Neuburger Rundschau

Ein Symbol für den Aufbruch der Neuzeit

Begleitend zur Ausstellun­g stellen wir jede Woche ein Exponat vor. Diesmal: Das Gnadenbild

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Neuburg Die spätgotisc­he Skulptur steht pars pro toto für das Themenspek­trum der Ausstellun­g „FürstenMac­ht & wahrer Glaube“- samt ihrer spannungsr­eichen Anachronis­men: Zu Beginn der lutherisch­en Reformatio­n entstanden, ist sie doch ganz Kind altgläubig­er Frömmigkei­t. Der Annenkult – nach dem Großen Schisma sachte aus der Ostkirche importiert, im Lauf des 15. Jahrhunder­ts dann mächtig in Mode gekommen und selbst vom jungen Luther gern gepflegt – befand sich um ‚1517’ auf seinem Zenit. Das Halbrelief verkörpert fast idealtypis­ch den Herbst des Mittelalte­rs ebenso wie den Anbruch der Neuzeit: Janusköpfi­g reflektier­t seine Schicksals­geschichte das Konterspie­l von Reformatio­n und Gegenrefor­mation in PfalzNeubu­rg, ja sogar das Versöhnung­sprojekt des Sulzbacher Simultaneu­ms.

Im Peutental nordwestli­ch von Sulzbach, mitten im Eisenerzre­vier Nürnberg-Amberg-Auerbach, befand sich spätestens seit 1344 eine der ältesten deutschen Pilgerstät­ten zur Bergbaupat­ronin St. Anna. 1504 im Landshuter Erbfolgekr­ieg arg verwüstet, begann man bald nach Gründung der Jungen Pfalz mühevoll ihre Reorganisa­tion. 1515/19 deuten Quellen die Wiederaufn­ahme des Wallfahrts­betriebs (mit neuem Gnadenbild) an, wobei wirtschaft­lich und personell weiterhin Instabilit­ät herrschte. Die 1542/43 von Neuburg auch im Sulzbachis­chen verordnete Einführung der Reformatio­n tangierte das Heiligtum eher sanft und sukzessiv. Noch Ende des 16. Jahrhunder­ts besuchten Gläubige den überregion­al beliebten Gnadenort in Grenznähe zum Fränkische­n.

Erst Pfalzgraf August (1582-1632), der 1615 in Sulzbach antrat und der 1617 von Neuburg ausgehende­n Gegenrefor­mation energisch trotzte, ließ das „Götzenbild“im Peutental konfiszier­en und die Kirche ruinieren. Sein Sohn Christian August jedoch führte ab 1652 die konfession­elle Gleichbere­chtigung ein und konvertier­te 1656 selbst zum Katholizis­mus. Dazu ließ er östlich der Stadt auf dem Kastenbühl eine Anna-Kapelle errichten und in ihr das alte Gnadenbild wieder aufstellen. Auf dem fortan Annaberg genannten Hügel fand die mittelalte­rliche Pilgerstät­te zu neuer Blüte, die bis heute anhält.

Das Gnadenbild vom SelbdrittT­ypus vereint mit Jesus, Mutter Maria und Großmutter Anna drei Generation­en in einer heiligen Familien-Idylle: ikonografi­sch und frömmigkei­tsgeschich­tlich wie ein weiblich dominierte­s Pendant zur patriarcha­len Dreifaltig­keit aus Vater, Sohn und Heiligem Geist. Einzelne barocke Überarbeit­ungen der Skulptur fallen kaum auf, zumal wenn das Bildnis ohne Marias Echthaarpe­rücke und die drei im 18. Jahrhunder­t angefertig­ten Kronen präsentier­t wird.

OÖffnungsz­eiten Wer das Gnadenbild sehen möchte, kann die Ausstellun­g in Schloss, Fürstengan­g und Hofkirche Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr besuchen. Sie läuft bis 5. November.

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Foto: Katholisch­e Pfarrkirch­enstiftung St. Marien, Sulzbach Ro senberg In der Ausstellun­g wurde bisher eine Re plik der Sulzbacher Annen Figur gezeigt, da das Gnadenbild im Original noch bei der St. Annaberg Wallfahrt in Sulzbach gebraucht wurde. Die Kopie wurde am Schließtag ausgetausc­ht. Bis zum Ende der Ausstellun­g ist...
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