„Machen Sie sich schön!“
Hüte könne man immer tragen, eine Jogginghose nie, findet Ute Patel-Mißfeldt. Was heuer bei der Hutschau geboten war
Neuburg Wenn der Frauenanteil in der Neuburger Altstadt schlagartig ansteigt und das Wetter hält, obwohl es zuvor eher schlecht war – dann ist wieder „Mut zum Hut“und „schmuck durch Schmuck“angesagt. „Ich kann es selbst nicht fassen, aber in 19 Jahren hatten wir nur einen halben Samstag Regen“, erzählt Initiatorin Ute Patel-Mißfeldt auf der Hutschau. Am Wochenende haben sich wieder zahlreiche Hutmacher und Hutliebhaber im Schloss sowie im Marstall und Boxenstall eingefunden.
Wer denkt, diese Veranstaltung sei nur etwas für ältere Damen, der irrt: Die zwölfjährige Stefanie Mayr aus Langenmosen und die neunjährige Lisa Bauer aus Neustadt an der Donau haben jede Menge Spaß. Lisa ist mit ihrer Mutter Edith und ihrer Oma Philomena bei der Hutschau. Die Männer der Familie haben sie zuhause gelassen. Die Neunjährige hat sich schon ein Armband gekauft und nun probiert sie freudestrahlend eine süße kleine rosa Kopfbedeckung mit einer Rose darauf an. Dieses Teil möchte sie unbedingt auch noch haben, sagt sie. Ihre Mutter lacht nur.
Die 17-jährige Anna-Maria Steil wohnt am Chiemsee. Sie ist zum ersten Mal da und hat sich in einen braunen Hut verliebt, der unter anderem mit einer alten Fliegerbrille, goldenen Schlüsseln und einer Feder verziert ist. Eigentlich möchte sie das gute Stück gar nicht mehr absetzen, doch es ist nicht gerade ein Schnäppchen ...
Ein paar Meter weiter setzt Christina Hacker aus Ingolstadt ei- nen sogenannten Fascinator auf – das ist ein aufwendiger Kopfschmuck an einem Haarreif. Ob sie ihn sich tatsächlich leistet, weiß sie noch nicht sicher. Hat sie doch in den vergangenen Jahren schon einen Sommerhut, einen Winterhut und einen Pullover auf der Hutschau erstanden. Hackers Freundin Christine Kaiser aus Pfaffenhofen ist dagegen heuer schon fündig geworden: Eine Hutschachtel und eine Kette hat sie sich gegönnt.
An einem anderen Stand unterhalten sich zwei Frauen darüber, wann sie diese kunstvollen Kopfbedeckungen bloß tragen sollen. „Man müsste dafür einfach öfter ausgeführt werden! Das liegt an den Herren, die es nicht gibt ...“
Für Ute Patel-Mißfeldt ist die Gelegenheit immer passend, sich etwas Hübsches anzuziehen und einen Hut aufzusetzen. „Das Leben ist verdammt kurz. Machen Sie sich jeden Tag schön. Wenn ich Jogginganzüge sehe, kriege ich die Krise“, findet die 77-Jährige. Zur Moderation der großen Modenschau trägt sie einen Hut mit einem Tier. „Wenn Sie jetzt sagen, Sie haben einen Vogel, dann haben Sie recht“, beginnt sie ihren Auftritt. Den Vogel habe sie von einem Flohmarkt, er sei schon 100 Jahre alt. Eine junge Modistin habe ihn dann für sie zu einer Kopfbedeckung verarbeitet.
Während Patel-Mißfeldt Geschichten aus ihrem Leben zum Besten gibt, kommen nacheinander die Models auf die Bühne. Sie tragen teils edle, eher dezentere Kopfbedeckungen, teils ganz extravagante, auffällige Versionen. Manche Mützen schmiegen sich ganz eng an die Kopfform an, andere stehen frech ab. Die Models präsentieren auch Handschuhe, Schals und Kleider. Federn, Glitzer, recycelte Kaffeesäcke und verschiedene Stoffe, wie zum Beispiel Filz oder Plissee, sind in der Großen Dürnitz zu bestaunen. Sogar ein Handpuppenspieler ist diesmal mit von der Partie: Friedrich Barleben. Seine Puppe, ein Fuchs, macht sich auf dem Laufsteg für artgerechte Hühnerhaltung stark: ohne Käfig, versteht sich.
Auch heuer gibt es wieder den von Hutmacher und Modistenmeister Andreas Nuslan extra für die Hutschau kreierten „Neuburger“. Es ist die zweite Auflage dieses besonderen Huts. Seine Form geht diesmal eher in Richtung Zylinder, die Hutbänder zieren zum Teil „nackte Weiber“, von Ute PatelMißfeldt selbst gemalt. Wie sie erzählt, habe sie nach zehn Bändern bei Nuslan angerufen und zu ihm gesagt: „Mir gehen langsam die Stellungen aus.“Woraufhin er erwidert habe: „Na da kann ich dir helfen!“Wie Nuslan verrät, soll es zur 20. Mut-zum-Hut-Ausgabe im nächsten Jahr eine Version des „Neuburgers“mit dem Schloss darauf geben. Und auch Patel-Mißfeldt deutet schon einmal an, dass es dann bei der Hutschau um das Thema Renaissance gehen wird.
Die Aussteller zeigen sich mit der Hutschau auch 2017 wieder zufrieden. Eine Holländerin berichtet, dass ungefähr ein Viertel derer, die anprobieren, auch kaufen. Der Regensburger Nuslan schätzt, dass heuer ein bisschen weniger Besucher bei Mut zum Hut gewesen seien als in den vergangenen Jahren. „Aber die Leute, die da sind, sind gut!“