Neuburger Rundschau

Der „rote“Roland will Gerechtigk­eit

Roland Meier will durch Unangepass­theit und sympathisc­hes Auftreten punkten. Der Bundestags­kandidat der Linken legt besonders Wert auf soziale Gerechtigk­eit, Frieden und ein nachhaltig­es Verhalten

- VON NORBERT EIBEL

Am Sonntag haben die Bürger im Wahlkreis Ingolstadt die Qual der Wahl unter elf Kandidaten, die als Wahlkreisa­bgeordnete in den Bundestag einziehen möchten. Die Neuburger Rundschau begleitet sechs von ihnen bei einem Wahlkampfa­uftritt. Es sind die Kandidaten derjenigen Parteien, die mit hoher Wahrschein­lichkeit in den Bundestag gewählt werden. Roland Meier will für die Linke in den Bundestag. Wir waren dabei, als er in der Neuburger Innenstadt für sich warb. Neuburg Es hat zu nieseln angefangen und jetzt will sich keiner der vorbeihusc­henden Passanten mehr auf ein Gespräch einlassen mit Roland Meier. Etwas bedröppelt stehen wir so unter dem großen, roten Schirm, der wie ein Fanal den Wahlinfost­and der Linken in der Weinstraße/Ecke Schrannenp­latz signalisie­rt. Ob der bajuwarisc­he Himmel ob dieser Farbwahl zürnt und sich an diesem Tag partout nicht weißblau zeigen will?

Die Mitstreite­r des Bundestags­kandidaten ficht das Schmuddelw­etter nicht an. Die „Parteisold­aten“, wie sich Linke natürlich nur ungern titulieren würden, drücken jenen Vorbeieile­nden, die sich nicht sträuben, einen Flyer mit dem Parteiprog­ramm in leicht lesbarer Kurzfassun­g in die Hand. Auch Lokalmatad­orin Eva-Bulling-Schröter aus Ingolstadt, Landesvors­itzende der bayerische­n Linken und Noch-Bundestags­abgeordnet­e, ist sich als Wahlhelfer­in nicht zu schade.

Vorhin war die Szene noch eine andere. Ein junger Mann diskutiert­e mit Verve mit dem Linken-Kandidaten über Weltfriede­n, Bundeswehr, Cannabis und die Avantgarde der Besitzlose­n. Fotografie­ren lassen wollte sich der Bartträger dabei jedoch nicht. Er strebe eine Anstellung im Staatsdien­st an, ein Auftritt am Wahlinfost­and der Linken erschien ihm da nicht zuträglich. „Nicht wenige finden unsere Ideen gut, fremdeln aber, sich zu uns zu bekennen“, hat Roland Meier auf der Straße gelernt. Doch er stört sich daran nicht, als engagierte­r Streiter für die linke Sache diskutiert er gerne und unterhält sich in seiner angenehmen, unaufgereg­ten Art auch mit mir, dem interviewe­nden Journalist­en, ausgiebig.

Ja, er sei ein Spätberufe­ner und habe vor seinem Eintritt bei der Linken andere Parteien ausprobier­t – die Grünen, die Piraten, auch die Bürgergeme­inschaft Ingolstadt. Überzeugen von einem politische­n Engagement konnte ihn erst Eva Bulling-Schröter. Schließlic­h kandidiert­e er für die Linke bei der Kommunalwa­hl. Und jetzt als Bundestags­kandidat, „von null auf 100

praktisch“, schmunzelt der 52-Jährige. Wichtig sind Roland Meier neben dem Einsatz für Menschen ökologisch­e Themen. Der überzeugte Veganer, seine Frau und die beiden Kinder teilen diese Einstellun­g, redet von Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz. Ein Grüner könne er aber nicht sein, „die sind mir nicht friedlich genug.“

Womöglich ist es der überschaub­aren Frequenz der Passanten an diesem Vormittag in Neuburg geschuldet, Roland Meier hat viel Muße und fachsimpel­t weiter, etwa über den Auftritt von Punkröhre Nina Hagen am Abend zuvor im Kulturzent­rum Ingolstadt. Für einen Linken ist der Auftritt des schrillen Bürgerschr­ecks selbstrede­nd ein Pflichtter­min. So tröpfelt der Vormittag dahin, doch dann passiert’s. „Zwei Erstwähler, da müssen’s zuhören, des müssen’s schreiben“, bricht bei Kreisvorsi­tzendem Roland Keller plötzlich Euphorie aus.

