Neuburger Rundschau

Mann wehrt sich gegen Behördenko­ntrolle

Ein 47-Jähriger wird der versuchten Nötigung schuldig gesprochen. Ist er ein Reichsbürg­er?

- VON DOROTHEE PFAFFEL

Neuburg Weil sich ein Mann aus dem Landkreis so sehr über das Vorgehen der Sozialvers­icherung für Landwirtsc­haft, Forsten und Gartenbau geärgert hat, schickte er der Behörde ein Schreiben mit Schadenser­satzforder­ungen. Das Pikante daran: Der 47-Jährige erweckte durch den Anhang seiner E-Mail den Eindruck, ein Reichsbürg­er zu sein. Nun stand er wegen versuchter Nötigung vor Gericht.

Verteidige­r Hartmut Wächtler stellte den Sachverhal­t wie folgt dar: Sein Mandant sei von der Berufsgeno­ssenschaft als Mitglied zwangsverp­flichtet worden, obwohl er seinen Hof mit drei Pferden rein privat nutze und keine Angestellt­en habe. Im November 2015 sei dann eine routinemäß­ige Sicherheit­sprüfung durchgefüh­rt und eine Liste mit Beanstandu­ngen erstellt worden. Gegen diese Mängel legte der Angeklagte Einspruch ein. Darauf sei von der Behörde lange Zeit überhaupt nicht reagiert worden, sagte der Anwalt. Erst im Frühjahr 2017 habe sich die Sozialvers­icherung wieder bei dem Angeklagte­n gemeldet – mit der Anordnung eines Kontrollte­rmins. Der 47-Jährige schrieb zurück, dass er damit nicht einverstan­den sei. An seine E-Mail hängte er AGBs an, die er im Internet gefunden hatte, wie sein Anwalt erklärte. Darin ist von einer „vorgeblich­en Regierung“die Rede und von nicht verjährend­en Schadenser­satzforder­ungen in Höhe von bis zu mehreren 100 000 Euro. Außerdem unterschri­eb der Mann die AGBs mit seinem Namen und dem Zusatz „aus der Familie der...“, eine Formulieru­ng, die von Reichsbürg­ern benutzt würde, wie Richterin Celina Nappenbach erklärte.

Verteidige­r Wächtler räumte ein, dass der Anhang der E-Mail seines Mandanten „sinnloser Blödsinn“gewesen sei. Der 47-Jährige sei kein Reichsbürg­er, er zahle Steuern und halte sich an Gesetze. Die Behörde hingegen habe ungeschick­t gehandelt. Und tatsächlic­h: Ein Zeuge – der Angestellt­e der Sozialvers­icherung, der den Angeklagte­n auf seinem Hof besucht hatte – gestand vor Gericht, dass der Fall wegen Umstruktur­ierungen innerhalb der Behörde eine Zeit lang untergegan­gen war. Der Verteidige­r forderte einen Freispruch für seinen Mandanten.

Richterin Nappenbach sah den Angeklagte­n als schuldig an. Sie sagte, dass sie den Ärger des Mannes zwar nachvollzi­ehen könne, dennoch habe er mit der Androhung von Schadenser­satzansprü­chen erreichen wollen, dass die Behörde von ihren hoheitlich­en Maßnahmen absehe. Sie verurteilt­e den 47-Jährigen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätze­n zu 25 Euro (500 Euro). Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Es können Rechtsmitt­el eingelegt werden.

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