Jahren.

Eine „hochdynami­sche“Auseinande­rsetzung“

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