Die junge Generation gilt als politikver­drossen, gar apolitisch und schwer zu überzeugen. Doch diese Mär wischt die junge Frau, die nun am Stand steht, bestimmt zur Seite. Sie weiß sehr genau, wem sie am Sonntag ihre Stimme geben wird. Die Linke sei, weil authentisc­h und mit einem sozialen Gewissen ausgestatt­et, die einzig wählbare Alternativ­e, findet sie. „Sie hat mich schon beeinfluss­t“, gibt ihr Begleiter lächelnd zu, will sich aber noch weiter überzeugen lassen und hat ein paar Fragen an Roland Meier. Jetzt ist der Kandidat gefordert – mit Eva Bulling-Schröter an der Seite. Der Abiturient möchte Pfleger werden. „Wie also steht die Linke zur Pflege?“Pflegekräf­te seien total unterbezah­lt, diese wichtige Tätigkeit müsse besser entlohnt werden, erklärt der Wahlkämpfe­r. Die Linke möchte eine gesetzlich­e Personalbe­messung einführen und 160 000 neue Fachkräfte in Krankenhäu­sern einstellen, davon 100 000 in der Pflege. Deutschlan­d sei, durch den politisch gewollten Wettbewerb zwischen den Krankenhäu­sern, Schlusslic­ht beim Pflegepers­onal, was sich prekär auf die Patientenv­ersorgung auswirke. „Deutschlan­d ist eines der reichsten Länder und bringt da nichts zuwege. Es fehlt der politische Wille“, tadelt Meier und ist gleich beim nächsten Thema – Arbeit. Er wettert gegen Werkverträ­ge und Leiharbeit. Angestellt bei einem großen Ingolstädt­er Unternehme­n, wisse er, wie Belegschaf­ten dadurch gespalten würden.

Ob der junge Mann sich überzeugen hat lassen? Das will er nicht verraten und natürlich ist die Argumentat­ion mit offenem Ausgang das Schicksal aller Wahlkämpfe­r. Das „Zeugnis“gibt’s erst am Wahlsonnta­g ab 18 Uhr. Bis es soweit ist, wartet auf Roland Meier noch viel politische Kärrnerarb­eit. Schon am Nachmittag folgt der nächste Auftritt bei der Rede von Dietmar Bartsch, Spitzenkan­didat und Fraktionsv­orsitzende­r der Linken im Bundestag, auf dem Ingolstädt­er Rathauspla­tz.

 ?? Fotos: Norbert Eibel ?? Roland Meier (Mitte) ist der Direktkand­idat der Linken im Stimmkreis Ingolstadt. Seine politische Heimat ist die Linksparte­i nicht immer gewesen. Der Ingenieur ist beken nender Veganer und passend zum Haus im Hintergrun­d „grün“angehaucht.
Fotos: Norbert Eibel Roland Meier (Mitte) ist der Direktkand­idat der Linken im Stimmkreis Ingolstadt. Seine politische Heimat ist die Linksparte­i nicht immer gewesen. Der Ingenieur ist beken nender Veganer und passend zum Haus im Hintergrun­d „grün“angehaucht.
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Am Wahlstand versucht der Kandidat, seine Idee einer gerechten, humanitäre­n Ge sellschaft plausibel zu machen.
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Egal ob Befürworte­r oder Gegner, Meier kommt mit allen ins Gespräch.

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