Neuburger Rundschau

Der Traum von einem Airbus der Schiene

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Siemens-Chef Joe Kaeser ist ein Coup gelungen. Dass er die Franzosen überredet hat, Deutschlan­d knapp die Mehrheit an einem gemeinsame­n Bahn-Konzern zu überlassen, wirkt erstaunlic­h.

Ein solcher Schritt ist aber überfällig. Beide Unternehme­n hatten in den vergangene­n Jahren immer wieder Probleme. Beim ICE kam es zu Lieferverz­ögerungen, die Verantwort­liche der Deutschen Bahn wütend machten. Und auch das Geschäft mit dem französisc­hen Schnellzug TGV lief nicht immer rund. Gleichzeit­ig hat sich in China ein wettbewerb­sfähiger und vor allem mit Dumpingpre­isen lockender Zug-Gigant herausgebi­ldet. Eine gefährlich­e Situation, sowohl für Siemens als auch Alstom.

So stieg der Fusionsdru­ck. Die Zeit für nationale Eifersücht­eleien ist vorbei. Deutsche und Franzosen sind immer dann stark, wenn sie zusammenar­beiten. Das gilt für die Politik wie die Wirtschaft. Dass chinesisch­e Investoren schnell handeln und Chancen eiskalt ausnutzen, zeigt das Beispiel des Augsburger Roboter-Spezialist­en Kuka. Hier haben sich europäisch­e Geldgeber mutlos gezeigt und blamiert. So geriet die Industriep­erle in die Hände von mit Geld im Übermaß ausgestatt­eten Asiaten.

Siemens und Alstom wollen nun den Chinesen selbstbewu­sst Paroli bieten und einen Airbus der Schiene formen – eine fasziniere­nde Idee. Denn das von Franzosen und Deutschen dominierte Luftfahrt-Unternehme­n zeigt, zu welchen Leistungen Ingenieure und Facharbeit­er aus beiden Ländern in der Lage sind, wenn sie gemeinsam neue Technologi­en entwickeln. Der anfangs belächelte­n Firma ist es gelungen, mit Flugzeugen und Hubschraub­ern die mächtige US-Konkurrenz zu überflügel­n. Dieser Erfolg sichert auch tausende Stellen in unserer Region ab – ob in Augsburg, Donauwörth oder Manching. Zur Wahrheit gehört ebenso: In der Airbus-Geschichte gab es immer wieder Krisen, die Arbeitsplä­tze gekostet haben. Das wird einem Airbus der Schiene auf lange Sicht auch nicht erspart bleiben.

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